Workshop »Musiklehre ganz praktisch – Ideen für einen spielerischen Zugang zur Musiktheorie«

Landesmusikakademie Sachsen

Schloss Colditz

27.1.2018


Tanja Spatz


Musiklehre – klar gehört die zur musikalischen Ausbildung! Aber wie gelingt es, die Inhalte aus den Bereichen der Musiklehre, Musiktheorie und Gehörbildung mit Spaß und Freude an Schülerinnen und Schüler zu vermitteln? Die Fortbildung Musiklehre ganz praktisch – Ideen für einen spielerischen Zugang zur Musiktheorie zeigte, wie Musiklehre und musikalische Praxis Hand in Hand gehen können. Veranstaltet und initiiert von der AG Musikschulen der Gesellschaft für Musiktheorie hatte Dozentin Anne-Kathrin Wagler zu einem Tag voller gewinnbringender Anregungen für einen praktisch orientierten und spielerischen Umgang mit Aspekten der Musiklehre in die Landesmusikakademie Sachsen auf Schloss Colditz eingeladen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, überwiegend Lehrende an Musikschulen, erhielten einen Überblick über vielfältige Möglichkeiten einer an der Praxis orientierten Beschäftigung mit musiktheoretischen Inhalten. Und die Praxis im Titel war Programm: Alles wurde zunächst selbst ausprobiert und im Anschluss methodisch reflektiert.
Der Workshop begann mit einer (musik-)praktischen Vorstellungsrunde: Jede und jeder übersetzte den eigenen Namen in einen individuellen Rhythmus. Diese Rhythmen bildeten die Basis für weitergehende Übungen – beispielsweise konnten die Mitspielerinnen und Mitspieler über den individuellen Rhythmus musikalisch „gerufen“ werden. Auf der Grundlage des so gewonnenen Materials, das mit Hilfe konventioneller Zeichen (Striche, Punkte, ›Blumen‹, ›Schmetterlinge‹ festgehalten wurde, erarbeitete die Gruppe ein gemeinsames Stück, worin sich alle durch ihren individuellen Rhythmus wiederfanden. Bereits dieser Einstieg machte deutlich, wie lebendig und kreativ der Umgang mit elementarem musikalischem Material gestaltet werden kann und mit wieviel (Spiel-)Freude das Hörgedächtnis und die rhythmischen Fähigkeiten geschult werden können. Darüber hinaus beschäftigte sich die Gruppe mit verschiedenen musikalischen Charakteren, dem Zusammenhang von Rhythmus- und Körpergefühl und verschiedenen Rhythmusspielen, erweitert um den Aspekt des Klang-Raumes und die Etablierung von patterns mittels Sprache.
Nach dem Mittagessen stand zunächst eine kurze Einführung in die relative Solmisation auf dem Programm. Auch diese wurde praktisch vollzogen: Zunächst erlernten die Teilnehmer*innen die gängigen Handzeichen und Silben durch Vor- und Nachsingen bzw. –zeigen und übten sich anschließend im stummen inneren Vorstellen von Tonhöhenverläufen sowie im benannten Nachsingen gespielter Melodien. Danach war Flexibilität gefragt: Ausgehend von der Dur-Skala do-re-mi-fa-so-la-ti-do wurden Varianten durch Erhöhung (in der Silbe repräsentiert durch Veränderung des Silbenvokals zu -i) und Erniedrigung (zu -u) einzelner Tonstufen dieser Ausgangsskala gebildet. Die Veränderungen sind dadurch klang(laut)lich gut nachvollziehbar und machen die Erarbeitung weiterer Skalen zugänglich. Auch die Frage nach der Übertragung relativen Singens in das Notenbild wurde thematisiert: So kann – zunächst unabhängig von der absoluten Notation – der relative Zusammenhang von Notenlinie und Tonhöhenverlauf beispielsweise an der Tafel mithilfe von Magneten oder durch das Abschreiten von Linien auf dem Boden erarbeitet werden. Die Begeisterung, mit der die Dozentin über ihre positiven Erfahrungen mit Solmisation sprach, verdeutlichte die Chancen und das gewinnbringende Potential der Methode. Mehrstimmige Phänomene, beispielsweise Kadenzen, wurden singend geschichtet, wodurch eine Verknüpfung der Harmonik mit der individuellen Linie stattfand. Eine weitere Anwendung der Silben stellte die Dozentin im von ihr als VauSieben bezeichneten vollverminderten Septakkord vor, in welchem die Umdeutung der Funktion einzelner Akkordtöne im Falle einer Modulation durch einen Silbenwechsel (bei gleichbleibender absoluter Tonhöhe) repräsentiert und erfahrbar gemacht wird.
Im Anschluss an eine kurze Kaffeepause stellte Anne-Kathrin Wagler schlaglichtartig weitere Arbeitsweisen aus ihrer fast 20-jährigen Unterrichtspraxis im Bereich der Musiklehre vor. Ein Beispiel ist der sogenannte Stationsbetrieb, der vielfältige Herangehensweisen an einen Aspekt musikalischen Lernens innerhalb einer Lerngruppe ermöglicht. Eine Aufgabe, beispielsweise das Finden einer Skala, soll dabei auf unterschiedlichen Wegen bearbeitet werden: am Instrument, im Notenbild, in Tonsilben etc. Daneben spielt die Verbindung zum Instrumentalspiel zum Beispiel über Improvisation eine wichtige Rolle. Zum Abschluss der Fortbildung wurde daher gemeinsam über einem Ostinato dorisch improvisiert, basierend auf einer jazzigen Bearbeitung des Liedes Es geht ein dunkle Wolk‘ herein.
Die an diesem Workshop-Tag präsentierten vielfältigen Herangehensweisen an musikalisches Lernen demonstrierten praxisorientierte Wege, um Schülerinnen und Schüler zu einem souveränen Umgang mit Musik und ihren Anforderungen zu qualifizieren – sei es in Schule, Musikschule oder weiteren Bereichen. Über den gesamten Tag fand ein anregender Austausch statt und die Begeisterung der Dozentin war geradezu ansteckend. Es war stets Musik im Raum, anhand derer musikalische Aspekte erschlossen wurden, so dass jede und jeder mit vielfältigen Impulsen und neuen Ideen für den Unterricht (zum Einbezug von Themen aus dem Bereich der Musiklehre, aber auch darüber hinaus) nach Hause fahren konnte. Es ist aus Sicht der Autorin überaus wünschenswert, solche Werkstatt-Angebote regelmäßig anzubieten und als Austauschforen zu etablieren.

Kontakt: a.wagler@creamusica.de