Edler, Florian (2016), »Im Niemandsland zwischen strengem Satz und Historismus. Zur Krise der Kontrapunktlehre im mittleren 19. Jahrhundert«, Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 13/1, 11–30. https://doi.org/10.31751/883
eingereicht / submitted: 07/01/2017
angenommen / accepted: 23/01/2017
veröffentlicht (Onlineausgabe) / first published (online edition): 20/02/2017
zuletzt geändert / last updated: 10/06/2018

Im Niemandsland zwischen strengem Satz und Historismus

Zur Krise der Kontrapunktlehre im mittleren 19. Jahrhundert

Florian Edler

Im Kontext einer vom Leitbegriff des Fortschritts ausgehenden Musikanschauung, wie sie im mittleren 19. Jahrhundert besonders im nord- und mitteldeutschen Raum sowie in Frankreich verbreitet war, wurden im polemischen Sinne mit dem Wort ›Kontrapunkt‹ vermeintlich überholte musikalische Stilrichtungen und eine veraltete Musiklehre assoziiert. Im vorliegenden Beitrag wird untersucht, inwieweit solche negativen Konnotationen nicht zuletzt auf Probleme und innere Widersprüche der zeitgenössischen Kontrapunktlehre zurückgehen. Am Beispiel der Behandlung des zweistimmigen Satzes in Kontrapunkt-Traktaten von Luigi Cherubini und Siegfried Wilhelm Dehn wird gezeigt, dass sich die Lehre von ihrem stilistischen Ausgangspunkt, der Spätrenaissance, entfernte, ohne sich gänzlich von ihm zu lösen. Das Festhalten an Johann Joseph Fuxʼ Gattungs-Methode, das Übernehmen Fux’scher modaler Cantus firmi bei Cherubini und die Einbeziehung historischer Literaturbeispiele bei Dehn widersprechen der von beiden Autoren gleichermaßen vertretenen Auffassung von Zweistimmigkeit als einem reduzierten Akkordsatz, dem Zugrundelegen der harmonischen Tonalität sowie der Ablehnung bestimmter für die Musik des 16. Jahrhunderts charakteristischer Satzmodelle durch Cherubini. Bei Dehn widerspricht überdies die Berücksichtigung verschiedener Taktarten und Tempi dem auf den ›tactus alla breve‹ ausgerichteten Konzept der Gattungen. Auf die Vielzahl von Problemen reagierte Heinrich Bellermann, indem er in seinem Lehrbuch die Orientierung an der Vokalpolyphonie einschließlich ihrer modalen Grundlagen zum Prinzip erklärte. Dass aktuelle Musik gleichwohl einen Einfluss auf seine Lehre ausübte, zeigt sich bei einem Notenbeispiel aus Bellermanns Der Contrapunkt, das sich als Außenstimmensatz eines modifizierten Tristan-Zitats interpretieren lässt.

During the mid-nineteenth century, there was a school of thought claiming that counterpoint had become an outdated and obsolete musical doctrine. The use of the term provoked debate and controversy among critics, composers and performers alike. This stance was particularly prevalent in northern and central Germany as well as in France. This essay explores to what extent these negative connotations originated in the problems and inner contradictions in contemporary counterpoint teaching. Using examples of two-voice counterpoint in treatises by Luigi Cherubini and Siegfried Wilhelm Dehn, we can see how counterpoint departed from its stylistic point of origin (the late renaissance), without cutting the ties with this tradition completely. Both Cherubini and Dehn were followers of Johann Joseph Fux and his method of species counterpoint. Cherubini adhered to Fux’s modal plainsong while Dehn favoured musical examples from the sixteenth century. In contrast to such historicist approaches, however, the two theorists regarded two-voice settings as a reduction of chordal texture. Moreover, they used harmonic tonality as a basis and Cherubini dismissed structural models characteristic of sixteenth-century music. Dehn further challenges the species counterpoint concept by changing metre and tempo, making his results incompatible with the ›tactus alla breve‹ model. Heinrich Bellermann reacted to this multitude of problems by redefining the rules of vocal polyphony. He did so by reinstating modal fundamentals as the defining principle. The influence of the music of his time on Bellermann’s method can be observed in an example from his book Der Contrapunkt, which may be interpreted as the outer voices of a modified Tristan citation.

Schlagworte/Keywords: Gattungslehre; Heinrich Bellermann; Johann Joseph Fux; Luigi Cherubini; Siegfried Wilhelm Dehn; theory of species counterpoint

Die 1836 publizierte Novelle Beethoven. Eine phantastische Charakteristik des Leipziger Dichters Ernst Ortlepp beginnt mit der Schilderung einer Soirée im Hause eines Bankiers namens Erdmann, bei der mehrere der Musik Ludwig van Beethovens mit Skepsis begegnende Musiker zusammentreffen. Unter diesen wird ein Musiktheoretiker besonders hervorgehoben:

Seine [des Bankiers] beiden Töchter Beatrix und Adelaide erhielten von einem langen, blassen, ledernen, diktatorischen musikalischen Techniker, oder vielmehr Mechanikus, einen sehr gründlichen Musikunterricht. Der Lehrer Lambertus gab ihnen mit pedantischer Strenge Anweisung im Fingersatz, in der Harmonielehre, und plagte sie sogar mit dem leidigen Contrapunkte, vor dem besonders die jüngere Adelaide einen schrecklichen Abscheu hatte. Die ernstere Beatrix hatte auf diese Dinge genau Acht, besonders um mit ihrer Wissenschaft prunken zu können. In Adelaiden wohnte eine Seele der Musik; sie war fortwährend zu aufgeregt und zu zerstreut, um diese Verstandesoperationen zu goutiren, die ihr nun einmal keine Freude machten.[1]

Harmonielehre wird in diesem Zitat zwar erwähnt, aber die Klimax im zweiten Satz des Zitats zielt auf Kontrapunkt als den Inbegriff einer veralteten und einem emphatischen Kunstverständnis fernstehenden Musiklehre, die im Geiste schwarzer Pädagogik vermittelt wird. Ortlepps Ausführungen geben keine Einzelmeinung wieder, sondern sind Teil einer besonders in den nördlichen Territorien des Deutschen Bundes und namentlich im Umfeld des Schumann-Kreises mit polemischer Schärfe ausgetragenen Kontroverse. Im Hinblick auf musikalische Regelpoetik kritisierte eine Partei einseitige Verstandesbezogenheit und Pedanterie der traditionellen Lehre, während die andere die gediegenen Werke solide ausgebildeter Komponisten gegen regelwidrige Verstiegenheit genialer Fantasten ausspielte.[2]

Eine der Ursachen für die verbreitete negative Bewertung sowohl von elementaren Aspekten des polyphonen mehrstimmigen Komponierens als auch ihrer Vermittlung liegt in der »ästhetische[n] Aufwertung der Harmonie«[3] im 19. Jahrhundert, die dazu führte, dass polyphonen Techniken wie Imitation, Fuge, Kanon der Stellenwert einer zweiten, mit dem Erbe vergangener Epochen besonders verbundenen Kultur zukam. Darüber hinaus stellte mehrstimmige Vokalmusik nicht das Paradigma der vom instrumentalen Idiom geprägten zeitgenössischen Musik dar, für die die Kontrapunktlehre gleichwohl das kompositorische Rüstzeug bereitzustellen versprach. Zudem blieb aufgrund der Gleichsetzung von Kontrapunkt mit Kompositionslehre unklar, ob kontrapunktischen Studien nur der Charakter von Übungen oder auch der von Kunstwerken zukam.[4] Und neben der Harmonielehre machten die neu aufkommenden Disziplinen Formen- und Instrumentationslehre dem Kontrapunkt seinen Rang als zentrale musiktheoretische Disziplin streitig.

Die für die Kontrapunktlehre im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts symptomatischen inneren Widersprüche sollen im Folgenden anhand des zweistimmigen Satzes als eines begrenzten, aber zentralen und elementaren Untersuchungsgegenstands beleuchtet werden.[5] Der genannte Zeitraum entspricht jener Epoche, in der der eingangs erwähnte polemische Diskurs stattfand und die europaweit durch das System der Restauration und verschiedene Formen des Widerstands dagegen geprägt wurde. Mit Luigi Cherubini und Siegfried Wilhelm Dehn beschränkt sich die Betrachtung auf zwei repräsentative konservativ eingestellte Musiktheoretiker, denen mit Antonín Reicha und Adolf Bernhard Marx jeweils ein exponierter Vertreter einer progressiven Richtung konkurrierend gegenüberstand. Cherubini wendete sich nach seiner Ernennung zum Direktor des Pariser Conservatoire (1822) gegen den musiktheoretischen Ansatz des am selben Institut unterrichtenden Reicha, indem er zunächst einen weiteren Kollegen, François-Joseph Fétis, damit beauftragte, ein Kontrapunkt-Lehrbuch zu schreiben. Dessen 1824 erschienenem Traité du contrepoint et de la fugue[6] ließ er 1835 den eigenen deutlich weniger umfangreichen Cours de Contre-point et de Fugue folgen. Wie weit Cherubinis ins Italienische, ins Deutsche[7] und zweimal ins Englische übersetzte Schrift als maßgebliches Kontrapunkt-Lehrwerk im deutschsprachigen Bereich verbreitet war, zeigt die intensive Rezeption durch Robert Schumann[8], aber auch die Verwendung im Unterricht von Anton Bruckner[9]. Dehns Traktat erschien zwar erst postum 1859, Ansehen und Einfluss als Lehrer genoss der Autor jedoch bereits Jahrzehnte zuvor. Auch rückblickend wurden beide Theoretiker als wichtige Fachautoritäten innerhalb ihrer Epoche gesehen, so bereits bei Heinrich Bellermann, auf den die vorliegende Untersuchung abschließend eingeht.[10] Heinrich Schenker rechnet in einer kritischen Betrachtung Cherubini einer »älteren«, Dehn und Bellermann einer »modernen Kontrapunktschule«[11] zu, während Knud Jeppesen in einer kritischen Würdigung der Tradition, in der sein eigenes Lehrbuch steht, die drei Theoretiker innerhalb unseres Untersuchungszeitraums als einzige Vertreter jener Gruppe nennt, die »bei Palestrina in die Lehre [ging]«[12].

Wesentliche Impulse bezogen die Kontrapunktlehren Cherubinis und Dehns aus Johann Joseph Fuxʼ Abhandlung Gradus ad parnassum, die 1725 in lateinischer Sprache erschien, 1742 von Lorenz Christoph Mizler ins Deutsche und 1770 von Pietro Denis ins Französische übersetzt wurde. Die Einführung in die Materie mit Hilfe der Methode der fünf Gattungen wurde zum Standard in deutsch- und französischsprachigen Kontrapunkt-Lehrbüchern, und durch die Orientierung an der klassischen Vokalpolyphonie wurde Fux zum Anreger einer späteren historisch ausgerichteten musikalischen Regelpoetik. Die Vorstellung, dass die eigene Lehre zum Anfertigen von Stilkopien befähige, hätte Fux natürlich ferngelegen. Vielmehr betrachtete er Satztechniken der Renaissance-Musik als maßgeblich für das Komponieren generell, ohne explizit zwischen vergangenen und gegenwärtigen Stilrichtungen, denen er einen zunehmenden Verzicht auf Bindung an »Gesetze und Regeln«[13] vorhielt, zu unterscheiden. Auch wenn er nicht umhinkam, Differenzen zwischen den verschiedenen Stilen, die das Lehrgebiet einschließt, zu thematisieren, blendete Fux dennoch historische Aspekte insgesamt weitgehend aus. So schließt er den halbschweren Viertel-Durchgang, der mit der Etablierung des betonten Durchgangs in sämtlichen Taktarten zu den gängigen Wendungen in der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts zählt, anfangs aus, erlaubt ihn aber nachträglich im Sinne einer Lizenz, ohne auf die stilistische Differenz zwischen alter und neuer Schreibart einzugehen.[14] Andere Regeln wie das kategorische Verbot von verdeckten Parallelen vollkommener Konsonanzen entsprechen weder den Usancen in zweistimmiger Musik der Spätrenaissance noch des Barockzeitalters[15], sondern gründen in der Vorstellung eines abstrakten, allenfalls pädagogisch zu rechtfertigenden strengen Satzes.

Luigi Cherubinis Cours de Contre-point et de Fugue

Diese beiden Tendenzen der Fux’schen Lehre zur Lizensierung von Ausnahmen und zu rigoristischer Strenge verstärken sich in den hier betrachteten daran anknüpfenden Lehrbüchern. Liegen Fuxʼ System noch die älteren Modi zu Grunde, so erweist sich bei Begründungen von Satzregeln in Cherubinis Cours de Contre-point et de Fugue die systemtragende Bedeutung der Dur-Moll-Tonalität.[16] Beispielsweise verbietet Cherubini kategorisch die ›falsche tritonische Relation‹ (»fausse relation de Triton«[17]). Hierunter versteht er auf solchen Akkordfolgen basierende Intervall- und Klangprogressionen, in denen die beiden einen Tritonus bildenden Töne nacheinander erscheinen, sei es in ein und derselben oder (als Querstand) in verschiedenen Stimmen.[18] Zu den tritonischen Relationen zählt auch die Gegenbewegung von der großen Terz in die Quinte, die im 14. bis 16. Jahrhundert aufgrund des Fortschreitens mit Halbtonanschluss von einer imperfekten in eine perfekte Konsonanz in Gegenbewegung zu den besonders vollkommenen Intervallfortschreitungen gezählt[19], bereits 1806 aber von Jérôme-Joseph de Momigny als überkommener »barbarisme«[20] angesehen wurde. Cherubini versteht die in Beispiel 1a:A wiedergegebene Intervallprogression als Akkordfolge und begründet deren Verbot mit der Unmöglichkeit, eine Fortschreitung vom G-Dur- zum F-Dur-Dreiklang als plausiblen Fundamentschritt in einer der Tonarten C-Dur, F-Dur oder G-Dur zu erklären.[21] Die Ausführlichkeit, mit der sich Cherubini ‒ wenn auch mit restriktiver Intention ‒ den Sekundprogressionen widmet, zeigt indirekt sein Interesse an dieser mit fundamentbezogenem Denken unvereinbaren Gegenwelt zum Dur-Moll, von der ein archaischer Reiz ausgeht und deren Urbild gleichsam die Eröffnung des Stabat mater von Giovanni Pierluigi da Palestrina darstellt. Cherubinis Exempel 25 (Bsp. 1a) bietet einen Katalog von Wendungen, die in Musik des 19. Jahrhunderts Verwendung finden konnten, um eine erhaben sakrale oder spezifisch kirchliche Atmosphäre, verbunden mit dem Eindruck des Überwältigenden im Sinne eines ›imprévu‹ zu generieren.[22] So stellt etwa Jacques Fromental Halévy, dessen Mitwirkung an Cherubinis Traktat vermutet wird, aber nicht nachweisbar ist[23], das überwältigende Erscheinen des Kaisers Sigismund im Finaltableau des ersten Akts der 1835 uraufgeführten Grand Opéra La Juive mit einem orgelbegleiteten Te Deum dar, das sich vom stilistischen Kontext nicht nur durch einen plagalen Kirchenschluss, sondern auch durch eine auf der tritonischen Relation basierende Sekundfortschreitung abhebt (Bsp. 1c). Und ein choralartiges Nebenthema in Franz Liszts »Dante-Sonate«, die 1858 publiziert, aber 1839 bereits in einer nicht mehr erhaltenen Frühfassung uraufgeführt wurde[24], enthält zwei dieser Progressionen in dichter Folge (Bsp. 1b).

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Beispiel 1: a. Cherubini [1835], 9, erste Gattung, 7. Regel, Ex. 25 (Auszug). Hier und in weiteren Notenbeispielen wurden C-Schlüssel in den Quellen durch Violin- oder Bassschlüssel ersetzt; b. Franz Liszt, Années de pèlerinages, Deuxième année: Après une Lecture du Dante ‒ Fantasia quasi Sonata, T. 256–267, vereinfachte Darstellung des Außenstimmensatzes vom Verfasser; c. Jacques Fromental Halévy, La Juive, erster Akt, Finale, Auszug Chorstimmen

Auch das Quintparallelen-Verbot begründet Cherubini mit harmoniebezogenen Kriterien und nicht etwa mit einer gebotenen Eigenständigkeit der kontrapunktierenden Stimmen. Bei offenen Quintparallelen komme es zu einem »gleichzeitigen Vorhandensein zweier Tonarten« (»ce double concours de mode«[25]). Demzufolge wären in Cherubinis diesbezüglichem Exempel (Bsp. 2) C-Dur (Unterstimme) und G-Dur (Oberstimme) gleichzeitig präsent.

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Beispiel 2: Cherubini [1835], 5, erste Gattung, 4. Regel, Ex. 11

Indizien dafür, dass Cherubinis zweistimmiger Kontrapunkt auf das Lernziel einer Aneignung des »akkordisch orientierten«[26] Satzes ausgerichtet ist, sind ebenso die häufige Verlegung von Unterstimmen-Cantus firmi in die Bass- anstatt in die Tenorlage[27] wie der weite Abstand der Stimmen und die nur bedingte Zulassung von Stimmkreuzungen.[28] Solche Mittel verweisen überdies auf die nicht mehr dem Prinzip der »Consociatio Modorum«[29] unterliegende tonale Konzeption des zweistimmigen Satzes. Auch bei der vierten Regel zur zweiten Gattung im zweistimmigen Satz wird deutlich, dass Cherubini den letzteren als Substitut von Akkord-Progressionen begreift. Dieser Regel zufolge stellen die beiden Intervalle, die (gemäß dem Prinzip dieser Gattung) in jedem Takt enthalten sind, entweder nur einen einzigen oder aber zwei verschiedene Akkorde dar (Bsp. 3).[30]

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Beispiel 3: Cherubini [1835], 15, zweite Gattung, 4. Regel, Ex. 41 (Nr. 1, 4), Ex. 42 (Nr. 1, 2); Fundamentanalyse vom Verfasser

Cherubinis Bevorzugung der Gegenbewegung gegenüber der Seitenbewegung[31] lässt ebenfalls einen Paradigmenwechsel bei der Auffassung von Kontrapunkt erkennen. An die Stelle einer Lehre vom polyphonen Satz tritt eine auf den homophonen Akkordsatz bezogene Stimmführungslehre[32], impliziert doch permanente Gegenbewegung das Prinzip eines Note-gegen-Note-Satzes und schließt rhythmische Eigenständigkeit der Stimmen aus. Fux hingegen betont bei seiner Einführung der drei Bewegungsarten die Ebenbürtigkeit der Seiten- mit der Gegenbewegung im Hinblick auf universelle Anwendbarkeit[33], ermöglicht doch nur die erstere eine rhythmische Profilierung einzelner Stimmen und somit Polyphonie.[34]

Wie weit sich Cherubinis Auffassung der Seitenbewegung von satztechnischen Prinzipien des 16. Jahrhunderts entfernt hat, erhellt ein Beispiel zur vierten Gattung: Eine fuga ad minimam im Oberquintabstand (Bsp. 4a) wird auf einen Note-gegen-Note-Satz reduziert (Bsp. 4b) und verworfen.[35]

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Beispiel 4: a. Cherubini [1835], 23, vierte Gattung, 3. Regel, Ex. 72 (Auszug), Fundamentanalyse vom Verfasser; b. Cherubini [1835], 24, vierte Gattung, 3. Regel, Ex. 73 (Auszug); c. Alternative Reduktion von Bsp. 4a auf einen Note-gegen-Note-Satz vom Verfasser

Nach dem Vorbild Fuxʼ, der verdeckte Parallelen vollkommener Konsonanzen durch die Ausfüllung des von einer der beiden Stimmen ausgeführten Sprungs mit diatonischen Zwischenstufen als Varianten der offenen Parallelen interpretiert[36], führt Cherubini indirekte Quintparallelen auf offene zurück. Begründet wird das Reduktionsverfahren mit der These, Synkopendissonanzen seien »nichts als Retardationen der Consonanzen«[37] ‒ ein Theorem, das die Begrenzung der Akkordtypen auf einen überschaubaren Bestand an Grundharmonien respektive ›accords naturels‹ gewährleistet.[38] Dieses auf Harmonik und Dissonanzlehre bezogene Prinzip wendet Cherubini auf einen ausschließlich aus Konsonanzen bestehenden zweistimmigen Kanon an. Dessen mögliche Ableitung von einer ebenfalls konsonanten Version (Bsp. 4c) in der Weise, dass die Synkopen nicht als Retardationen, sondern als Antizipationen erklärt werden, stellt Cherubini nicht zur Diskussion. Wenn aber, wie oben gezeigt wurde, das Quintparallelen-Verbot mit der Zuordnung beider Stimmen zu verschiedenen Tonarten begründet wird, stellt sich die Frage, warum Cherubinis Argumentation überhaupt einer Reduktion der fallenden 5-6-Progression auf einen Note-gegen-Note-Satz bedarf. Denn unter dem Gesichtspunkt des »double concours de mode« könnte Cherubini auch prinzipiell den strengen synkopierenden Quintkanon verwerfen, und zwar selbst dann, wenn (wie im vorliegenden Fall) keine Versetzungszeichen vorkommen, die wie in Beispiel 2 die Präsenz zweier Tonarten deutlich indizieren würden. Denn auch das Quintparallelen-Verbot gilt ja unabhängig davon, ob in einem konkreten Fall der »double concours« im Notat offenkundig wird.

Die steigende 5-6-Progression (Bsp. 5a) würde nur dann einer Überprüfung mit Cherubinis Reduktionsverfahren standhalten, wenn sie als Obersext-Kanon mit der Unterstimme als guida gedeutet würde. Hingegen würde sich die für die Modell-Genese entscheidende Realisierung als Unterquintkanon mit der Oberstimme als guida[39], wendete man Cherubinis Reduktionsverfahren darauf an, abermals als Variante einer Folge offener Quintparallelen darstellen.[40] In den beiden Musterbeispielen, die den Abschnitt über die vierte Gattung beschließen, stellt jene Stelle, an der die 5-6-Folge mit synkopierter Unterstimme erscheint (Bsp. 5b), die einzige dar, bei der die von Cherubini beschriebene, aber in diesem Fall nicht von ihm demonstrierte Reduktionsart zu Satzfehlern (offenen Quintparallelen) führt (Bsp. 5c). Auch diese Inkonsequenz spricht dafür, dass die geringere harmonische Plausibilität abwärts sequenzierter Quintanstiege (vgl. Bsp. 4a) den unausgesprochenen Grund für Cherubinis Versuch darstellte, die Nachteiligkeit der fallenden gegenüber der steigenden 5-6-Progression zu erweisen.[41]

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Beispiel 5: a. Steigende 5-6-Progression, Darstellung vom Verfasser; b. Cherubini [1835], 24, vierte Gattung, Ex. 75, »Exemple d’une leçon de la présente espèce« (»Beispiel einer Uebung der gegenwärtigen Gattung«), Auszug; c. Reduktion von Beispiel 5b auf einen Note-gegen-Note-Satz vom Verfasser

Siegfried Wilhelm Dehns Lehre vom Contrapunkt, dem Canon und der Fuge

Wie Cherubini kann auch Siegfried Wilhelm Dehn als Vertreter einer tendenziell konservativen musiktheoretischen Strömung gelten. Die Lehre vom Contrapunkt, dem Canon und der Fuge des 1858 verstorbenen Kustos der Musikaliensammlung der Königlichen Bibliothek zu Berlin edierte 1859 sein Schüler Bernhard Scholz. Die Verwendung auch protestantischer Choräle als Cantus firmi kam den Intentionen von Lesern im protestantischen Preußen entgegen, implizierte aber, da Melodien aus dem 17. und 18. Jahrhundert einbezogen wurden, eine stilistische Erweiterung über den Bereich der klassischen Vokalpolyphonie hinaus.

Ian Bent betont, dass, während sich Cherubinis Lehre durch Verzicht auf historische Differenzierung in einem stilistischen Niemandsland bewege, bei Dehn ein »historical turn of mind« erkennbar sei. So beschränke sich Cherubini entweder auf eigene Exempla oder führe mit Fuxʼ modal konzipierten Cantus firmi Geschichte »durch die Hintertür«[42] ein. Dehn arbeite hingegen mit zahlreichen explizit nachgewiesenen Literaturbeispielen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Wie im Folgenden gezeigt wird, distanzierte sich aber Dehn ungeachtet dieses äußerlich auch im Untertitel des Lehrbuchs hervorgehobenen historischen Ansatzes im elementaren Bereich des zweistimmigen Gattungs-Kontrapunkts noch deutlicher als der Conservatoire-Direktor vom Palestrina-Stil.

Wie Cherubini unterscheidet Dehn zwischen altem und modernem Kontrapunkt, erlaubt aber beim letzteren mit frei eintretenden kleinen Septimen, großen Sekunden und »falschen« (verminderten) Quinten, die er sämtlich als Surrogate dominantischer Klänge auffasst (Bsp. 6), weit reichende Lizenzen hinsichtlich der Dissonanzbehandlung, die bei Cherubini undenkbar wären.[43]

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Beispiel 6: Kleine Septime, große Sekunde und verminderte Quinte als »Repräsentanten eines selbstständigen dissonirenden Haupt-Accords« (nach Dehn 1859, 8)

Akkorddarstellungen innerhalb der Gegenstimme eines choralartigen Cantus firmus schließt Dehn unter anderem deswegen aus, weil er eine spätere Erweiterung des Satzes zur Dreistimmigkeit voraussetzt: Die dritte Stimme müsse Gelegenheit zur Akkordkomplettierung erhalten. Mithin besteht das primäre Ziel der Lehre vom zweistimmigen Satz weniger in der Beherrschung eines genuin zweistimmigen Genres als vielmehr in der Erfindung des Kontrasubjekts im Fugensatz. Die Auffassung, dass »die contrapunktirende Stimme bloss eine Ausfüllstimme«[44] sei, erläutert das in Beispiel 7a wiedergegebene Exempel. Im Vergleich mit diesem zeigt die Variante in Beispiel 7b laut Dehn eine selbstständigere Melodie.[45]

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Beispiel 7: Dehn 1859, 12f., zwei Varianten einer Bearbeitung der zweiten Zeile des geistlichen Liedes So gehst du nun, mein Jesu, hin

Der ursprüngliche Sinn des Gattungskontrapunkts, Phänomene des Intervallsatzes in einem spezifischen metrischen Kontext bewusst zu machen, erschließt sich bei Dehn nur in Ansätzen. Der Wesensunterschied zwischen Semibreven, Minimen und Semiminimen und entsprechend zwischen schweren, halbschweren und leichten Positionen bleibt schon deshalb unklar, weil die Werte in einigen, aber nicht in allen Beispielen gegenüber Fux um die Hälfte reduziert werden. So gibt Beispiel 8b ein Exempel wieder, das im Anschluss an Fux dem rhythmischen Grundprinzip der zweiten Gattung die Relation ›Semibrevis ‒ Minima‹ zuordnet, während Beispiel 8a eine Übertragung dieser zweiten Gattung auf die moderne Schreibart darstellt. Hier sind die Viertelnoten nicht im Sinne von Semiminimen aufzufassen, denn ihre kontrapunktische Behandlung entspricht der von Minimen. Die Notation bewirkt aber eine Desensibilisierung der Leser im Hinblick auf die Herkunft und frühere Bedeutung der Notenwerte.

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Beispiel 8: Dehn 1859, 12, Beispiele in der zweiten Gattung

Überdies stellt in Dehns Darstellung der dritten Gattung die ›Vier-gegen-eins‹-Einteilung nur eine von vier gleichwertigen Möglichkeiten dar: Auch die Relationen 3:1, 6:1 und 8:1 werden thematisiert.[46] Die Geltung einiger Satzprinzipien beim ›Vier-gegen-eins‹-Verhältnis – und hierbei handelt es sich um ein weiteres Novum in der Lehrtradition des Gattungskontrapunkts – wird vom Tempo abhängig gemacht.[47] So erklärt Dehn betonte Durchgänge im langsamen Zeitmaß für unzulässig, im schnellen dagegen für zulässig.[48] Die Vorstellung einer spezifischen kontrapunktischen Behandlung bestimmter Notenwerte liegt dem Verfasser fern, die Tempobezeichnung avanciert zu einer die Prinzipien des Intervallsatzes beeinflussenden Determinante.

Mit einer ›historistischen‹ Auffassung des strengen Satzes unvereinbar erscheint auch, wie Dehn in einem Notenbeispiel zur zweiten Gattung (Bsp. 9) der Kontrapunkt-Stimme die Funktion zuweist, einen Cantus firmus durch Pausen, Einschnitte und Ruhepunkte zu gliedern. Hierbei bevorzugt er zunächst die ›Quadratur‹, die Einteilung in Viertaktgruppen. Vorbilder aus instrumentalen Gattungen wie der barocken Choralbearbeitung sowie die durch die zeitgenössische Formenlehre dargestellte periodische Themenbildung beeinflussen auf diese Weise die Lehre. Die Begründung der Einteilung ›3+2+3‹ gegenüber dem ebenmäßigen Modell ›4+4‹ im Sinne einer parenthesenartigen Interpolation eines »eingeschobenen Satz[es]«[49] greift daneben die im ausgehenden 18. Jahrhundert verbreitete interpunktische, vom Vergleich musikalischer und sprachlicher Strukturen ausgehende Denkweise und Terminologie auf.

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Beispiel 9: Dehn 1859, 16, Notenbeispiel zur zweiten Gattung, Taktgruppen vom Verfasser hervorgehoben

Für die Kontrapunktlehren Cherubinis und Dehns erwies sich der Anspruch, gleichermaßen einen älteren wie einen modernen Stil zu vermitteln, als Belastung. Da die Prinzipien dieser Stile teils übereinstimmten, teils einander widersprachen, begünstigte eine solche Unklarheit die eingangs dargestellte Diskreditierung der Fachrichtung. Und da zudem Regeln des modernen Kontrapunkts nicht aus sich selbst heraus begründet, sondern im Sinne von zu duldenden Lizenzen aus der älteren Kontrapunktlehre abgeleitet wurden, beförderte dies den Eindruck, die Strenge der Regelpoetik beim alten Stil werde willkürlich eingeführt mit der rein erzieherischen Intention, der intuitiven Kreativität angehender Komponisten Beschränkungen aufzuerlegen. Überdies wirkte die im Sinne eines harmonischen Kontrapunkts umgedeutete Kategorie der Dissonanz vor dem Hintergrund eines musikästhetischen Diskurses, in dem Kriterien wie Schönheit und Wohlklang kritisch hinterfragt wurden, obsolet und wurde zur Zielscheibe der Polemik von erklärtermaßen progressiven Theoretikern wie Adolf Bernhard Marx.[50] Letzterer plädierte im Anschluss an Überlegungen Gottfried Webers[51], aber auch mit Blick auf frühere Schriften seines Berliner Kontrahenten Dehn für den Verzicht sowohl auf die Termini ›Konsonanz‹ und ›Dissonanz‹ als auch auf die Regeln zur Dissonanzbehandlung zugunsten einer Differenzierung zwischen »[n]ächstliegenden« und »fernern«[52] Akkorden, deren sorgsamere oder kühnere Verbindung er von der ästhetischen Intention des kompositorischen Subjekts abhängig machte.

Heinrich Bellermanns Der Contrapunkt

Einem anderen Berliner Theoretiker, Heinrich Bellermann, gelang, indem er explizit vom Palestrina-Stil als stilistischem Paradigma ausging, die Beseitigung mancher Widersprüche und der Ansatz einer historischen Ausrichtung des Fachs Kontrapunkt. Zugleich rückte er die Musik Palestrinas und seiner Zeitgenossen in eine historische und ästhetische Distanz mit der Bemerkung, »uns« würden »andere Ideen zu unsern Kunstwerken begeistern, als damals.«[53] Die Gattungsmethode bleibt auch in Bellermanns 1861 erschienenem und dreimal wiederaufgelegtem Lehrbuch Der Contrapunkt oder Anleitung zur Stimmführung in der musikalischen Composition grundlegend, die Behandlung der Fuge entfällt.

In seiner Lehre vom zweistimmigen Satz übernimmt Bellermann Cherubinis Argumentation, die steigende 5-6-Progression sei der fallenden 6-5-Progression deswegen vorzuziehen, weil die erste auf Sext-, die zweite auf Quintparallelen zurückzuführen sei.[54] Dass Cherubini abspringende unbetonte Nebennoten und insbesondere die Cambiata-Figur kategorisch verwirft und entsprechende Verfahren in der Musik der »auteurs Classiques«[55] missbilligt, kritisiert Bellermann, indem er im Sinne historischer Quellenforschung auf Usancen in der Musik des 16. Jahrhunderts verweist und diese mit einem Literaturbeispiel von Palestrina belegt.[56] Nicht hinaus kommt er über die eingangs erwähnte, schon bei Fux widersprüchliche Lehre, im Kontext der dritten Gattung (›vier gegen eins‹) solle die dritte Viertel ebenso wie die erste konsonieren[57], »[d]es fliessenden Gesanges wegen« könne aber von dieser Regel »bisweilen«[58] abgewichen werden und der dissonierende halbschwere Viertel-Durchgang Verwendung finden. Hingegen begrenzt er Fuxʼ im Hinblick auf zweistimmige Musik der Spätrenaissance unangemessene Erlaubnis, indirekte Oktavparallelen durch Quartsprünge auszugleichen (Bsp. 10a), auf deren nur einmaliges Auftreten und schließt somit entsprechende Sequenzbildungen aus (Bsp. 10b).

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Beispiel 10: durch Quartsprünge ausgeglichene Oktavparallelen; a. Fux 1742, Tab. III, Fig. 6 und Fig. 7; b. Bellermann 1862, 74

Die Kehrseite von Bellermanns Historismus stellt seine Distanzierung von der zeitgenössischen Avantgarde dar. Der zugleich bahnbrechenden wie erzkonservativen, einen Primat der Melodie gegenüber der Harmonie behauptenden These, nach der Akkorde erst die »Folge einer gleichzeitigen Verbindung mehrerer melodisch-sangbar-geführter [sic] Stimmen« seien, folgt die Kritik am Mangel »fließender Stimmen« in zeitgenössischer Musik, der mit dem »Haschen nach ganz äusserlichen Effekten, durch eine sogenannte ›elegante Instrumentation‹, eigenthümliche ›Klangfarben‹ u. dgl. verdeckt werden«[59] solle.

Indessen lässt sich mit Blick auf ein den Dissonanz-Charakter der Quarte demonstrierendes Notenbeispiel aus der 1877 erschienenen zweiten Auflage (Bsp. 11a), in der sich der Autor vor dem Hintergrund des Kulturkampfs von pro-katholischen cäcilianistischen Tendenzen distanzierte[60], die Hypothese aufstellen, dass ein musikgeschichtliches Großereignis wie Richard Wagners »Musikalische Handlung« Tristan und Isolde Spuren in der Lehre des ao. Professors für Musik an der Berliner Universität hinterließ.[61] Dass Bellermanns Exempel eine Affinität zu mehrstimmigen Satzmodellen besitzt, erschließt sich erstens aus dem für den zweistimmigen Satz des späten 16. Jahrhunderts eher untypischen, für die Außenstimmen eines akkordischen Satzes aber umso charakteristischeren Quartvorhalt (Beispiel 11a, Takt 2). Zweitens bezieht der aus der Vorbereitung sowie abwärts schreitenden Auflösung ersichtliche Vorhaltscharakter des Tons g1 in Takt 3 seine Plausibilität aus einem mitzudenkenden Ton a1, der einer zu imaginierenden Agens-Stimme angehört (vgl. Bsp. 11c). Und drittens liegt es in diesem Kontext nahe, auch beim Außenstimmensatz der phrygischen Wendung Mittelstimmen dazuzuhören.

Rhythmisch wie diastematisch weist die Oberstimme des Bellermannʼschen Exempels Übereinstimmungen mit der Initialphrase der den Tristan beschließenden und bereits in der Liebesszene des zweiten Aktes antizipierten Verklärung Isoldes auf. Neben der Verwendung von dem alten Stil gemäßen Notenwerten und der Betonung des Syncopatio-Charakters beim Quartvorhalt durch eine Überbindung handelt es sich in Beispiel 11a beim diastematischen Übergang vom zweiten zum dritten Takt um den wesentlichsten Unterschied gegenüber Wagners Oberstimmenmelodie (vgl. Bsp. 11b, Part der Bassklarinette). Im Wesentlichen stimmt auch die durch die Formelhaftigkeit der melodischen Segmente A und B unterstützte Harmonik ‒ ein synkopierter Quintanstieg[62], gefolgt von der bereits erwähnten phrygischen Wendung[63] ‒ bei Bellermanns und Wagners Tonsätzen überein. Bellermanns Version (Bsp. 11a) vermeidet aber die für Wagners Lösung (Bsp. 11b) bezeichnende Chromatik und wahrt mit der Beschränkung auf Diatonik die Einheitlichkeit des methodischen Konzepts. Gegenüber Wagners kühner Modulation von einer Durtonart in die Molltonart der Oberquinte stellt Bellermanns Wendung in die parallele Molltonart die weitaus konventionellere Variante dar. Ferner stehen andere Gesichtspunkte als bei Bellermanns kontrapunktierender Unterstimme hinter Wagners auf zwei Instrumentengruppen verteilter Bassstimme: eine ein hohes Maß an Ruhe bewirkende Seitenbewegung im ersten Takt, die ›moderne‹ Darstellung einer Tonika als Quartsextakkord und das (verkürzte) so genannte ›Leidensmotiv‹ Es-ces-B als leitmotivischer Kontrapunkt (Bsp. 11b).

Abbildung

Beispiel 11: a. Bellermann 1877, 118, Notenbeispiel zur dissonierenden Quarte; b. Richard Wagner, Tristan und Isolde, dritter Aufzug, 3. Szene (Ausschnitt), Vokalpart und Außenstimmen des Orchestersatzes; c. Bellermann 1877, 118, vom Verfasser zum vierstimmigen Satz erweitert

Bellermanns Exempel (Bsp. 11a) kommt in der ersten Auflage des Lehrbuchs, die drei Jahre vor der Tristan-Uraufführung (10.6.1865) publiziert wurde, noch nicht vor. Dafür, dass das Beispiel in einer von der Auseinandersetzung mit Wagner geprägten Epoche im Sinne einer bewussten Aktualisierung in die Neuauflage aufgenommen wurde, spricht, dass es mit einer jener in der beschriebenen Weise modellhaften »Intervallprogressionen, die im Tristan als ›Tiefenstruktur‹ unter der chromatischen Harmonik musikalischen Konnex suggerieren«[64], einen wesentlichen Aspekt der Avantgarde-Musik um 1877 aufgreift. Überdies wird hier ersichtlich, dass der ›moderne Kontrapunkt‹ der Vorgängerschriften durch Bellermann nicht handstreichartig beseitigt wurde.

Auch wenn er weder konsequent mit dem modernen Kontrapunkt brach, noch auf die Verankerung des Fachs in der Komponistenausbildung verzichtete, besteht Bellermanns Verdienst darin, richtungweisend auf die skizzierte Krise der Kontrapunktlehre reagiert zu haben. Die Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts wurde bei ihm in den Mittelpunkt der Lehre gestellt; auf die die Dur-Moll-Tonalität voraussetzende Fugenlehre wurde genauso verzichtet wie weitgehend auf den modernen Kontrapunkt. Eine solche Entwicklung, wie sie nur abgeschwächt in Frankreich stattfand, wo sich am Pariser Conservatoire als der dominierenden Institution frühzeitig eine klare Aufgabenverteilung zwischen dem Grundlagenfach Harmonielehre und der weiterführenden Kontrapunkt- und Fugenlehre etabliert und trotz mancher Kritik auch bewährt hatte[65], begünstigten nach 1850 nicht nur der Ansehensverlust der Fachrichtung bei einem Teil der musikalisch Gebildeten und die dargestellten inneren Widersprüche einer Lehre, die Fux’ Methode mit dur-moll-tonalem Denken in Einklang zu bringen suchte. Eine Welle von Konservatoriums-Neugründungen und mit ihr die Notwendigkeit, die bislang im Privatunterricht und in kleineren Anstalten angesiedelte musiktheoretische Ausbildung institutionell zu verankern und entsprechend zu reformieren, führte ebenso zu einer Neuorientierung im Bereich des Kontrapunkts wie das Aufkommen neuer Harmonielehre-Konzepte im Gefolge der epochemachenden Abhandlungen von Moritz Hauptmann (Die Natur der Harmonik und der Metrik, 1853) und Arthur von Oettingen (Harmoniesystem in dualer Entwicklung, 1866), in denen Generalbass als Basis, aber auch ganzheitliche Musiktheorie-Konzeptionen (wie bei Adolf Bernhard Marx) aufgegeben wurden. Die Tatsache, dass Aspekte der Stimmführung, denen bereits in Schriften von Vertretern einer »bürgerlichen Harmonielehre«[66] besondere Aufmerksamkeit zukommt, in Harmonielehren der Riemann-Ära einen zentralen Gegenstand bilden, aber auch Hauptmanns und Riemanns Rehabilitierung der von Gottfried Weber und Marx verworfenen Unterscheidung zwischen Konsonanz und Dissonanz lassen den Rückschluss zu, dass die Harmonielehre des späten 19. Jahrhunderts das Erbe der Lehre vom ›modernen Kontrapunkt‹ antrat. Außerdem entwickelte sich seit den 1870er Jahren in Abgrenzung und ergänzend zur Harmonielehre, Fugenlehre und einer von der Vokalpolyphonie ausgehenden Kontrapunktlehre eine Spielart von Kontrapunkt, bei der Fuxʼ Gattungen aktualisierend mit barocker und/oder späterer Stilistik verbunden wurden und an die Ernst Kurths Grundlagen des linearen Kontrapunkts (1917) anknüpften.[67] Demgegenüber bereitete Bellermanns Contrapunkt eine über Knud Jeppesen in die Gegenwart weisende, vom Modell des ›Palestrina-Stils‹ ausgehende Ausrichtung dieses Fachs vor, dem zunehmend spezifische Lehr- und Lernziele zugeordnet wurden wie die als essentieller Baustein musikalischer Bildung und Ausbildung erkannte Gewinnung eines stilhistorisch orientierten Zugangs zur Polyphonie des 16. Jahrhunderts.

Anmerkungen

1

Ortlepp 1836, 6.

2

Vgl. Edler 2007, 208‒211; Edler 2013, 107, 118f., 312f., 412, 449f.; Groth 1983, 118f. Zu entsprechenden Einlassungen des Theoretikers Antoine Elwart vgl. Fayolle 1996, 275.

3

Moßburger 2005, 26‒54.

4

Schenker (1910, 2‒14) stellt diese Gleichsetzung in den Mittelpunkt seiner Kritik an der »älteren« sowie der »modernen« Kontrapunktschule (vgl. Anm. 11).

5

Fayolle (1996, 272) konstatiert für die französischen Traktate die besonders grundlegende Bedeutung der Abschnitte über den zweistimmigen Satz.

6

Fétis 1824.

7

1835, im selben Jahr wie die französische Erstausgabe von Cherubinis Cours, erschien eine zweisprachige Edition mit einer deutschen Übersetzung durch Franz Stöpel, nach der im Folgenden zitiert wird.

8

Zur Rezeption von Cherubinis Lehrbuch durch Robert Schumann vgl. Federhofer 2002, 129‒133; Ullrich 2012, 17‒28; Reynolds 2015, 91‒97.

9

Vgl. Krones 2010, 135.

10

Vgl. Bellermann 1862, XIV.

11

Schenker 1910, 2 und 8; vgl. ebd., 4 und 13.

12

Jeppesen 1935, VIII.

13

Fux 1742, »Des Verfassers Vorrede an den Leser«, ohne Seitenangabe.

14

Vgl. ebd., 78.

15

Vgl. ebd., 69; Daniel 2002, 179f.

16

Groth (1983, 94) nimmt an, Cherubini habe in Übereinstimmung mit Fétis die »Kirchentonarten« auf die beiden Modi Ionisch und Äolisch beschränkt. Cherubini ([1835], 1) bezieht sein Konzept eines »contre-point rigoureux moderne« jedoch explizit auf die »tonalité actuelle«.

17

Cherubini [1835], 9.

18

Vgl. ebd.

19

Vgl. Menke 2015, 92‒96 und 101.

20

Momigny 1806, Bd. 1, 148; für die dazugehörigen Notenbeispiel (G–I) vgl. ebd., Bd. 3, 44. Vgl. Groth 1983, 90. Zur Problematisierung der »relatio non harmonica« in der deutschsprachigen Musiktheorie des 18. und 19. Jahrhunderts vgl. Troschke 1989, 13f.

21

Vgl. Cherubini [1835]; Bergerault 2011, 6.

22

Zum Prinzip des ›imprévu‹ bei Hector Berlioz und Franz Liszt vgl. Dömling 1986, 147f.

23

Vgl. Federhofer 2002, 130.

24

In frühen Manuskript-Fassungen aus dem Jahr 1840 ist das Choralthema bereits nachweisbar. Vgl. Bozó 2007, 66f.

25

Cherubini [1835], 5. Zu Fétis’ abweichender Begründung des Verbots vgl. Groth 1983, 96.

26

Lüttig 1994, 74.

27

Vgl. ebd., 73.

28

Vgl. ebd., 72; Cherubini [1835], 4.

29

Müller-Blattau 1999, 98.

30

Vgl. Cherubini [1835], 15.

31

Vgl. ebd., 7.

32

Die Gleichsetzung von Harmonielehre mit einfachem Kontrapunkt (Note gegen Note) zu vier Stimmen formulierte bereits 1808 Alexandre Étienne Choron. Vgl. Groth 1983, 88f.

33

Vgl. Fux 1742, 61.

34

Vgl. Daniel 2002, 172f.

35

Vgl. Cherubini [1835], 23f.

36

Vgl. Fux 1742, 69.

37

Cherubini [1835], 23: »Ces dissonances ne sont que des retards des consonances«.

38

Nach Groth (1983, 51‒58) setzt in Frankreich die Bildung einer Theorie der harmoniefremden Töne 1802 mit Charles-Simon Catels Traité dʼharmonie ein. Im deutschsprachigen Bereich ist eine solche Theorie bereits 1771 mit der Unterscheidung harmonisch »wesentlicher« und »zufälliger« Dissonanzen durch Johann Philipp Kirnberger (1771, 30) angelegt.

39

Vgl. die von Froebe (2007, 19) wiedergegebene und als besonders repräsentativ ausgewiesene Darstellung steigender und fallender 5-6-Progressionen als Ober- und Unterquintkanons durch Vincenzo Lusitano (1553).

40

Nach Groth nahm Fétis eine solche Reduktion vor. Anders als bei Groth (1983, 106) dargestellt, sieht Cherubini die steigende Modellvariante nicht als »unkorrekt« an.

41

Lewandowski (2010, 88) konstatiert die Seltenheit fallender Quintanstiege »in der Barockära und der Klassik«. Die besondere Ausdruckskraft der Musik um 1600 einerseits und der des 19. Jahrhunderts andererseits ‒ also jener Epochen, in denen das Satzmodell des Öfteren Verwendung fand ‒ erklärt das Phänomen nur partiell. Entscheidend für das vorübergehende Außer-Gebrauch-Kommen dieses Satzmodells sind unter den Voraussetzungen der frühen Dur-Moll-Tonalität mit hoher Wahrscheinlichkeit Hindernisse, die sich sowohl einer plausiblen Harmonisierung mit leitereigenen Stufen als auch der Bildung einer modulierenden Variante (bei Verzicht auf Ausweichungen in entfernte Tonarten) in den Weg stellen.

42

»history by the back door« (Bent 2002, 591).

43

Vgl. Dehn 1859, 7f.

44

Ebd., 12. Auch das Exempel in Beispiel 8a kommentiert Dehn (ebd.): »Diese Schreibweise ist […] sehr hinderlich, wenn man eine dritte Stimme zu dem zweistimmigen Satze contrapunktiren will«. Das mit einer Konsonanz beginnende Beispiel 8b sieht er aus entsprechenden Gründen als problematisch an.

45

Vgl. ebd.

46

Vgl. ebd., 16–22.

47

Ähnliche Überlegungen zur Abhängigkeit der Zulässigkeit von Durchgangsdissonanzen vom Tempo finden sich in Traktaten des 18. Jahrhunderts wie z.B. bei Kirnberger 1771, 216, oder Heinichen 1728, 268ff. Doch handelt es sich hier um Schriften, die sich von vornherein dezidiert mit dem zeitgenössischen stilistischen Kontext befassen.

48

Vgl. Dehn 1859, 18.

49

Ebd., 16. Vgl. die Gleichsetzung der Termini ›Parenthese‹ und ›eingeschobener Satz‹ bei Koch 1793, 223. Zusammenfassend zu Kochs Begriff der Parenthese vgl. Forschner 1984, 120f. Zum Verhältnis von Sprache und Musik im musiktheoretischen Diskurs des späten 18. Jahrhunderts vgl. Dahlhaus 1978.

50

Vgl. Marx 1841, 79f.

51

Vgl. Weber 1824, 251‒257.

52

Marx 1837, 190f.

53

Bellermann 1862, X.

54

Vgl. ebd., 91f.; vgl. Anm. 35–38.

55

Vgl. Cherubini [1835], 19.

56

Vgl. Bellermann 1862, 82f.

57

Vgl. ebd., 79.

58

Ebd., 80. Zu Fux’ Behandlung des halbschweren Viertel-Durchgangs vgl. Anm. 14.

59

Ebd., VIII.

60

Zur Neukonzeption der zweiten Auflage vgl. Lüttig 1994, 188‒211.

61

Den Ansatz, Beziehungen zwischen Werken Wagners und Gerüst- und Außenstimmensätzen in zeitgenössischen musiktheoretischen Schriften herzustellen, verfolgte in jüngerer Zeit Johannes Menke mit dem Hinweis auf die mögliche Inspiration eines Komponisten (Wagner) durch einen Theoretiker (Johann Bernhard Logier). Vgl. Menke 2014, 10‒12.

62

Vgl. die Beispiele bei Kaiser 1998, 193‒195, die die Behandlung des Segments A (Bsp. 11a) als Ausgangspunkt eines Oberstimmenkanons demonstrieren, wie er für die Quintanstiegsequenz charakteristisch ist.

63

Die Oberstimmen-Formel des Segments B ist zugleich signifikant für den Plagalschluss mit durchgehender ›sixte ajoutée‹. Aus solcher Zweideutigkeit bezieht die Formulierung ihre besondere Spannung, und sie unterstützt die großartige Wirkung beim Eintreten des Zielklangs der phrygischen Wendung im Sinne eines ›imprévu‹.

64

Dahlhaus 1989, 140.

65

Nach Fayolle (1996, 279) prägte harmonisches Denken die französischen Kontrapunkt-Traktate des gesamten 19. Jahrhunderts und darüber hinaus. Mit dem Traktat von Théodore Dubois erschien 1901 letztmalig ein einflussreiches Lehrwerk, das Kontrapunkt und Fuge verband (vgl. ebd., 274; Dubois 1901).

66

Vgl. Holtmeier 2010.

67

Kurth 1917. Vgl. die Kontrapunkt-Schriften Richter 1872, Jadassohn 1884 und Riemann 1888.

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