Eybl, Martin (2021), »Urlinie und Zwölftonreihe als Zeitgenossinnen« [Urlinie and twelve-tone row as contemporaries], Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 18/2, 83–100. https://doi.org/10.31751/1141
eingereicht / submitted: 07/10/2021
angenommen / accepted: 17/11/2021
veröffentlicht (Onlineausgabe) / first published (online edition): 30/12/2021
zuletzt geändert / last updated: 23/07/2022

Urlinie und Zwölftonreihe als Zeitgenossinnen

Martin Eybl

Mit Blick auf die konträren Positionen ihrer Autoren scheinen Urlinie und Zwölftonreihe – zwei Konzepte, die beide in die frühen 1920er Jahren datieren – eher die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen als so etwas wie Zeitgenossenschaft zu dokumentieren. Die beiden Wiener Heinrich Schenker und Arnold Schönberg verfolgten auf den ersten Blick durchwegs gegensätzliche Ziele: Schönberg, ein Pionier der neuen Musik, trachtete die Komposition atonaler Musik weiterzuentwickeln und zu konsolidieren; Schenker, ein lautstarker Gegner der Moderne, versuchte die Funktionsweise tonaler Musik auf neue Art analytisch zu erfassen und deren unverrückbare Geltung ein für alle Mal festzuschreiben.

Der Sommer 1921, in dem das erste Heft von Schenkers polemischer Zeitschrift Der Tonwille erschien und Schönberg als unmittelbare Reaktion auf antisemitische Angriffe einen Prototyp seiner Reihentechnik erfand, lässt jedoch die Gemeinsamkeit ihrer Bestrebungen wie in einem Brennglas hervortreten. Obwohl beide Musiker antisemitischen Umtrieben defensiv begegneten, um die Aufnahme ihres Werks nicht zu gefährden, fühlten sie die Mission, gerade als Juden die deutsche Kultur retten zu müssen und zu können.

Dabei konvergierten zentrale Ideen und schufen zwischen beiden Theoretikern eine unbewusste Resonanz. Schenker und Schönberg verband die Vorstellung, dass (1) musikalischer Zusammenhang sich primär auf Tonhöhen bezieht, (2) Vertikale und Horizontale eng verbunden sind, (3) komplexe musikalische Strukturen sich aus nichts anderem als einfachen Keimzellen oder elementaren Bausteinen aufbauen und dass sich (4) die Fülle der musikalischen Zusammenhänge nicht unmittelbar hörend erschließt und es der Analyse bedarf, um sie vollends zu erfassen. Trotz dieser Entsprechungen besteht ein grundlegender Unterschied zwischen den Konzepten im Grundprinzip des Aufbaus. Während Schönberg die Ausdehnung eines Stückes als ein Nebeneinander von Bestandteilen, die additiv hinzutreten, auffasste, erklärte sie Schenker als ein Ineinander von Elementen, einem Prinzip der Insertion folgend.

In view of the contrasting positions of their authors, Urlinie and twelve tone row – two concepts that both date to the early 1920s – seem to document the simultaneity of the non-simultaneous rather than contemporaneity. At first glance, the two Viennese musicians Heinrich Schenker and Arnold Schönberg pursued thoroughly contradictory goals: Schoenberg, a pioneer of new music, sought to further develop and consolidate the composition of atonal music; Schenker, a vocal opponent of modernism, attempted to analytically grasp the structure of tonal music in a new way and establish its immutable validity once and for all.

The summer of 1921, however, when the first issue of Schenker's polemical journal Der Tonwille appeared and Schönberg invented a prototype of his serial technique as an immediate reaction to anti-Semitic attacks, allows the commonality of their aspirations to emerge clearly. Although both of them were defensive about anti-Semitic movements in order not to jeopardize the reception of their work, they felt the mission to have to and to be able to save German culture precisely because they were Jews.

In the process, central ideas converged and created an unconscious resonance between the two theorists. Schenker and Schoenberg were united by the notion that (1) musical coherence relates primarily to pitches, (2) the vertical and the horizontal dimension of music are closely connected, (3) complex musical structures are built from nothing more than germ cells or simple elements, and that (4) the fullness of musical coherence is not immediately audible and requires analysis to fully grasp. Despite these correspondences, there is a fundamental difference between the concepts concerning the basic principle of construction. While Schoenberg understood the expansion of a piece as a juxtaposition of components that are assembled additively, Schenker explained it as a penetration of elements, following a principle of insertion.

Schlagworte/Keywords: Arnold Schönberg; Heinrich Schenker; twelve-tone row; Urlinie; Zwölftonmethode

1.

Im Juli 1921 erhielt Arnold Schönberg eine beleidigende, feindselige und unverschämte Zuschrift. Seit gut einem Monat verbrachte er die Sommerfrische in Mattsee. Nun sah er sich einer wohlinstrumentierten Invektive gegenüber. Bereits die Anschrift enthielt eine Beleidigung: »An den berühmten Komponisten A. Schönberg / z. Z. leider in Mattsee« heißt es hier. Der anonyme Autor fährt fort: »Mattsee den 5. Juli 1921 / Hochberühmter Meister!? Wenn Sie sich für die Judenfrage in Mattsee interressieren [sic] lesen Sie den Artikel in der heutigen [Salzburger] Chronik über dieselbe; wird Ihnen zur Beachtung jedenfalls empfohlen.« Der Schreiber der Postkarte unterzeichnet mit »Ein arischer Sommerfrischler«.[1]

Der angesprochene Artikel in der Salzburger Chronik für Stadt und Land stellt – in unverhohlen antisemitischer Diktion – Mattsee als Badeort vor, der bereits jahrzehntelang darauf Wert legte, »judenrein« zu bleiben. Durch den Schwiegersohn von Max Ott (Schönbergs Bruder Heinrich) sei in diesem Jahr »der Komponist Arnold Schönberg aus Prag« eingeschmuggelt worden. »Kaum war Schönberg hier angekommen, sah man auch schon mehrere Judengesichter«, und um die Gefahr abzuwenden, dass der Ort seinen Ruf als »judenrein« verliere, habe der Gemeindeausschuß von Mattsee am 19. Juni »einstimmig seiner Entrüstung Ausdruck verliehen, daß einzelne Vermieter von Sommerwohnungen in Mattsee dieselben Juden überließen und dadurch den allbekannten Ruf Mattsees als ›judenreine Sommerfrische‹ schwer geschädigt haben.« Bemühungen, den Aufruf der Gemeinde rückgängig zu machen oder »wenigstens Schönberg ein unbehelligtes Dasein« zu ermöglichen, werden schließlich vom anonymen Autor unter Verweis auf gängige antisemitische Klischees brüsk zurückgewiesen.[2] Der ausführliche Bericht wurde tags darauf von der antisemitischen Reichspost, einer in Wien erschienenen auflagenstarken katholischen Zeitung, in weiten Passagen übernommen und erhielt so überregionale Aufmerksamkeit.[3]

Bereits eine Woche zuvor waren zeitgleich in der Neuen Freien Presse (Wien) und im Prager Tagblatt Berichte erschienen, wonach der Komponist von der Gemeindeverwaltung in Mattsee aufgefordert worden war, durch Dokumente zu belegen, dass er kein Jude sei. »Obwohl Schönberg nachweisen konnte, daß er Protestant ist, hat er sich entschlossen, den Ort Mattsee zu verlassen.«[4]

Die Behauptung einer Zeitgenossenschaft von Urlinie und Zwölftonreihe erscheint auf den ersten Blick wenig einleuchtend und gewagt. Auch wenn die Entwicklung und frühe Entfaltung beider Konzepte in die frühen 1920er Jahre datiert, während Heinrich Schenker und Arnold Schönberg in derselben Stadt lebten, scheinen die beiden Wiener Musiker und Musiktheoretiker in zwei ganz unterschiedlichen Welten existiert zu haben: hier Schönberg, ein Pionier der neuen Musik, auf der Suche nach Wegen, die Komposition atonaler Musik weiterzuentwickeln und zu konsolidieren, und da Schenker, ein lautstarker Gegner moderner Musik, dessen Analyseansatz darauf abzielte, die Funktionsweise tonaler Musik auf neue Art zu erfassen und deren unverrückbare Geltung ein für alle Mal festzuschreiben. Hier ein kühner Avantgardist, da ein musikalischer Reaktionär, so scheint es, und die Konzepte, die sie entwickelten, repräsentierten ihre jeweilige Haltung passgenau. Die Distanz springt ins Auge, so dass Urlinie und Zwölftonreihe allem Anschein nach eher die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen als so etwas wie Zeitgenossenschaft belegen dürften.

Die folgenden Überlegungen werden die Unterschiede der theoretischen Ansätze deutlich und vertiefend ins Licht rücken, aber auch den Verbindungslinien zwischen Schenker und Schönberg nachgehen, die den gemeinsamen Hintergrund ihrer Bemühungen erkennen und die beiden einflussreichen Gestalten doch näher zusammenrücken lassen, als es zunächst den Anschein hat. Bei aller Differenz in Absichten und Ansätzen gab es eine Resonanz zwischen beiden, die mit ihrer prekären Position als assimilierte Juden in einem Umfeld, in dem der Antisemitismus eine zunehmend größere Rolle spielte,[5] zu tun hatte und die sich gerade im Sommer 1921 stärker auswirkte als jemals sonst im Leben der beiden.

2.

In der Vergangenheit hatten sich die Lebenswege von Schenker und Schönberg an einigen Punkten gekreuzt. Um die Jahrhundertwende hatte sich Schenker noch als Komponist verstanden. Der Sänger und Gesangspädagoge Eduard Gärtner (1862–1918), den er bei seinen jährlichen Liederabenden gelegentlich am Klavier begleitete, übernahm in einem Konzert am 1. Dezember 1900 die Uraufführung eines Liedes von Schenker und die Uraufführung der Lieder op. 1 von Schönberg.[6] Schönberg wiederum hatte sich als geschickter Instrumentator einen Namen gemacht, sodass Schenker ihn bat, sein Klavierwerk Syrische Tänze zu instrumentieren und für eine Aufführung unter Ferruccio Busoni in Berlin 1904 vorzubereiten. Dem »Verein schaffender Tonkünstler«, an dessen Gründung Schönberg im selben Jahr maßgeblich beteiligt war, wollte Schenker freilich nicht beitreten; er hatte seine kompositorischen Ambitionen bereits zurückgestellt und schließlich ganz begraben.[7]

Stattdessen arbeitete Schenker seit der Gründung des Verlages im Jahre 1901 als Herausgeber und Autor für die Universal Edition in Wien, ein Unternehmen, bei dem ab 1910 auch die Werke Schönbergs verlegt wurden.[8] In den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg erschienen dort also neben Schönbergs Klavierstücken op. 11 (1910), der ersten Kammersymphonie op. 9 (1912), den Orchesterliedern op. 8 und den Klavierstücken op. 19 (1913) Schenkers Urtextausgabe der chromatischen Phantasie und Fuge von Bach (1910), seine Monographie zu Beethovens Neunter Sinfonie (1912) und die Erläuterungsausgabe von Beethovens Klaviersonate op. 109 (1913). Neben ihrer Arbeit an den Publikationen unterrichteten beide privat. Die Unterrichtshonorare machten sicherlich den größten Teil ihres Einkommens aus; sowohl Schenker als auch Schönberg sammelten einen großen Kreis von Schülern um sich, die ihren Lehrern treu ergeben waren.

3.

Jüdische Urlauber begegneten um 1920 nicht nur in Mattsee immer lauter werdendem Antisemitismus. Juden hatten im 19. Jahrhundert die Entwicklung des Alpinismus maßgeblich vorangetrieben. Die Wiener Sektion »Austria« des »Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins« wurde bis 1920 von einem Juden geführt; etwa ein Drittel der rund 6.000 Mitglieder hatten jüdische Wurzeln. Im Februar 1921 übernahmen erklärte Antisemiten den Vorstand des Vereins. Nach mehreren entsprechenden Anläufen wurde ein Arierparagraph in die Satzung aufgenommen, während sich Mitte Mai desselben Jahres, wenige Wochen vor den Ereignissen in Mattsee, eine große Gruppe abspaltete und unter dem Namen »Donauland« eine neue, zweite Wiener Sektion gründete, die jüdische Mitglieder aufnahm. Daraufhin wurden in den Hütten der Sektion »Austria« Tafeln angebracht, die den Eintritt für Juden verboten.[9] Antisemitismus begleitete jüdische Sommerfrischler im ganzen Land.[10]

Auch Heinrich Schenker und seine Frau Jeanette liebten die Berge und das Wandern. Seit 1910 verbrachten sie im Sommer viele Wochen an verschiedenen Orten Süd- und Nordtirols und Salzburgs. Ende Juni 1921, in den Tagen, in denen erste Anwürfe gegen Schönbergs Aufenthalt in Mattsee in den Zeitungen erschienen, reisten sie nach Galtür in Nordtirol, wo sie in diesem Jahr erstmals ihre Zelte aufschlugen und wohin sie in den folgenden Jahren immer wieder zurückkehren sollten.[11] Der Ort war nicht mit antisemitischer Werbung hervorgetreten, und das Paar war dort vor rassistischen Anfeindungen einigermaßen sicher. Dennoch überrascht es, wie sehr Schenker in dem Tagebuch, das das Ehepaar führte und oft mit minutiösen Details füllte, daran gelegen war, das Thema Antisemitismus auszuklammern. Dass ein leidenschaftlicher Zeitungsleser wie er nicht den Debatten über die Einführung des Arierparagraphen im Alpenverein begegnet sein sollte, ist kaum vorstellbar; doch schwieg er dazu hartnäckig. Und als das Paar, wie 1919 im Salzburgischen Altenmarkt, während der gemeinsamen Lektüre von Goethes Dichtung und Wahrheit mit einem antisemitischen Bahnwächter ins Gespräch kam, reagierten die beiden bloß amüsiert: »Um ½11h vors Schloss mit Goethe; nehmen dann Platz auf der Bank beim Wächterhaus, wo wir in ein Gespräch mit dem Bahnwächter geraten; es zeigt sich, daß er kein Sozialdemokrat ist, wohl aber viel gegen die Juden auf dem Herzen hat, was uns nicht wenig belustigt; um 12h nachhause.«[12] Offenbar hatte sich das Paar in Sprache, Kleidung und Habitus so weit vom jüdischen Stereotyp entfernt, dass die beiden nicht als Juden erkannt wurden, was ihnen Vergnügen bereitete.

Ähnlich defensiv verhielt sich Schönberg nach den deprimierenden Angriffen in Mattsee. Unter seinen Schülern kursierte die Losung, die Angelegenheit möglichst unter Verschluss zu halten. Alban Berg etwa ermahnte seine Frau Helene, sie möge niemandem »was sagen od. schreiben! höchste Diskretion! Das von den ›Judenfeindlichen‹ darf niemand wissen!!!«[13] Schönberg ersuchte auch seinen Verleger, nichts zu unternehmen oder sonst öffentlich Stellung zu beziehen: »Ich dürfte Mattsee in der nächsten Zeit verlassen«, schreibt er am 8. Juli an Emil Hertzka.

Die Gründe dafür werden Sie ja schon durch die ekelhafte Pressenotiz erfahren haben. Ich bitte Sie – obwohl ich überzeugt bin, dass Sie mich gut genug kennen, um meinen Standpunkt: meine Privatangelegenheiten gehen die Oeffentlichkeit nichts an, erraten haben, ohne dass ich es Ihnen sagen muss [–] sich darüber nicht weiter zu äußern. Wahrscheinlich hat irgend ein Sommerfrischling das auf dem Gewissen, dass ich jetzt unschuldig durch alle Zeitungen des In- und Auslandes geschleift werde, wo ich es so gut verstehe, derlei hinzunehmen, ohne einen Ton laut werden zu lassen.[14]

Schönberg betrachtete seine jüdische Herkunft als seine Privatangelegenheit und verstand sich als Mensch, der antisemitische Attacken ohne Widerspruch und Gegenwehr hinnahm – »ohne einen Ton laut werden zu lassen«. In diesem Punkt traf er sich mit Schenker, der es für seine Pflicht hielt, »das Werk zur Ausführung zu bringen, nicht aber erst zu riskiren, daß eine an sich überflüssige Bekanntgabe [seiner jüdischen Konfession] das Werk vielleicht in Frage stellt«.[15]

4.

Im Juni 1921, wiederum in diesen kritischen und für die Musiktheorie letztlich so fruchtbaren Wochen, erschien das erste Heft der Zeitschrift Der Tonwille. Schenker gab sie nach dem Vorbild der von ihm bewunderten Fackel von Karl Kraus im Alleingang heraus: Wo es sich nicht um Zitate aus anderen Quellen handelte, stammten alle Texte von ihm. Die Zeitschrift war gedacht als Forum für die Analyse einzelner Werke und für die Propagierung von Schenkers antiliberaler und antimoderner Weltanschauung. Sie erschien in der Universal Edition, jedoch unter einem fingierten Verlagsnamen (»Tonwille-Flugblätterverlag«), da Emil Hertzka um den guten Ruf seines Hauses fürchtete und Schenker nicht bereit war, seine scharfen Polemiken abzudämpfen. Das erste Heft leitete er mit dem programmatischen Aufsatz »Von der Sendung des deutschen Genies« ein, eine bittere Klage über die gegenwärtigen gesellschaftlichen und kulturellen Zustände in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg. Dazu kommen heftige Angriffe auf die Kriegsgegner im Osten, Süden und Westen Deutschlands und ein Hohelied auf die Überlegenheit des deutschen Geists, der deutschen Sprache und des deutschen Volks. Schenker entwickelt ein streng hierarchisch aufgebautes Weltbild, dessen Ordnung er in seiner Gegenwart als massiv gefährdet erlebte.[16] Dass eine heftige Diskussion über Schenkers behaupteten Rassismus, die unter dem Label »Schenkergate« derzeit einen Teil der amerikanischen Academia bewegt, sich gerade an diesem Text (neben anderen) entzündete, ist kein Zufall.[17]

Der deutschnationale und revanchistische Impetus von Schenkers Aufsatz ist für heutige Leserinnen und Leser schwer erträglich. Umso mehr überrascht die positive Reaktion, die Schönberg in dem zitierten Brief an Hertzka äußert:

Den Tonwillen finde ich nicht nur sehr interessant, sondern auch sehr sympathisch. Den Ausländerhass des Dr. Schenker teile ich nur aus einem Grunde nicht: weil ich nicht hassen will. Verachten vielleicht, aber auch das mit Mass. Mir genügt eigentlich die Nichtliebe […]. Immerhin habe ich mich über vieles sehr gefreut, weil es sich gedeckt hat – zum Teil sogar wörtlich mit von mir getanen Aeusserungen, Dinge, die gesagt werden mussten: was ich auch zum Teil bereits getan habe und insbesondere aber, wonach ich bereits gehandelt habe, als ich z.B. Anträge […] französischer und englischer Zeitschriften ignorierte […].[18]

Schönberg, dem das Heft nach Mattsee nachgesandt worden war, hatte es offenbar gleich nach Erscheinen gelesen.[19] Auch er war der Meinung, dass angesichts der Wirkungsmacht der aktuellen französischen, englischen und russischen Musik die alte Größe der deutschen Musik in Gefahr sei. Bereits zu Beginn des Weltkriegs hatte er bekannt, »mit aller ausländischen Musik« nichts anfangen zu können. Nach dem Zusammenbruch der Monarchie forderte er von staatlicher Seite, die »in der Volksbegabung wurzelnde Überlegenheit der deutschen Nation auf dem Gebiete der Musik zu sichern«.[20]

Von den abschließenden Bemerkungen Schenkers fühlte sich Schönberg als Künstler freilich herausgefordert. Denn Schenker hatte wenig Hoffnung für die Gegenwart und erwartete einen grundlegenden Wandel erst mit der nächsten Generation; einer »neuen Jugend« widmet er im Untertitel die gesamte Zeitschrift. Schenker hält es für

unmöglich, daß sich schon die lebende Generation wieder zur Genialität aufraffen könnte […]. Die Aufgabe der Erlösung harrt einer neuen Generation. Wieder wird eine Feuersäule vor den Menschen dahinwandeln, wieder ein Prometheus erscheinen müssen, ein Genie, um von neuem das Ewig-dasselbe zu verkünden und zu bekräftigen. […] Jener neuen Generation wird es nun obliegen, die heute in die Brüche gegangene Summe des Weltbewußtseins wieder herzustellen und […] das unsterbliche Alte mit dem unsterblichen Jüngsten zusammenzulesen.[21]

In einer handschriftlichen Glosse kritisiert Schönberg das negative Bild der Gegenwart, das hier gezeichnet wird. Wenn Schenker behaupte, dass die Deutschen nach Brahms »kein Genie mehr hervorgebracht« hätten, unterstütze er die Meinung von Franzosen und Engländern, dass »die Hegemonie in der Musik« nun auf sie übergehen werde.[22] Von der messianischen Erwartung eines tief in der Geschichte verankerten »deutschen Genies« fühlte sich Schönberg jedoch offenbar angesprochen: wie Moses hinter der Feuersäule das Volk Israel aus dem Land der Knechtschaft führte und wie Prometheus, der einsame Held, den Menschen das Feuer brachte, sollte das kommende Genie die deutsche Musik vor ihrem Untergang bewahren.

Es gibt gute Gründe, Schenkers – aus heutiger Sicht maßlos überzogenen – Deutschnationalismus mit seinem Selbstverständnis als assimilierter Jude in Verbindung zu bringen. Mit den besonderen Fähigkeiten, die auch Antisemiten wie Richard Wagner den Juden zuschrieben, sei es seine Aufgabe, gerade als Jude der deutschen Kultur zu dienen, sie voranzubringen, sie zu retten. In gewisser Weise sah sich Schenker selbst als Prophet der Musiktheorie. Am 21. Dezember 1933, zu einem Zeitpunkt, als im Deutschen Reich die Einschränkungen von Juden in ihrer beruflichen Bewegungsfreiheit bereits bedrohliche Ausmaße angenommen hatten, schrieb Schenker an seinen Schüler Oswald Jonas nach Berlin, es sei seine »Mission«, »den Germanen [s]eine monotheistische Musiklehre zu schenken«; wie seinerzeit das Alte Testament durch »Rabbi Jesum« der »ganzen Welt geschenkt worden« sei, müsse er »nun eine neue Weltbotschaft des Judentums für die nächsten Ewigkeiten« begründen.[23]

5.

Ulrich Krämer machte kürzlich auf den gedanklichen Zusammenhang zwischen Schönbergs Schenker-Lektüre, dem Mattsee-Ereignis und der neuen Technik aufmerksam, die der Komponist im Juli 1921 fand und erfand. Die Verbindung erschließe sich aus dem vielzitierten Brief an Alma Mahler, in dem Schönberg am 26. Juli 1921 auf etwas »ganz Neues« verwies, das er gefunden und geschaffen habe, und das oft mit der Zwölftontechnik identifiziert werde, eine Ansicht, die Krämer differenzierend relativiert. Dazu gleich mehr. Dieses ganz Neue war die Antwort auf Schenkers Lamento auf die Gegenwart: denn Schönberg übernahm damit die Rolle des erwarteten musikalischen Messias; er war, so Krämer, »davon überzeugt, dass er selbst aufgrund des ihm eigenen Genies dazu bestimmt sei, die Vorherrschaft der deutschen Musik und damit den Fortbestand der Musik als Tonkunst zu sichern.«[24] Zugleich aber wirkten in dem Schreiben die eben erlebten antisemitischen Angriffe nach, indem Schönberg – das sei, über Krämer hinausgehend, unterstrichen – eben als Jude die Heilshoffnung der deutschen Kultur erfüllte. Schönberg schreibt: »Die Deutscharier, die mich in Mattsee verfolgt haben, werden es diesem Neuen (speciell diesem) zu verdanken haben, dass man sogar sie noch 100 Jahre lang im Ausland achtet, weil sie dem Staat angehören, der sich neuerdings die Hegemonie auf dem Gebiet der Musik gesichert hat!«[25] Josef Rufer, der Schönberg Ende Juli 1921 in Traunkirchen am Traunsee besuchte, wohin sich der Komponist mit seiner Familie zurückgezogen hatte, überliefert einen ähnlichen Ausspruch; Schönberg habe heute »etwas gefunden, das der deutschen Musik die Vorherrschaft für die nächsten hundert Jahre sichere«.[26]

Im Brief an Alma Mahler unterscheidet Schönberg begrifflich nicht zwischen »Staat« und »Nation«. Streng genommen waren im Juli 1921 die Bewohner Mattsees so wie er selbst Staatsbürger der Republik Österreich. Eine Volksabstimmung, in der sich die Bevölkerung des Bundeslandes Salzburg am 29. Mai 1921 mit großer Mehrheit für einen Anschluss an Deutschland ausgesprochen hatte, widersprach im Ergebnis den im Friedensvertrag von Saint-Germain festgelegten Vorgaben und blieb daher ohne Folge.[27] Schönberg meinte sicherlich nicht eine kulturelle Vorherrschaft des österreichischen Staates, dem er angehörte, sondern der deutschen Nation, der er sich zugehörig fühlte. In den Ereignissen in Mattsee und den Berichten darüber wurde Schönberg als Jude bloßgestellt, ungeachtet der Tatsache, dass er zum Protestantismus konvertiert war. Auf diese Verletzung reagierte er nun nicht mit Hass, nicht mit Rache, sondern mit Großzügigkeit, indem er seinen antisemitischen Gegnern etwas verschaffte und gönnte, worauf diese stolz sein durften: kulturelle Überlegenheit. Es ist dasselbe Motiv, das bei Schenker begegnet: dass nämlich gerade der diffamierte Jude die deutsche Kultur voranbringt und rettet.

Was Schönberg so stolz machte, war nicht die Zwölftonmethode in ihrer endgültigen Form, sondern ein Prototyp davon, den er im Präludium der Suite für Klavier op. 25 erstmals anwandte.[28] Die sorgfältige eigenhändige Datierung des Werkes zwischen dem 24. und dem 29. Juli 1921 belegt, dass sich Schönberg auf dieses brandneue Stück im Schreiben an Alma Mahler bezogen haben muss. Auch der Beginn des Intermezzos aus demselben Werkzyklus (datiert auf den 25. Juli 1921) fällt in diese Zeitspanne. Die stolze Erfolgsmeldung ging an seine Unterstützerin, noch bevor das erste Stück fertig komponiert war, aber offenbar zu einem Zeitpunkt, an dem der Komponist erkennen konnte, dass seine Aufstellung des Materials hinreichend Spielraum eröffnete, um kantable Motive, Begleitstimmen, Ostinati etc. in großer Variabilität produzieren zu können. Ein Skizzenblatt mit weiteren thematischen Erfindungen, die sich aus der Materialtafel ableiten lassen, aber in op. 25 keine Verwendung fanden, fällt ebenfalls in die genannte Zeitspanne von sechs Tagen und belegt Schönbergs Streben nach einer Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten.[29]

Schönberg arbeitet hier nicht mit Zwölftonreihen, sondern mit kleineren Einheiten von jeweils vier Tönen: Gestalten, von denen drei zusammengenommen jeweils das chromatische Total ausschöpfen. Ausgangspunkt ist eine »Grundgestalt« von vier Tönen, ein melodischer Einfall (»erfunden«), der durch Konstruktion (»hergestellt«) aus den restlichen Tönen der chromatischen Leiter um zwei weitere viertönige »Gestalten« ergänzt wird.[30] Im konkreten Fall der Suite op. 25 besteht eine dieser Gestalten aus dem B-A-C-H-Motiv. Eine begrenzte Zahl von Transformationen der drei Gestalten ergibt weitere Sets von jeweils drei Tetrachorden.[31] Diese prägen bereits bestimmte Merkmale der späteren Zwölftonreihen aus: Sie bestehen aus einer festgelegten Abfolge von Tonhöhen; sie haben vier Erscheinungsformen, neben der Grundgestalt Umkehrung, Krebs und Krebsumkehrung; sie werden transponiert (hier nur auf eine Stufe im Tritonusabstand, die Schönberg [laut Berg] »Dominante« nannte); und sie schöpfen schließlich als Set von drei Tetrachorden das chromatische Total aus. Es ist angemessen und praktisch, in Analysen die Töne des Sets durchzunummerieren (Grundgestalt 1–4, komplementäre Tetrachorde 5–8 und 9–12), auch wenn die strukturellen Bausteine nicht zwölf, sondern nur vier Töne umfassen.

Schenkers Idee der Urlinie hatte 1921 ebenfalls noch nicht ihre endgültige Form erreicht. Der Begriff wurde erstmals in einem Aufsatz der Öffentlichkeit präsentiert, der im ersten Heft des Tonwillen dem oben besprochenen einleitenden Text folgte: »Die Urlinie (Eine Vorbemerkung)«.[32] Schenker hatte den Begriff in der Erläuterungsausgabe von Beethovens Klaviersonate op. 101 entwickelt, die einige Wochen nach dem Tonwillen im August 1921 erschien.[33] Zunächst bezeichnete der Begriff Urlinie ein Auf und Nieder von Skalenabschnitten (»Zügen«), die als lineare Satzgerüste gedacht sind, während in einer späteren Phase ab der Mitte der 1920er Jahre in Schenkers Entwicklung alle steigenden und fallenden Züge einer einzelnen kontinuierlich absteigenden Linie untergeordnet werden, die dann als einzige »Urlinie« heißt.[34]

6.

Um mit dem Selbstverständlichen zu beginnen: Die Rekonstruktion von Urlinien und das Arbeiten mit Grundgestalten unterscheiden sich wesentlich darin, dass das eine der Analyse tonaler Musik, das andere der Komposition posttonaler Musik dient. Dennoch zeigen die Konzepte auffällige Gemeinsamkeiten, die den Fokus der Aufmerksamkeit, das Zusammenwirken der Teilelemente, den systematischen Impetus und ästhetische Vorannahmen betreffen. In einem fiktiven Gespräch über ihre grundsätzliche Ausrichtung würden Schenker und Schönberg zunächst darin übereinstimmen, dass musikalischer Zusammenhang sich primär auf Tonhöhen beziehe, der Rhythmus hingegen für die Geschlossenheit eines Werks ein sekundäres Moment darstelle. Ihre Konzepte sind auf diastematischen Zusammenhang ausgerichtet, Aspekte des Rhythmus werden in ihrer Theorie kaum ausgeführt. Das heißt freilich nicht, dass sie die rhythmische Gestaltung ignoriert oder geringgeschätzt hätten. Schönberg war sich gewiss im Klaren darüber, dass gerade in der rhythmischen Ausgestaltung, für die seine Methode alle Freiheiten ließ, die kreative Kraft eines Komponisten oder einer Komponistin liege; sie macht die Stücke besonders und gibt ihnen individuelles Profil. Auch für Schenker waren Tondauern und metrische Positionen keineswegs gleichgültig, bestimmen doch gerade sie die Funktion einzelner Noten im Gesamtzusammenhang. Was Akkordton, was Durchgang oder Vorhalt ist, ergibt sich wesentlich aus der rhythmischen Konstellation.

Schenker und Schönberg würden weiter darin übereinstimmen, dass Vertikale und Horizontale auf das Engste verbunden sind. Nach dem Vorbild der Tonalität, in der die Tonleiter sämtliche melodischen wie harmonischen Elemente bereithält, suchte Schönberg eine Technik, die es erlaubte, Melodien wie Akkorde aus demselben Material herzustellen. Bereits bei der Zusammenstellung der Tafel von Tetrachorden zu den Klavierstücken, die später unter dem Titel Suite für Klavier op. 25 erschienen, setzte Schönberg zwischen die Tetrachorde Akkorde, die sich aus deren Elementen zusammensetzten.[35] Dass die für spätere Stücke verwendeten Zwölftonreihen Melodik wie Harmonik speisten, gehört zu den Grundlagen der »Komposition mit zwölf aufeinander bezogenen Töne«. Melodik und Harmonik erscheinen so als zwei Seiten derselben Medaille. Auf ähnliche Weise verklammern Schenkers »Züge«, so wie die Urlinie, beide Bereiche. Denn stets repräsentieren sie die melodische Entfaltung eines Klanges, verbinden die Töne eines Akkordes, der durch den Zug »prolongiert« wird, und sind solcherart harmonisch aufgeladen: ein Terzzug verbindet Terz und Grundton (oder Quint und Terz) eines Akkordes, ein Quartzug Quint und Oktav, ein Quintzug Quint und Grundton, ein Sextzug Terz und Oktav.

Neben dem Fokus auf diastematischen Zusammenhang und der reziproken Bezogenheit von Vertikale und Horizontale verbindet Schenker und Schönberg in ihren theoretischen Konzepten der 1920er Jahre drittens die Auffassung, dass sich komplexe musikalische Strukturen aus nichts anderem als einfachen Keimzellen oder elementaren Bausteinen aufbauen. Sämtliche Elemente des Satzes werden ihrer Auffassung nach kompositorisch aus elementaren Gestalten entwickelt und lassen sich analytisch restlos wieder darauf zurückführen. »Die Grundgestalt ist das Gesetz für das betreffende Stück«, fasst Erwin Stein Schönbergs Konzept der frühen 1920er Jahre lapidar zusammen.[36] Bei Schenker klingt das 1921 blumiger, läuft aber auf eine entsprechende innere Konsistenz aller Elemente hinaus: »Die Urlinie birgt in sich die Keime aller das Tonleben gestaltenden Kräfte«; sie geht »vom ersten bis zum letzten Ton mit«.[37]

Ein vierter und letzter Punkt der Gemeinsamkeit zwischen Schenker und Schönberg besteht in der Vorstellung, dass sich die Fülle der musikalischen Zusammenhänge nicht unmittelbar hörend erschließt, dass diese Fülle verborgen bleibt und es der Analyse bedarf, um sie vollends zu erfassen. Wenngleich die konstruktive Seite von Schönbergs Komponieren dem »Wunsch nach einer bewußten Beherrschung der neuen Mittel und Formen« folgte,[38] begleitete ihn zeitlebens die Vorstellung, dass sein Formgefühl Ordnung schuf, selbst wenn ihm dies beim Komponieren nicht bewusst war. In der Harmonielehre von 1911 gibt er sich überzeugt, dass jeder Klang, den er schreibe, »dem Zwang einer unerbittlichen, aber unbewußten Logik in der harmonischen Konstruktion« gehorche.[39] In seinem Aufsatz zur »Komposition mit zwölf Tönen« erzählt er staunend, wie er Jahre nach der Komposition, bei der späteren Analyse des Satzes, erkannt habe, wie eng die beiden Hauptthemen seiner ersten Kammersymphonie op. 9 zusammenhingen.[40] Noch zwei Jahre vor seinem Tod zeigt er sich in einem Vortrag überrascht über das unvermutete Auftauchen konsonanter Klänge in seiner Musik, und erklärt es mit dem Wirken einer ihm unbewussten musikalischen Logik:

Whether certain of my compositions fail to be ›pure‹ because of the surprising appearance of some consonant harmonies – surprising even to me – I cannot, as I said, decide. But I am sure that a mind trained in musical logic will not fail, even if it is not conscious of everything it does. And I hope that again an act of grace might come to my rescue, just as it did in the case of the Kammersymphonie and might unveil the coherence in this discrepancy.[41]

Ähnlich begreift Schenker Komponisten als Medium einer höheren »Gewalt«, die jene zu einem »förmlich willenlosen Werkzeug der […] Urlinien« macht; wo die Urlinie am Werk ist, vollzögen sich Prozesse »wundersam geheim«.[42] So fand sich Schenker mit seinen Analysen vor der Aufgabe, »die hintergründige Welt in der Musik als Erster aufzudecken«.[43] Das Bild von Vordergrund und Hintergrund und den »Schichten«, die dazwischen liegen, setzt er in den analytischen Grafiken um, wo Schicht für Schicht untereinander steht und sich zunehmend nach unten hin füllt. Die Zusammenhänge im Vordergrund, im konkreten Notentext, lassen sich hörend nachvollziehen; dagegen gibt es in den hinteren Schichten verborgene Beziehungen, die sich erst der Analyse erschließen:

Während vor unserem Ohr Motive und Melodien sich in Wiederholungen tummeln, die leicht wahrnehmbar sind, zeugt sie [die Urlinie] in ihrem Ur-Schoß Wiederholungen verborgener höchster Art. Die da von Wiederholungen in der Musik sprechen und über deren Trieb spötteln, verraten damit deutlich, daß sie eben erst nur die im Vordergrunde hören, aber noch nichts von den urgewaltigen Hintergrund-Wiederholungen der Urlinien vernommen haben.[44]

7.

Trotz mancher Gemeinsamkeiten und Entsprechungen bleibt ein grundlegender Unterschied zwischen den Konzepten, die Schenker und Schönberg im Wien der 1920er Jahre entwickelten. Dieser Unterschied betrifft das Grundprinzip des Aufbaus. Die Differenz zeigt sich schon in der Metaphorik, die die beiden Theoretiker anwendeten. Schenker sprach von Keimen, Wachstum und Entwicklung, von Ausfaltung, Aufblätterung und Verwandlungen; seine Vorstellungswelt war diejenige Goethes und dessen Urpflanze als dem Typus sämtlicher Pflanzen.[45] Schönberg dagegen enthielt sich solcher organischer Metaphern. Er arbeitete 1921 in Mattsee an der Revision seiner Harmonielehre und schrieb anschließend einen unvollendet gebliebenen Aufsatz, den er als »Vorarbeit« zu drei geplanten Büchern (Kontrapunkt, Formenlehre, Instrumentationslehre) ansah, die sämtliche Disziplinen der Kompositionslehre abdecken sollten – auch das eine mögliche Resonanz mit Schenker, der bis dahin Harmonielehre (1906) und Kontrapunkt I (1910 – Band II sollte 1922 erscheinen) veröffentlicht hatte.[46] In diesem Text mit dem Titel »Die Lehre vom Zusammenhang« lehnt Schönberg den Begriff der »Keimzelle« ab; dieser sei zu sehr mit der Vorstellung eines linearen Nacheinanders verbunden, in dem ein Element das nächstfolgende hervorbringt. Stattdessen spricht er nüchterner von einer »Grundgestalt«, auf die auch »weit vom Ursprung sich entfernende Gestalten« zurückgeführt werden können, ersetzt also das Bild des Keimes durch das des Ursprungs.

Das in Mattsee geschriebene Aufsatzfragment bildet den theoretischen Hintergrund für die neue Reihentechnik, die Schönberg wenige Wochen später für sich und die Welt entdeckte. Dass der Aufsatz trotz seiner unabgeschlossenen Form für Schönberg große Bedeutung hatte, zeigt schon die Tatsache, dass er ihn Anton Webern bei dessen Besuch in Traunkirchen vorlas.[47] Schönberg nennt im Aufsatz die Teile des Ganzen »Bestandteile«, bezogen auf Musik spricht er, wie erwähnt, auch von »Gestalt« und »Grundgestalt« ‒ Begriffe, die er Bergs Notizen zufolge in den Vorträgen an der Jahreswende 1921/22 wieder verwendete und die dann ja auch in den erwähnten Aufsatz von Erwin Stein eingingen.[48] Schönberg legt in diesem Text zwei Grundsätze nieder: (1) In Musik ist ein Zusammenhang der Bestandteile/Gestalten unerlässlich: »In der Musik kann nur verbunden werden, was inhaltlichen Zusammenhang hat.« (2) Zusammenhang ergibt sich durch Übereinstimmung der Elemente von Bestandteilen. Für die Darstellung dieser Definition bedient sich Schönberg einer Serie von Buchstaben: Zwischen A und B bestehe ein Zusammenhang, wenn sich A aus den Teilen a, b, c, d, e, f, g, h und B etwa aus den Teilen a, d, e, g, h, i, k, l zusammensetze.[49] Dabei fällt auf, dass er hauptsächlich den Aufbau der Bestandteile und ihren Zusammenhang untereinander anspricht, jedoch kaum auf die Anordnung der Bestandteile eingeht. Erwähnt wird lediglich, dass in der Musik später auftretende Gestalten den Zusammenhang von früher erscheinenden mit dem Ursprung zeigen können, etwa wenn A und B keine gemeinsamen Elemente enthalten, im Nachhinein aber durch ein C, das Elemente beider in sich vereint, miteinander verbunden werden.[50] Ansonsten vermeidet Schönberg Begriffe wie ›Folge‹ oder ›Prozess‹, blendet also in seinen grundsätzlichen Überlegungen die Zeitachse so weit wie möglich aus.

Ohne dass Schönberg in diesem Text es ausdrücklich sagt, folgt die Anordnung der Bestandteile dem Prinzip der Addition. Die Teile stehen nebeneinander, weitere können dazutreten, ohne die übrigen dadurch zu verändern. Um das am Beispiel des Präludiums von op. 25 zu illustrieren, könnte man abzählen, wie viele Tetrachorde der erste Abschnitt des Satzes (Rasch, T. 1–9) umfasst. Dabei ergibt sich eine Zahl von 27, vier Mal erscheint die Grundgestalt mit ihren Transformationen (Umkehrung, Krebs) untransponiert, fünf Mal in der Transposition. Eine solche Statistik ist ähnlich nutzlos wie die Angabe, wie viele Sextakkorde und verminderte Septakkorde ein tonaler Satz enthält. Dennoch ist die Tatsache, dass man die Zahl der verwendeten Gestalten genau bestimmen kann, aussagekräftig: Das Stück besteht aus lauter gleichförmigen Grundelementen und ist so einheitlich gestaltet, dass man die Elemente abzählen kann wie die Ziegel einer Mauer. Zugleich weiß man: Soll das Stück länger dauern oder sollte es dichter werden, müssten weitere Gestalten hinzugefügt werden.

Während also Schönberg die Ausdehnung eines Stückes als ein Nebeneinander von Bestandteilen, die additiv hinzutreten, auffasst, erklärt sie Schenker als ein Ineinander von Elementen, einem Prinzip der Insertion folgend. Die Urlinie wird nicht durch Anfügen ähnlicher Bestandteile zu einem konkreten Musikstück entwickelt, sondern durch die Erweiterung ihrer Elemente, die so in immer größere Distanz zueinander rücken. Schenker nennt diese Technik »Auskomponierung« oder »Prolongation«. Die Mittel der Erweiterung sind ornamentaler Natur: Durch Diminution werden melodische Schritte oder Sprünge mittels eingefügter Töne oder Tongruppen angereichert. In Schenkers Konzept tonaler Musik ist der Durchgang als elementarste Form der Diminution ein zentrales Element. Durchgänge können durch kontrapunktische Bewegung ›konsonant gemacht‹ und die resultierenden Harmonien wiederum auskomponiert werden. In der Bewegung vom ›Hintergrund‹ zum ›Vordergrund‹ wiederholen sich diese Prozesse, was dazu führen kann, dass etwa zwischen dem ersten und dem zweiten Ton der Urlinie weite Strecken liegen können. Bei Schönberg folgen die Töne der einzelnen Gestalten stets unmittelbar aufeinander oder erklingen im Akkord sogar gleichzeitig.

Die Arbeit mit Grundgestalten ist eine Kompositionsmethode; wer die Prinzipien kennt, kann damit die Genese von Werken untersuchen. Schenkers Darstellung zielt nicht auf die Genese eines Werkes; die Vorstellung, dass Komponisten ihre Arbeit damit begonnen hätten, eine Urlinie festzulegen und anschließend zu erweitern, liegt ihm vollkommen fern. Während die Grundgestalt den Ausgangspunkt des Kompositionsprozesses bildet, repräsentiert die Urlinie einen abstrakten Typus, der den Zusammenhalt aller Elemente eines Satzes darstellen soll: Sie ist ein Mittel analytischer Darstellung, nicht ein Stadium im Prozess des Komponierens.

Eine weitere Folge der zugrundeliegenden Prinzipien der Addition und der Insertion bildet schließlich eine Differenz zwischen Schenker und Schönberg in der Zuordnung von Elementen zu größeren Einheiten. Bei Schenker können Töne in verschiedenen Schichten Elemente von mehreren Bestandteilen sein: Was in einer tieferen Schicht ein Durchgang ist, kann in einer dem Notentext näheren Schicht Akkordton werden und Ausgangspunkt eines Zuges. Damit gehört er in der ersten Schicht einem anderen Zug an als in der zweiten. Der Prozess kann noch verschieden wiederholt werden, sodass dieselben Töne unterschiedliche Funktionen übernehmen und sich in unterschiedliche Zusammenhänge einfügen. Bei Schönberg ist hingegen ein Ton normalerweise genau einer Gestalt zugewiesen, was in Analysen dadurch veranschaulicht wird, dass er eine Zahl von 1 bis 12 trägt. Ausnahmen davon gibt es, wo Gestalten verschränkt werden, sodass der letzte Ton oder das letzte Tonpaar der vorigen Gestalt mit dem ersten Ton oder Tonpaar der folgenden Gestalt zusammenfällt; gelegentlich kann es auch einzelne mittlere Töne betreffen, die zugleich zwei Reihenformen angehören.[51] Die Multifunktionalität von Tönen ist hier die Ausnahme, bei Schenker die Regel.

8.

Die Behauptung einer Resonanz zwischen Schenker und Schönberg impliziert nicht notwendig eine bewusste gegenseitige Wahrnehmung. Von Schenker sind keinerlei wertschätzende Bemerkungen über Schönberg überliefert. Er kannte die Harmonielehre, hörte Aufführungen des ersten Streichquartetts op. 7 und der ersten Kammersymphonie op. 9 sowie die Instrumentierung der beiden Choralvorspiele von Bach.[52] Im Kreise Schenkers kursierten durchaus anerkennende Stellungnahmen Schönbergs zu Schenker. Moriz Violin gegenüber »gestand er, alles von mir [Schenker] gelesen zu haben, [er] finde alles phantastisch, nur die Urlinie verstehe er nicht.« Gegenüber Furtwängler zeigte sich Schönberg 1929/30 angeblich sehr enthusiastisch; »Schenker sei der größte Theoretiker heute«.[53] Schönberg besaß einige Bücher Schenkers; annotierte, meist kritische Bemerkungen belegen, dass er sie, zumindest teilweise, auch las.[54] Unabhängig davon gründet die Resonanz im Denken der beiden so unterschiedlich ausgerichteten Theoretiker und Komponisten wohl hauptsächlich auf gemeinsamen Rahmenbedingungen und einem Zeitgeist, dem beide wissentlich oder unwissentlich auf die eine oder andere Art folgten.

Von einer gegenseitigen Beeinflussung kann keine Rede sein. Um aber ein weiteres Indiz einer Resonanz anzusprechen, lässt sich abschließend die Beobachtung anfügen, dass sich in den frühen Konzepten beider Theoretiker und in ihrer Umsetzung Elemente der jeweils gegensätzlichen Anschauung finden. So hält Schenker lange an der Analyse von Motivbeziehungen fest, obwohl sie auf Wiederholung beruhen und damit einem additiven Prinzip folgen.[55] Das erste Heft des Tonwillen von 1921 bietet dafür reichlich Beispiele. Auf der anderen Seite überrascht Schönberg in seinen Skizzen zu op. 25 dadurch, dass er beim Ausprobieren von melodischen Möglichkeiten auch ornamentale Muster anwendet. Auf dem erwähnten Skizzenblatt, das er mit »26. Juli 1921« datierte, verteilt er in der ersten Skizze die Töne der Tetrachorde so, dass die Grundgestalt auf die schweren Taktteile fällt, damit den melodischen Kern bildet, und die beiden übrigen Tetrachorde sich auf zweitönige Schleifer aufteilen, die den Haupttönen vorangestellt werden.[56] Ornamentale Gesten, wie man sie in der tonalen Musik als Vorhalte, Vorschläge, Triller, Tremoli etc. kennt, finden sich bei Schönberg ohnedies auch in der posttonalen Musik häufig.

Erst allmählich rückten in den folgenden Jahren die Konzepte in die Position polarer Gegensätze. Die Geschehnisse der Sommermonate 1921 lassen wie in einem Brennglas die starken Gemeinsamkeiten von Schenker und Schönberg hervortreten, Verbindungen, die sich aus ihrer Rolle als assimilierte Juden ergaben, aus der Konfrontation mit Antisemitismus und dem daraus folgenden mächtigen Impuls, Besonderes zu leisten. Auch zeigt sich, dass der Kontrast ihrer Ansätze, die ornamentalen (Insertion) oder additiven Prinzipien folgen, durch Gemeinsamkeiten aufgewogen wird, die sich aus Traditionen ergeben, denen beide verpflichtet waren: Der enge Bezug von Horizontale und Vertikale ergibt sich aus der Beschaffenheit tonaler Musik; der Fokus auf Tonhöhen spiegelt die musiktheoretische Tradition, in der beide standen; der Aufbau komplexer Strukturen aus kleinen Einheiten und der Zusammenhang, der im Hintergrund wirkt und dessen Erkenntnis der Analyse bedarf, verweisen auf Ideen, die die Zeitgenossinnen und Zeitgenossen Schenkers und Schönbergs auch in anderen Disziplinen und Kunstsparten umtrieben. Urlinie und Zwölftonreihe sind Kinder ihrer Zeit und können mit Fug und Recht als Zeitgenossinnen gelten.

Anmerkungen

1

Arnold Schönberg Center Wien, ASCC ID 18841. Zur gesamten Affäre siehe ausführlich und mit Auswertung vieler bisher unbekannter Quellen Muxeneder 2019, bes. 176–199 und 219–254, das zitierte Schreiben 232 (irrtümlich mit »angehalten« anstelle von »empfohlen« am Zitatende) sowie dessen Faksimile 233.

2

Salzburger Chronik für Stadt und Land, 5.7.1921, 1 f., siehe Muxeneder 2019, 248 f.

3

Reichspost, 6.7.1921, 4, siehe Muxeneder 2019, 250.

4

Neue Freie Presse, 30.6.1921, 5 (Bericht des Grazer Korrespondenten); vgl. mit ähnlichem Wortlaut Prager Tagblatt, 30.6.1921, 3 (»Ein Leser unseres Blattes teilt uns mit […]«).

5

Zum jüdischen Selbstverständnis in den letzten Jahrzehnten der Habsburger Monarchie vgl. Wistrich 1989 sowie Rozenblit 2001. Zur Situation nach dem Ersten Weltkrieg vgl. Rozenblit 1994.

6

Vgl. Eybl 2015b. Die Klavierbegleitung übernahm an diesem Abend Alexander von Zemlinsky.

7

»Arnold Schoenberg«, in: Schenker Documents Online. https://schenkerdocumentsonline.org/profiles/person/entity-000798.html (19.12.2021)

8

Vgl. Hailey 2006 und »Universal Edition (UE)«, in: Schenker Documents Online. https://schenkerdocumentsonline.org/profiles/organization/entity-002408.html (19.12.2021).

9

Vgl. Mailänder 2010, bes. 242 und Achrainer 2010, bes. 293–301.

10

Vgl. Waitzbauer 2003 und Lichtblau 2010, bes. 121–123. Ähnliche Entwicklungen an der Nord- und Ostsee untersucht Bajohr 2003.

11

Vgl. Eybl 2011.

12

Tagebuch, 7.9.1919, in: Schenker Documents Online.

https://schenkerdocumentsonline.org/documents/diaries/OJ-02-14_1919-09/r0007.html (19.12.2021)

13

Alban Berg an Helene Berg, 28./29.6.1921, zit. bei Muxeneder 2019, 226.

14

Arnold Schönberg an Emil Hertzka, 8.7.1921 (Arnold Schönberg Center Wien [Universal Edition Collection], ASCC ID 616), maschinschriftlich mit handschriftlichen Ergänzungen. http://archive.schoenberg.at/letters/letters.php?id_letters=616&action=view&sortieren=id%20DESC&vonBis=0-19

(19.12.2021) [Kommata ergänzt, Tippfehler stillschweigend korrigiert]

15

Tagebuch, 30.9.1925, in: Schenker Documents Online. https://schenkerdocumentsonline.org/documents/diaries/OJ-03-07_1925-09/r0030.html (19.12.2021)

16

Vgl. Eybl 1995, 11–29, Reiter 2003, 135–159 sowie Cook 2007, 143–155.

17

Auslöser der Debatte war ein Vortrag von Philip Ewell bei der Jahrestagung der Society for Music Theory 2019 in Columbus, Ohio, und der daraus entstandene Aufsatz Music theory and the white racial frame (Ewell 2020). – Der Vorwurf, Schenker sei Rassist, beruht aus meiner Sicht auf falschen Voraussetzungen, so als könnte man Texte, Begriffe und Vorstellungen einer fernen Vergangenheit unbesehen mit den Maßstäben der Gegenwart messen und als ließen sich unbefriedigende Zustände der Gegenwart – konkret: die mangelhafte Repräsentation von afroamerikanischen Forscherinnen und Forschern in der US-amerikanischen Music Theory – durch Rekurs auf jene Vorstellungen der Vergangenheit, die in einem anderen Kontinent, einer anderen Epoche, einem anderen Soziotop kursierten, ohne Weiteres erklären und zusammen mit diesen zum Verschwinden bringen.

18

Arnold Schönberg an Emil Hertzka, 8.7.1921 (ASCC ID 616), vgl. Muxeneder 2019, 232.

19

Ebd., 194.

20

Arnold Schönberg an Alma Mahler, 28.8.1914; Beitrag zu den Richtlinien für ein Kunstamt von Adolf Loos (1919), beides zit. nach Krones 2017, 329 f.

21

Schenker 1921b, 20.

22

Schönbergs Handexemplar des Tonwillen, Heft 1, Arnold Schönberg Center Wien P16, zit. nach Muxeneder 2019, 195.

23

Heinrich Schenker an Oswald Jonas, 21.12.1933, in: Schenker Documents Online. https://schenkerdocumentsonline.org/documents/correspondence/OJ-5-18-33.html

(19.12.2021). Zur Verbindung von Judentum und Deutschtum in Schenkers Selbstverständnis siehe Cook 2007, 199–245 (»The Politics of Assimilation«) und Eybl 2018.

24

Krämer 2020, 47.

25

Arnold Schönberg an Alma Mahler, 26.7.1921 (Arnold Schönberg Center Wien [Marina Mahler Collection] / ASCC ID 6079), vgl. Muxeneder 2019, 239; Krämer 2020, 50 (mit einem Faksimile des Briefs).

26

Rufer 1959, 26.

27

Muxeneder 2019, 180.

28

Zu diesem, wie er es nennt, »Komponieren mit Grundgestalten« vgl. Krämer 2020, 52–55. Als wichtige Quelle nennt Krämer den Aufsatz »Neue Formprinzipien« (1924) von Erwin Stein. Mindestens ebenso wichtig erscheint eine historisch noch näher liegende Quelle, nämlich eine Mitschrift Alban Bergs von einem Vortrag, in dem Schönberg um die Jahreswende 1921/22 die neue Methode seinen Schülern vorstellte, vgl. Eybl 2017. – Grundlegend zum Problemkreis vgl. Hamao 1988; Sichardt 1990; Haimo 1992; Simms 2000; How 2009, 67‒124.

29

Die Identifizierung dieses Skizzenblattes gelang Ulrich Krämer (2020, 62–64).

30

Zu den Begriffen siehe Bergs Notizen in Eybl 2017, 254.

31

Der Begriff Tetrachord ist in der einschlägigen englischsprachigen Literatur eingeführt, vgl. etwa How 2009, 84 und passim sowie Brackett 2015.

32

Schenker 1921a.

33

Siehe Schenker Documents Online. https://schenkerdocumentsonline.org/profiles/work/entity-001737.html (19.12.2021)

34

Zur Entwicklung des Konzepts siehe Eybl 1995, 82–95 (hier als »Urlinie I« und »Urlinie II«).

35

Das Arnold Schönberg Center Wien bietet kostenlos Scans der Skizzen zu op. 25 an; die angeführte Tafel von Gestalten findet sich auf Seite 7. http://archive.schoenberg.at/compositions/manuskripte.php?werke_id=193&id_quelle=1564&id_gatt=&id_untergatt=&herkunft=allewerke (19.12.2021)

36

Erwin Stein, »Neue Formprinzipien«, in: Musikblätter des Anbruch 6/7–8 (August/September 1924: Sonderheft Arnold Schönberg zum fünfzigsten Geburtstage 13. September 1924), 286–303, das Zitat 293, zit. nach Krämer 2020, 53.

37

Schenker 1921a, 22 und 24.

38

Schönberg 1976, 75.

39

Schönberg 1911, 466.

40

Vgl. Schönberg 1976, 78 f.

41

Schönberg 1984, 92.

42

Schenker 1921a, 25 und 22.

43

Schenker 1935, 6.

44

Schenker 1921a, 22.

45

Differenzierend dazu Eybl 1995, 78–81.

46

Vgl Schönberg 1921. Ich beziehe mich hier auf 2–5 (Abschnitt II.1–7).

47

Anton Webern an Alban Berg, 27.8.1921, vgl. Muxeneder 2019, 243.

48

Vgl. Eybl 2017, 254; zu Stein siehe Krämer 2020, 52–54.

49

Schönberg 1921, 6–8 (Abschnitte III–V), die Zitate 8 und 7 (V.1 und IV.5).

50

Ebd, 3 (Abschnitt II.2) und 7 (Abschnitt IV.5).

51

Beide Fälle finden sich im erwähnten ersten Abschnitt des Präludiums aus op. 25: g1 und des2 am Beginn von Takt 5 bilden (unter Verwendung von Schönbergs Kürzeln) das Ende von TU (»Thema in Umkehrung«) und den Beginn von TK (»Krebs des Themas«). Der Tritonus aus genau diesen beiden Tonhöhen (in verschiedenen Registern) ist ein Kennzeichen der Grundgestalt, kehrt in den Transformationen, die genau daraufhin angelegt sind, wieder und prägt die gesamte Suite. Das d1 in Takt 8 ist der fünfte Ton von DU (»Dominante der Umkehrung«), die als Oberstimme einsetzt, dann in die Mittelstimme abtaucht, um schließlich als Bass zu enden. Zugleich gehört der Ton zu D, zur »Dominante« (Ton 7), die in Tenorlage einsetzt, bis die letzten vier Töne als Oberstimme darübergelegt werden.

52

Vgl. Heinrich Schenker, Tagebucheinträge vom 5.2.1907, 8.2.1907, 27.9.1924 und 15.11.1929, in: Schenker Documents Online. https://schenkerdocumentsonline.org/documents/diaries/OJ-01-06_1907-02/r0003.html; https://schenkerdocumentsonline.org/documents/diaries/OJ-01-06_1907-02/r0005.html; https://schenkerdocumentsonline.org/documents/diaries/OJ-03-06_1924-09/r0027.html; https://schenkerdocumentsonline.org/documents/diaries/OJ-04-03_1929-11/r0015.html

(19.12.2021)

53

Heinrich Schenker, Tagebucheinträge vom 30.12.1923 und 17.2.1930, in: Schenker Documents Online. https://schenkerdocumentsonline.org/documents/diaries/OJ-03-06_1923-12/r0030.html; https://schenkerdocumentsonline.org/documents/diaries/OJ-04-03_1930-02/r0017.html (19.12.2021)

54

Siehe das Verzeichnis der annotierten Bücher »Annotationen Bibliothek Arnold Schönberg«. https://www.schoenberg.at/images/stories/bilder_statische_artikel/archiv/annotationen_bibliothek.pdf (19.12.2021) Genannt werden hier Ein Beitrag zur Ornamentik (1904), Harmonielehre (1906), Kontrapunkt I (1910) und Beethoven’s Neunte Sinfonie (1912).

55

Vgl. Cohn 1992; Eybl 2015a.

56

Arnold Schönberg Center Wien, MS 25, 27E, in Faksimile und analytischer Transkription bei Krämer 2020, 62 f. (Skizze c1a).

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