Kranemann, Frederik / Derek Remeš (2020), »Die Fundamenta compositionis Jean Kuhnaus 1703. Edition, Übersetzung und Kommentar« [The ›Fundamenta compositionis Jean Kuhnaus 1703‹ - Edition, Translation, and Commentary], Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 17/2, 141–161. https://doi.org/10.31751/1084
eingereicht / submitted: 07/02/2019
angenommen / accepted: 07/06/2020
veröffentlicht (Onlineausgabe) / first published (online edition): 23/12/2020
zuletzt geändert / last updated: 26/03/2021

Die Fundamenta compositionis Jean Kuhnaus 1703

Edition, Übersetzung und Kommentar

Frederik Kranemann, Derek Remeš

Bis zum heutigen Tag bestehen Zweifel, ob Johann Kuhnau, Vorgänger Johann Sebastian Bachs im Amt des Leipziger Thomaskantors, tatsächlich als Autor der handschriftlich überlieferten Fundamenta Compositionis Jean Kuhnaus 1703 angesehen werden kann. Dennoch sprechen verschiedene Umstände dafür, die Entstehung des Manuskripts in die Zeit um 1700 und in die Thomasschule bzw. Kuhnaus engeres musikalisches Umfeld zu verorten. Ferner zeigen sich große Übereinstimmungen mit einem anonym als Kurtze Verfaßung überlieferten Manuskript, die möglicherweise auf weitere gemeinsame Quellen hinweisen. Unabhängig von der Frage nach der Verfasserschaft der Fundamenta besticht die Quelle – wie im übrigen schon ihr Titel suggeriert – durch ihren Fokus auf pädagogische und kompositionspraktische Absichten in der Vermittlung von Grundlagen, die in vielen zeitgenössischen theoretischen Quellen häufig nicht so offen zu Tage treten. Ihr Wert bemisst sich weniger an originellen Neuschöpfungen, denn an ihrer klaren, praxisorientierten Darstellung und zahlreichen Beispielen zu elementaren Themen wie Kon- und Dissonanzen, Modi, Klauseln, Kadenzen, mehrfachem Kontrapunkt und Fugen. Die Fundamenta stehen hierbei auf der Schwelle zwischen einer Musiktheorie und Kompositionslehre, deren pädagogische Absichten sich vornehmlich an Vokalmusik und kontrapunktisch-polyphonen Erklärungsmustern als Ausgangspunkt orientieren, und den mehr generalbass-basierten theoretischen Entwürfen der ersten Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts. Auf diese Weise eignen sich die Fundamenta in besonderer Weise für eine historisch informierte Analyse der Musik um 1700 (und darüber hinaus) sowie als Ausgangspunkt für das eigene Komponieren auf historischer Grundlage. Der einführende Teil dieses Beitrags beschäftigt sich mit den Entstehungsumständen und der Herkunft der Fundamenta, während der editorische eine vollständige Transkription samt englischer Übersetzung liefert.

Schlagworte/Keywords: archival studies; Archivforschung; compositional theory; Georg Österreich; Heinrich Bokemeyer; Johann Kuhnau; Satzlehre

Deutscher Kommentar von Frederik Kranemann, ins Englische übersetzt von Derek Remeš. Edition, herausgegeben und übersetzt von Derek Remeš

Kommentar

Die hier erstmals vollständig vorgelegte Transkription der Fundamenta Compositionis Jean Kuhnaus 1703 (Staatsbibliothek zu Berlin, Mus. ms. autogr. theor. Kuhnau, J. 1.)[1] und ihre englische Übersetzung machen einer breiten Leserschaft eine wichtige Quelle für die Rekonstruktion der Unterrichtspraxis an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert zugänglich. Sie ist spätestens seit ihrer Besprechung durch Kurt Hahn im Jahr 1956 und Paul Walkers Dissertation aus dem Jahr 2000 bekannt,[2] in ihrer Bedeutung jedoch bisher nicht in entsprechender Weise gewürdigt worden.

Auch wenn die Titelbeschriftung der Fundamenta einen Bezug zu Johann Kuhnau (1660–1722), Johann Sebastian Bachs Vorgänger im Amt des Leipziger Thomaskantors, nahelegt und die Versuchung groß ist, in dieser Quelle authentisches Unterrichtsmaterial aus dem Umfeld der Leipziger Thomasschule zu erblicken, sind weder ihre genauen Entstehungsumstände bekannt, noch liegen konkrete Zeugnisse über eine tatsächliche Verwendung in Kuhnaus Kompositionsunterricht vor. Ungeachtet dessen handelt es sich bei den Fundamenta um ein instruktives Beispiel für ein Kompendium der musica poetica, das Einblicke sowohl in den Aufbau eines mutmaßlichen Kompositionslehrgangs auf der Basis von Intervallfortschreitungsregeln als auch in die Schwerpunktsetzungen innerhalb einer kompositorischen ›Handwerkslehre‹ am Beginn des 18. Jahrhunderts ermöglicht.

Darüber hinaus hat sich in einem Konvolut musiktheoretischer Schriften, die gewissermaßen als »musiktheoretischer Anhang« der Musikaliensammlung »Österreich-Bokemeyer« verstanden werden können,[3] ein bisher kaum beachtetes Manuskript mit dem Titel Kurtze Verfaßung, wie ein musicalisches Stück ohne Fehler zu componiren sey erhalten. Es wurde von Heinrich Bokemeyer (1679–1751) erstellt und gehört ebenfalls zu den Beständen der Staatsbibliothek zu Berlin (Mus. ms. theor. 1640).[4] Da diese Quelle erhebliche Übereinstimmungen im inhaltlichen Aufbau und zahlreiche gleichlautende Formulierungen mit den Fundamenta teilt, wird sie im Folgenden in die Betrachtung einbezogen.[5] Weil es ferner mehrere Anzeichen dafür gibt, dass beide Quellen in enger Beziehung zu Georg Österreich (1664–1735) stehen, dem Lehrer Heinrich Bokemeyers, sollen im Folgenden ihre möglichen Entstehungsumstände rekonstruiert und auf der Basis der Forschungen von Hahn und Walker die Frage nach gemeinsamen Quellen, auf die beide Manuskripte zurückgehen, diskutiert werden. Zu diesem Zweck wird der Blick auch auf die Praecepta der musicalischen Composition von Johann Gottfried Walther (1684–1748), dem Weimarer Organisten, Lexikographen und entfernten Verwandten Johann Sebastian Bachs, gerichtet, da diese Abhandlung etliche Gemeinsamkeiten mit den Fundamenta und der Verfaßung aufweist. Wahrscheinlich ist, dass sowohl Fundamenta (mit Kuhnau als möglichem Autor) und Verfaßung als auch Walther in den Praecepta auf eine gemeinsame ältere Quelle zurückgriffen,[6] die heute nicht mehr auffindbar ist.

Die Schreiber und Besitzer der Manuskripte

Die Fundamenta sind in einem Halbleder-Einband enthalten, der vermutlich im späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert hinzugefügt wurde.[7] Laut einem Vermerk auf dem hinteren Innendeckel stammt er aus denjenigen Beständen der Musikaliensammlung von Georg Poelchau (1773–1836), die zusammen mit dessen Nachlass in die Königliche Bibliothek (bzw. die Nachfolgeinstitution, die Staatsbibliothek zu Berlin) gelangten.[8] Neben dem Manuskript der Fundamenta enthält der Band noch drei weitere musiktheoretische Traktate: jeweils eine Fassung der seinerzeit weithin rezipierten Schrift Ausführlicher Bericht vom Gebrauch der Con- und Dissonantien und des Gesangslehrwerks Von der Singe=Kunst oder Maniera, die beide Christoph Bernhard (1628–1692) zugeschrieben werden, sowie eine Fassung eines Traktats über den doppelten Kontrapunkt von Johann Theile (1646–1724). Diese mehrfach und mit verschiedenen Titeln überlieferte Schrift wird im vorliegenden Sammelband als Kurtze, doch gründliche Reguln von den doppelten Contrapuncten bezeichnet.[9] Den Entstehungszeitraum aller vier Handschriften des Bandes setzt Hahn im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts an.[10] Zwei weitere Abschnitte dieses Bandes, biografische Skizzen zu Johann Kuhnau sowie ein Verzeichnis seiner theoretischen Schriften,[11] sind eher dem 19. Jahrhundert zuzuordnen. Diese Abschnitte schließen an die Traktate auf f. 94v an, die heute als nicht mehr auffindbar gelten.[12]

Im Gegensatz zu den übrigen Traktaten des Sammelbandes weisen Titelblatt, Inhaltsverzeichnis und Haupttext der Fundamenta offensichtlich Charakteristika verschiedener Schreiberhände auf. Bereits zum Zeitpunkt der Abfassung von Hahns Studie identifizierte Harald Kümmerling, der als Erster die Beschreibung und Erforschung der Musikhandschriften der »Sammlung Österreich-Bokemeyer« unternommen hatte, die Beschriftung des Titelblatts der Fundamenta als Handschrift von Georg Österreich.[13] Als wahrscheinlich erweist sich daher eine Zuordnung des Sammelbandes in die Bestände Österreichs, die über seinen Schüler Heinrich Bokemeyer, dessen Schwiegersohn Johann Christian Winter, den Göttinger Musikwissenschaftler und ersten Bachbiografen Johann Nikolaus Forkel und schließlich Poelchau in die Bestände der Staatsbibliothek gelangten.[14]

Auf der Rückseite des Titelblatts wurde ein kurzes Inhaltsverzeichnis angelegt, das mit Institutio Kuhnaviensis (›Kuhnauischer Unterricht‹) überschrieben ist und damit die pädagogische Zielsetzung des Bandes unterstreicht. Weil die Seitenzahlen die Voraussetzung für die Indizes darstellen, wird auch dieses Inhaltsverzeichnis erst erstellt worden sein, nachdem die Paginierung der Handschrift (vermutlich ebenfalls durch Österreich) angelegt wurde. Ob es sich bei diesem Inhaltsverzeichnis allerdings wie beim Titelblatt um eine Eintragung Österreichs handelt, teilt Kümmerling nicht mit. Zudem verweisen unterschiedliche Tintensorten darauf, dass das Inhaltsverzeichnis zunächst unvollständig geblieben war und später ergänzt wurde.[15] Beide Anteile der Eintragungen könnten trotz unterschiedlicher Tintenarten vom selben Schreiber stammen, doch lässt sich eine Nachahmung der vorgefundenen Schreibgewohnheiten zum Zeitpunkt der Ergänzung nicht ausschließen.

Der Haupttext der Traktate wurde hingegen nicht von Österreich geschrieben. Ferner kann es sich, wie Hahn bereits deutlich gemacht hat, bei den Fundamenta entgegen der Signatur des Katalogs nicht um ein Autograph Kuhnaus handeln. Die Beschaffenheit einiger Schreib- und Sachfehler verweist eher auf einen Schreiber, der mit der musikalischen Terminologie nicht so gründlich vertraut gewesen zu sein scheint, wie es von einer Musikerpersönlichkeit wie Kuhnau zu erwarten gewesen wäre. Beispielsweise wird in Kap. V. § 25 der »Cantus durus als mollis erklärt« und in Kap. XIV lautet die Überschrift fälschlich »Von dem Contrapunct, welcher aus einem Ionico [statt Bicinio] ein Quatuor zu machen pfleget«.[16] Da der letztere Fehler in der Kapitelübersicht der Institutio ohne Korrektur übernommen wurde (im Abschnitt mit dunklerer Tinte), stellt sich die Frage, ob es sich hierbei um eine Nachlässigkeit Österreichs handelte oder ob dieses Versehen zwingend gegen seine Mitwirkung an dieser Stelle sprechen muss.

Der Schreiber des Haupttextes tritt den Nachforschungen von Daniel R. Melamed zufolge außerhalb des hier besprochenen Sammelbands noch in zwei weiteren Manuskripten des 18. Jahrhunderts in Erscheinung:[17] erstens als Schreiber des Kopftitels zu einer Partitur der Motette Erforsche mich, Gott von Sebastian Knüpfer (1633–1676)[18] und zweitens als Schreiber des Kopftitels zum Magnificat in C von Johann Kuhnau,[19] ein Umstand, der in ihm einen Angehörigen der Thomasschule oder ihres Umfelds vermuten lässt.[20] Da weder das Titelblatt der Knüpfer-Motette noch deren Notentext in der Partitur von diesem anonymen Schreiber stammen,[21] wäre es denkbar, dass sich seine Tätigkeit innerhalb einer mehr oder weniger offiziellen ›Schreibwerkstatt‹ mit spezialisierter Aufgabenverteilung weitgehend auf das Schreiben von Texten beschränkte.[22] Die Existenz einer solchen Kopierwerkstatt bleibt jedoch Spekulation.

Das Manuskript der Verfaßung wird in der Staatsbibliothek Berlin als Einzelabschrift mit eigenem Einband (vermutlich aus dem 19. Jahrhundert) überliefert. Im Gegensatz zum Sammelband der Fundamenta präsentiert sich diese Handschrift einheitlicher und ist von nur einem einzigen Schreiber erstellt worden. Explizite Hinweise auf seine Identität oder zur Datierung finden sich darin nicht. Ältere, nachträgliche Vermerke in Katalogen der Berliner Staatsbibliothek geben als Schreiber noch Georg Österreich an,[23] doch lassen sich relativ wenige Gemeinsamkeiten mit dessen übrigen Schreibgewohnheiten feststellen. Kümmerlings Hypothese, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Handschrift seines Schülers Heinrich Bokemeyer handele, bestätigen Vergleiche mit weiteren Bokemeyer-Abschriften.[24]

Die Fundamenta und die Verfaßung im Vergleich

Gemeinsam ist beiden Manuskripten die den jeweiligen Texten vorausgehende Abbreviatur für »Mit Gott«, die in den Fundamenta mit griechischen Buchstaben und in der Verfaßung mit dem lateinischen »C. D.« (Cum Deo) ausgedrückt wird. In anderen musiktheoretischen Handschriften der Sammlung, die von Österreich und Bokemeyer abgeschrieben wurden, tritt sie nicht auf. Dort ist die Abbreviatur »I. N. I.« für In Nomine Iesu gebräuchlich.

Der Inhalt der Fundamenta lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der erste der vier Hauptabschnitte enthält drei kurze Kapitel über Beschaffenheit und Verwendungsmöglichkeiten der Kon- und Dissonanzen. Hierauf folgt im zweiten Abschnitt eine ausführliche Beschreibung der Modi einschließlich ihrer Transpositionen sowie der Kadenzen, die sich über vier Kapitel erstreckt. Der dritte Teil umfasst eine umfangreiche Fugenlehre, während der letzte eine ausführliche Schilderung des umkehrbaren Kontrapunkts darstellt, die im Wesentlichen Bernhards Anhang von denen doppelten Contrapuncten aus dem Tractatus compositionis augmentatus entspricht.[25]

Die Unterschiede gegenüber der Verfaßung liegen vor allem in den Anfängen der beiden Schriften: Während die Fundamenta die Erklärung der verschiedenen Intervallgrößen mit dem Satz »Was Intervalla seyn, […] ist ex Modulatoria […] bekandt« der »musica modulatoria« zuordnen, folgt in der Verfaßung zunächst die Definition des »Sonus« als »Klang« und »Grund und Anfang aller Musicalischen Intervallen«. Daran schließt sich die Einschränkung an, die vorliegende »Methode« werde sich nur auf die Simultanintervalle beschränken, da die Sukzessivintervalle zur »Singekunst« gehörten und »dißmal an die Seite [zu] setzen« seien.[26] In der Verfaßung folgt eine übersichtliche Erläuterung aller Arten von Intervallen, wie sie aus den meisten Anleitungen zur ›musica poetica‹ aus dem 17. bzw. beginnenden 18. Jahrhundert vielfältig bekannt sind. Zudem wird die Unterscheidung zwischen ›einfachen‹ und ›gedoppelten‹ Intervallen erklärt.[27] Ab dem vierten Kapitel der Verfaßung, das dem ersten der Fundamenta entspricht, weisen beide Quellen (mit geringfügigen Abweichungen) bis zum §. 4 der Fundamenta weitgehende Textgleichheit auf.[28] Dagegen fehlen die §. 5–11 dieses Kapitels der Fundamenta über die verschiedenen Arten der »quarta« in der Verfaßung. Die anschließende Einteilung der Konsonanzen in »perfectae« und »imperfectae« ist in der Verfaßung an der oben angegebenen Stelle platziert. Den §. 5–11 entsprechen in der Verfaßung fünf leere Seiten, die diese fehlenden Inhalte bequem hätten aufnehmen können und vielleicht bewusst für eine spätere Vervollständigung frei gelassen worden sind. Darauf folgt eine Erklärung zum Transitus, deren Beispiele weitestgehend von Bernhard stammen, und die in beiden Quellen identisch ist. Die Kapitel IV (»De Triade harmonica«) und V–VII (Moduslehre) der Fundamenta fehlen hingegen in der Verfaßung.[29] Die beiden anschließenden Kapitel »De Fugis« und »Von dem doppelten Contrapunct insgemein« stimmen wiederum in beiden Manuskripten großenteils überein.

Eine Lehrschrift von Johann Kuhnau?

Die Titelbeschriftung der Fundamenta legt ihre Deutung als authentisches Unterrichtsmaterial der Leipziger Thomasschüler aus der Generation von Johann David Heinichen (1683–1729), Johann Friedrich Fasch (1688–1758) und Christoph Graupner (1683–1760) nahe. Jedoch lassen sich in den überlieferten Zeugnissen über Kuhnau ebenso wenig wie in den Quellen, die im Zusammenhang mit dessen Schülerkreis stehen, Hinweise auf eine tatsächliche Verwendung der Fundamenta im Unterricht finden.[30] Während Hahn noch anführt, dass sich Verbindungen des Manuskripts zu Kuhnau weder bestätigen noch widerlegen ließen, spricht Melameds Identifikation des Schreibers der Fundamenta mit dem des Kopftitels der Knüpfer-Motette zumindest für eine Verortung in das Umfeld der Thomasschule. Darüber hinaus stellt die Kombination von »Institutio« und »Kuhnaviensis« als Titulierung der Kapitelübersicht eine enge Verbindung zum Unterrichtsgeschehen her. Auch Walkers Zweifel an der Verlässlichkeit von Österreichs Zuschreibung an Kuhnau, die er mit Österreichs vermeintlicher gelegentlicher Ungenauigkeit bei Autorenangaben begründet,[31] werden durch den Umstand relativiert, dass persönliche Kontakte zwischen den beiden etwa gleichaltrigen Musikern aufgrund biografischer Gemeinsamkeiten nicht unwahrscheinlich sein dürften: Nach einer Ausbildung in Magdeburg unter Kantor Johann Scheffler hielt sich Österreich nachweislich zunächst seit dem 10. Mai 1678 als Alumnus der Thomasschule in Leipzig auf. Am 28. August 1680 verließ er die Stadt wegen der grassierenden Pest in Richtung Hamburg.[32] Johann Kuhnau studierte wie sein Bruder Andreas seit 1682 in Leipzig Jurisprudenz, bevor er 1684 das Amt des Thomasorganisten übernahm.[33] Zuvor war er in Dresden als Kapellknabe vom zweiten Hoforganisten Johann Heinrich Kittel ausgebildet worden und hatte zunächst einige Jahre in Zittau verbracht. Zum Wintersemester 1683/84 wiederum immatrikulierte sich Georg Österreich in Leipzig, wo er für ein Jahr blieb. Da die beiden jungen, begabten Musiker zur selben Zeit dort studierten, ist nicht auszuschließen, dass sie in dieser Zeit Umgang miteinander pflegten und auch weiterhin in Kontakt standen. Überdies könnte Österreichs Datierung »1703« auf dem Titelblatt der Fundamenta im Zusammenhang mit Kuhnaus weiterer Lebensgeschichte stehen. Mit der Übernahme des Thomaskantorats ab 1701 bestand für Kuhnau zusehends die Notwendigkeit, entsprechendes Lehr- und Unterrichtsmaterial für den Kompositionsunterricht interessierter Schüler und Alumni zu erstellen.[34] Dies könnte während seiner vorherigen Tätigkeit als Organist und Advokat eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben.[35]

Neben gelegentlichen Engagements als Sänger an den Opernhäusern in Braunschweig und Wolfenbüttel sowie den Amtsobliegenheiten eines Schlosskantors in Wolfenbüttel scheint Österreich, ähnlich wie sein Lehrer Johann Theile, seine Tätigkeit auf das Erteilen von privatem Gesangs- sowie Kompositionsunterricht ausgeweitet zu haben.[36] Dieser Zeitraum in Österreichs Biografie steht in enger Verbindung zu der auf dem Titelblatt der Fundamenta mitgeteilten Jahreszahl 1703. Seit einer offiziellen herzoglichen Erlaubnis vom 14. Juni 1702 lebte Georg Österreich in Braunschweig, wo er das Brauhaus seines Schwiegervaters Hans Darnedden geerbt hatte.[37] Zuvor hatte er das Amt eines Hofkapellmeisters in Diensten des Herzogs von Schleswig-Holstein-Gottorf bekleidet, dessen Hofhaltung jedoch infolge der Wirren des Großen Nordischen Kriegs brach lag. Nachdem seine Ersparnisse aufgebraucht waren, scheint sich Österreich verstärkt nach weiteren Erwerbsmöglichkeiten umgesehen zu haben, zumal eine offizielle Entlassung aus Gottorfer Diensten ausblieb und er sich für den Fall einer Restitution der dortigen Hofhaltung zur Verfügung halten musste.

Ferner könnten auch die Papiersorten, die in den Fundamenta verwendet wurden, sowie die Stadien der Bindung die unterschiedlichen Anteile Österreichs sowie des namentlich nicht identifizierten Schreibers aus dem Umfeld der Thomasschule und damit die Genese des Sammelbandes widerspiegeln:[38] Die Textteile der Fundamenta (mit Ausnahme ihres Titelblattes) sind auf Bögen geschrieben, deren Material Hahn als »Papier I« bezeichnet. Das Titelblatt der Fundamenta und die übrigen Schriften Bernhards und Theiles einschließlich des dem Ausführlichen Bericht vorangestellten Titelblattes wurden hingegen auf einem Papier notiert, das Hahn als »Papier II« bezeichnet.[39] Nimmt man an, dass beide Papiersorten in einem gewissen Bezug zum jeweiligen Schreiber stehen und nicht etwa exklusiv dem Leipziger Schreiber zur Verfügung standen, ist Folgendes denkbar: Bei »Papier I« dürfte es sich um eine Sorte gehandelt haben, die dem Schreiber aus dem Umfeld der Thomasschule bei Eintragung der Textteile als erste vorlag. Wird das Vorkommen der Handschrift Österreichs auf dem das »Papier II« verwendenden Titelblatt der Fundamenta dahingehend interpriert, dass diese Papiersorte in einem Bezug zu diesem Musiker stand, müssten sich spätestens mit dem Entstehen der Abschrift des Ausführlichen Berichts Bögen von »Papier II« auch im Gesichtskreis des Leipziger Schreibers befunden haben. Sofern Georg Österreich seine musiktheoretische Bibliothek nicht nur durch eigene Abschriften an seinen beruflichen Wirkungsorten (Hamburg, Gottorf und Braunschweig) erweiterte, sondern auch über briefliche Kontakte oder Vermittlung Dritter Schriften aus Leipziger Beständen erwarb, scheint es denkbar, dass Österreich auf die in Leipzig kursierenden Fundamenta aufmerksam wurde.[40] Der Schreiber aus dem Umfeld der Thomasschule fertigte zunächst noch auf dem an dieser Institution benutzten »Papier I« (vielleicht auf Österreichs Bestellung hin) eine Abschrift der Fundamenta an, die er Österreich zukommen ließ. Nachdem die Abschrift den Letzteren erreicht hatte, fügte dieser auf »Papier II« ein Titelblatt hinzu, sandte aber kurz darauf zwecks Erstellung weiterer Abschriften Bestände von »Papier II« nach Leipzig, um zunächst auf diesem anderen Papier den Ausführlichen Bericht und später die übrigen Traktate abschreiben zu lassen.[41] Leider bestimmt Hahn die Beschaffenheit von »Papier II« nicht näher, sodass vorläufig unklar bleiben muss, ob sich eine regelmäßige Verwendung von »Papier II« bei Österreich nachweisen lässt.

Indes könnte der Umstand, dass die ursprüngliche Paginierung nur die Fundamenta und den Ausführlichen Bericht umfasste, nicht aber Singe=Kunst und Kurtze Regulen, darauf hindeuten, dass zunächst nur die beiden ersteren Schriften zusammengebunden und als Sammelband in Österreichs Bibliothek vorhanden waren.[42] In dieser Form blieb die Handschrift wohl eine gewisse Zeit bestehen, bis Österreich auch eine Abschrift der Singe=Kunst vom Leipziger Schreiber erhielt. Dies machte eine Änderung des ursprünglich nur für den Ausführlichen Bericht vorgesehenen Titelblatts notwendig, indem der Zusatz Anleitung zur Composition ergänzt wurde. Die auffällig gedrungene Schreibweise nach einem Komma hinter »Composition« mit dem Zusatz »und Sing=Manier« auf dem rechts davon verbleibenden engen Raum könnte eine von Österreich vorgenommene Anpassung dieses Titelblatts darstellen.[43] Wahrscheinlich enthielt auch die Singe=Kunst zunächst keine Autorangabe, weshalb in der engen Lücke zwischen oberem Seitenrand und dem Titel der Zusatz »Bernhard« (wahrscheinlich durch Österreich) eingefügt worden ist. Die durchgehende Paginierung wiederum wurde von Österreich nicht fortgeführt. Schließlich wurden entweder diese drei Traktate (Fundamenta sowie Bericht und Singe=Kunst) als neuer Band zusammengebunden, oder Österreich nahm zusätzlich noch die Abschrift von Theiles Kurtzen Regulen mit auf, ohne ihr ein eigenes Titelblatt hinzuzufügen.

Schwierigkeiten bereitet die Datierung des Manuskripts der Verfaßung: Auch hier fanden mindestens zwei unterschiedliche Papiersorten Verwendung. Das am häufigsten auftretende Wasserzeichen ist auch in den Musikalienbeständen der »Sammlung Österreich-Bokemeyer« nachzuweisen und wird von Konrad Küster in Anlehnung an Kümmerlings Forschungen als »Postreiter« im Wechsel mit der Buchstabenfolge »IKB« bezeichnet.[44] Papiere mit diesem Wasserzeichen treten sowohl in Manuskripten von Georg Österreich[45] als auch in der Abschrift eines Nisi Dominus von Johann Joseph Fux durch Heinrich Bokemeyer auf.[46] Küster datiert die Verwendung von Papieren mit diesem Wasserzeichen auf die Zeit nach 1703.[47] Da zwei weitere Manuskripte der Sammlung mit dem verwandten Wasserzeichen »Postreiter NW« auf 1721 bzw. 1723 datiert sind, nimmt Küster an, dass die gesamte Gruppe von Abschriften in diesem relativ späten Zeitraum liegt. Eine derart späte Entstehung der Verfaßung erscheint allerdings fragwürdig, da Bokemeyers Abschrift im Vergleich mit den Fundamenta deutlich mehr Schreibfehler aufweist, die neben einigen grammatikalischen Errata vor allem lateinische musikalische Fachtermini betreffen. Derartige Versehen treten in seinen mit großer Sorgfalt erstellten Abschriften musiktheoretischer Traktate aus den 1710er und -20er Jahren so gut wie nie auf.[48] Obwohl sie in einer Art ›Kontrolldurchgang‹ zu einem späteren Zeitpunkt berichtigt worden zu sein scheinen,[49] hätte die Annahme einer so späten Entstehungszeit der Handschrift zur Folge, dass dem »gelehrten Cantor«[50] Bokemeyer eine ungewöhnliche Nachlässigkeit im Umgang mit lateinischen Begriffen unterstellt werden müsste. Plausibel erscheint hingegen die Annahme, dass der Schreiber mit Begriffen, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum allgemeinen musiktheoretischen Sprachgebrauch gehörten, wenig vertraut war. Dafür spräche auch, dass die Motivation für eine Abschrift der Fundamenta – wenn nicht zu Bokemeyers eigenem Gebrauch als Lehrschrift für Schüler – eher im Zusammenhang mit seiner Ausbildungszeit bei Österreich »um 1706« zu sehen wäre.[51] Zu diesem Zeitpunkt war Bokemeyer bereits etwa 27 Jahre alt und bekleidete seit 1704 das Amt des Braunschweiger Martini-Kantors. Die Abschrift einer Kompositionslehre ließe sich so auch im Zusammenhang mit Bokemeyers neuerlichen Dienstverpflichtungen, zu denen die Komposition von Kirchenstücken zählte, interpretieren. Hingegen dürfte das Komponieren im Rahmen seiner Organistenausbildung bei Johann Justus Kahle (um 1702) wahrscheinlich weniger im Vordergrund gestanden haben.[52] Sofern die Datierung in das Jahr 1703 auf der Titelseite der Fundamenta einige Glaubwürdigkeit für die Entstehungszeit der Handschrift beanspruchen kann, hätte das Manuskript bereits etwa drei Jahre als Unterrichtsmaterial vorgelegen, bevor der regelmäßige Kontakt zwischen Österreich und Bokemeyer einsetzte. So wäre zumindest denkbar, dass Bokemeyer (wohl gegen Zahlung) entweder die Fundamenta selbst oder eine andere, zusätzlich erstellte Fassung derselben wie auch andere Manuskripte aus Österreichs privaten Beständen kopierte. Für den Fall hingegen, dass keine persönlichen Kontakte zwischen Kuhnau und Österreich bestanden, müsste sich Kuhnaus Reputation als Lehrer bis zu Österreich herumgesprochen haben, der zum damaligen Zeitpunkt verhältnismäßig neues Lehrmaterial von ihm bezog.

Während die verschiedenen Textteile der Fundamenta zur selben Zeit entstanden sein dürften – so legen es die einheitliche Paginierung und die Erstellung durch einen einzelnen Schreiber nahe – deuten unterschiedliche Paginierungen in der Verfaßung darauf hin, dass hier einzelne Segmente zu unterschiedlichen Zeitpunkten zusammengebunden wurden: Ab der ersten Textseite setzt eine Paginierung von Bokemeyer ein, die bis »9« auf der letzten beschriebenen Seite fortgeführt wird. Darauf folgen fünf leere Seiten vom gleichen Papier (»Postreiter IKB«), die ohne Paginierung verbleiben. Eine spätere Paginierung mit Bleistift am oberen Rand (wohl 19. Jahrhundert oder später) führt ab dem nächsten beschriebenen Blatt (»Vom Gebrauch der Consonantien«) auf der ›recto‹-Seite die Zählung der verbleibenden Bögen fort (wieder beginnend mit »9« als Nummerierung des Bogens). Ab Bogen 13 tauchen nach der späteren Bleistift-Paginierung aus dem 19. Jahrhundert am unteren Rand sporadisch neue Seitenzahlen, beginnend mit der Ziffer »9«, auf, die der Schreibung nach ebenfalls von Bokemeyer stammen und wahrscheinlich heute größtenteils von dem Hinzufügen der Bindung verdeckt werden. Rekonstruiert man die nicht sichtbaren Zahlen, ergibt sich eine durchgehende Nummerierung, die auf der ersten wieder beschriebenen Seite nach den Leerseiten einsetzt, was darauf schließen lässt, dass der Band als Ganzes vor Auftreten der Bleistift-Paginierung aus dem 19. Jahrhundert keine einheitliche, fortlaufende Seitenzählung besessen haben dürfte. Diese unterschiedlichen Zählungen teilen den Band in ein »Fragment«, das das erste Kapitel bis einschließlich Teilen des vierten Kapitels umfasst, und einen Teil, der mit Vom Gebrauch der Consonantien beginnt und mit dem Fugenkapitel endet.[53]

Zur Bedeutung der Fundamenta

Vor allem die auf breiter Quellenbasis angelegte Kompilationsleistung verleiht den Fundamenta ihre Bedeutung als Dokument des zeitgenössischen musiktheoretischen Diskurses. Offen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Abhängigkeit der beiden Handschriften. So ist denkbar, dass die Fundamenta und die Verfaßung Material einer noch nicht identifizierten gemeinsamen Quelle enthalten. Zudem ist keineswegs sicher, dass die Verfaßung aus den Fundamenta abgeschrieben wurde. Beispielsweise stimmen die in beiden Quellen enthaltenen Schreib- und Sachfehler in nahezu keinem Fall überein: so findet sich die oben erwähnte Verwechslung von Ionico mit Bicinio in der Verfaßung nicht, dort ist die Überschrift in diesem Punkt korrekt formuliert.[54] Sollte also die Verfaßung als mutmaßlich jüngere Quelle von Bokemeyer tatsächlich aus dem in Österreichs Beständen enthaltenen Exemplar der Fundamenta abgeschrieben worden sein, wäre davon auszugehen, dass derlei Schreibfehler entweder nicht im Text korrigiert und nur mündlich mitgeteilt wurden, oder dass eine noch unbekannte Zwischenversion mit korrigiertem Text als Vorlage diente.[55]

Neben Hahn hat auch Walker das Verhältnis der Fundamenta zu anderen Schriften der Zeit untersucht. Beide machten auf auffällige Parallelen zwischen den Fundamenta und Walthers Praecepta (vollendet 1708) aufmerksam. Solche bestehen besonders in der Übernahme von Bernhards Anhang von denen doppelten Contrapuncten aus dessen Tractatus und der Übernahme einzelner Bernhard-Inhalte in das Fugenkapitel.[56] Daher findet sich bereits bei Hahn die Überlegung, dass die Praecepta durch das Datum ihrer Vollendung 1708 als jüngere Quelle aus den auf 1703 datierten Fundamenta hervorgegangen sein könnten. Er favorisiert allerdings die Idee einer gemeinsamen Quelle, da die Praecepta keine expliziten Hinweise auf die Fundamenta enthalten.[57] Hingegen ist der Befund, dass die Fundamenta in der Kuhnau-Biografie in Walthers Lexicon keine Erwähnung finden, nicht zwingend dahingehend zu interpretieren, dass Walther die Fundamenta nicht gekannt hat:[58] Dass die Fundamenta compositionis im Sinne eines relativ unspezifischen ›Sammelbegriffs‹ als Unterrichtsmaterial angesehen wurden, mag vielmehr darin begründet sein, dass sie folglich nie den Status einer vollständig abgeschlossenen Schrift wie beispielsweise Bernhards Ausführlicher Bericht oder auch Walthers Praecepta erlangten und durch Anpassungen und Erweiterungen möglicherweise nicht den Anspruch auf eine in sich abgeschlossene Anleitung zur musica poetica als feste bibliografische Einheit erfüllen konnten. Ferner ist ebenfalls denkbar, dass der Begriff Fundamenta als Bezeichnung für Kuhnaus Unterrichtsmaterial allein auf Österreich zurückgeht und die Lehrschrift ursprünglich einen anderen Titel trug.

Weiterhin sprechen biografische Aspekte dagegen, Fundamenta und Verfaßung als Verkürzungen eines ausführlicheren Walther-Inhalts zu sehen, da Kuhnaus Bekanntschaft mit den Praecepta erst für einen vergleichsweise späten Zeitpunkt dokumentiert ist. In einem Brief vom 3. Mai 1720 schreibt Kuhnau:

Dem Herrn Pagen Hofmeister Thielen diene ich mit dieser kurzen Nachricht, daß mir des Hrn. 8 Organisten Walthers Werkgen, so er Musicam Poeticam nennet, und deßen Partem generalem ich gelesen, sehr woll gefallen, und daß solches vor einem in der Musica Poetica, oder Composition so woll was die Theoriam, als auch Praxis anbelanget, was sonderliches thun will, sehr dienlich und nüzlich sey.[59]

Hieraus erhellt, dass Kuhnau die Erstellung der Fundamenta als ›Zusammenfassung‹ mit zahlreichen Abweichungen von Teilen aus Walthers Praecepta erst nach 1720 hätte beaufsichtigen können, da ihm die Schrift zuvor noch nicht bekannt war. In diesem Fall stünde jedoch die Datierung von Österreich auf 1703 in keinerlei Beziehung zur Entstehung der Handschrift.

Ebenso unwahrscheinlich ist, dass Bokemeyers Verfaßung allein auf Walthers Praecepta zurückgeht, da sie den Fundamenta weitaus näher steht. Ferner ist Bokemeyers Einsicht in Walthers Schrift erstmals in einem Brief vom 28. Januar 1734 nachweisbar, in dem Walther erwähnt, er werde seine »zusammen getragene Musicam Poëticam« als Teil der Praecepta in einer etwas fehlerhaften Abschrift an Bokemeyer senden.[60] Ein solch spätes Abschreibe-Datum würde sich zwar noch mit den Datierungen des verwendeten Papiers decken, allerdings die Schreibfehler dem über 50-jährigen Bokemeyer zuweisen.[61]

Einflüsse, mögliche Vorlagen und der Phrynis Mitilinaeus von Wolfgang Caspar Printz

Sehr wahrscheinlich ist also, dass sich alle drei Quellen auf gemeinsame ältere Vorlagen beziehen. Die Annahme ihrer Existenz lässt die Frage nach direkt nachvollziehbaren inneren Abhängigkeiten der Manuskripte und ihrer Autoren zusehends in den Hintergrund treten. Während sich in den Fundamenta keine Angaben über deren Quellen finden lassen und diese aus dem Text selbst erschlossen werden müssen, berichtet Walther in einem Brief vom 3. August 1731 an Bokemeyer, er habe seine Praecepta, »deren ich mich bey der Information bediene, […] aus des Jesuiten, Wolffg. Schonslederi, Architectonice Musices universalis, […] aus des Bernhardi teütschen Mst. und andern entlehnet u. zusammen getragen.«[62] Daneben konnten bereits Hermann Gehrmann,[63] Georg Schünemann[64] und Peter Benary[65] als weitere Autoren Wolfgang Caspar Printz, Antonio Bertali und Andreas Werckmeister für einzelne Abschnitte sowie Giovanni Maria Bononcini für die Kapitel über Kanon und Fuge ausmachen.[66]

Diese Art der Zurückverfolgung von Walthers Quellen lässt sich, bedingt durch die wörtlichen und inhaltlichen Übereinstimmungen in einigen Kapiteln, auch auf Fundamenta und Verfaßung übertragen. Einen wichtigen Hinweis liefert hierfür eine vierte Quelle mit teilweise konkordantem Material, wie Walker in seiner Besprechung der größtenteils identischen Fugenlehre von Fundamenta und Praecepta aufgezeigt hat: Es handelt sich um eine ebenfalls in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrte Handschrift (Mus. ms. theor. 1595), die mit dem Nordhäuser Kantor Christian Demelius (1643–1711) in Verbindung gebracht wird. Sie kann auf den Zeitraum um 1702 datiert werden,[67] da in ihr bereits auf den 1701 erschienen Bellum musicum von Johann Beer (1655–1700) verwiesen wird.[68] Während der zweite Teil aus einer vollständigen Version von Bernhards Ausführlichem Bericht besteht – eine Eigenschaft, die diese Handschrift mit dem Sammelband teilt, in dem die Fundamenta enthalten sind –, bietet der erste ein größtenteils auf Latein abgefasstes ›Best of‹ an Musiktheorie des 17. Jahrhunderts mit Auszügen aus Werken von Autoren wie Seth Calvisius, Johann Crüger, Johann Andeas Herbst, Athanasius Kircher und Andreas Werckmeister sowie weitere Bernhard-Anteile.[69]

Ein weiterer Autor ist in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse: Walker hat darauf aufmerksam gemacht, dass als Quelle für das in Mus. ms. theor. 1595 vorgestellte Material zum Thema der repercussio[70] ausdrücklich der heute verschollene vierte Teil des Phrynis Mitilinaeus von Wolfgang Caspar Printz (1641–1717) genannt wird.[71] Da sich genau dieses Material auch in den Fundamenta (allerdings ohne Nennung der Vorlage) wiederfindet,[72] ist denkbar, dass weitaus umfangreichere Teile oder das gesamte konkordante Material zur Fugenlehre aus dem Phrynis übernommen wurde.[73] Walthers Fassung könnte unter diesem Aspekt gegenüber den »knapperen« Texten der Fundamenta, der Verfaßung sowie Mus. ms. theor. 1595, eine weniger intensiv umgearbeitete Printz-Version repräsentieren. Folglich wären zumindest Teile des verschollenen vierten Teils des Phrynis durch Walthers Kompilation rekonstruierbar. Dafür spricht auch die Erscheinungsform des Textes bei Walther, die durch die Ausführlichkeit der Schilderung bestimmter Sachverhalte sowie die häufige Anführung der etymologischen Ursprünge im Griechischen und Lateinischen den erhaltenen Teilen von Printz‘ Phrynis weitaus ähnlicher als Fundamenta und Verfaßung ist. Sofern die Angabe 1703 in den Fundamenta verlässlich ist, müsste dieser vierte Teil von Printz’ Publikation auf den Zeitraum zwischen 1696 und 1703 datiert werden. Bereits 1696 erschien eine Ausgabe bei Johann Christoph Mieth in Dresden, die alle drei bisher veröffentlichten Teile in sich vereinigte. Zudem müsste die Schrift schon 1703 in verschiedenen, voneinander unabhängigen Kontexten verbreitet gewesen sein.[74] Für diese Abhängigkeit von Printz spricht weiterhin der Umstand, dass der Zusatz nach dem Titel in der Verfaßung »wie ein musicalisches Stück ohne Fehler zu componiren sey« eine große Ähnlichkeit mit dem Titel von Printz’ Phrynis aufweist. Dort lautet der Zusatz »wie ein Musicalisches Stück rein, ohne Fehler, und nach dem rechten Grunde zu componiren und zu setzen sey«, sodass eine Orientierung von Bokemeyers Formulierung an der Schrift von Printz wahrscheinlich ist.[75]

Für Walker scheint Kuhnaus Zurückhaltung in der Benennung von Gemeinsamkeiten zwischen Fundamenta und Praecepta im oben zitierten Brief Grund genug zu sein, an seiner Autorschaft an den Fundamenta zu zweifeln.[76] Kuhnau, so Walkers Vermutung, hätte wohl nicht versäumt, auf die Gemeinsamkeiten ›seiner‹ Fundamenta mit Walthers Praecepta hinzuweisen.[77] In Anbetracht einer gemeinsamen Quelle könnte es sich allerdings auch schlicht um die Würdigung von Walthers Kompilationsleistung handeln, die sich letztlich kaum von zeittypischen Praktiken des Exzerpierens unterschied und wie sie möglicherweise von Kuhnau selbst durch Aufnahme des fraglichen Materials von Printz und Bernhard (ähnlich wie in Mus. ms. theor. 1595) in vergleichbarer Weise vorgenommen wurde.

Unter anderem aus diesen Gründen liegt es nahe, in Printz neben Bernhard den wahrscheinlich meistrezipierten und bedeutendsten Musikschriftsteller des deutschsprachigen Bereichs in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu sehen. Zu den Rezeptionshindernissen von Printz’ Musiktheorie zählt aus Sicht heutiger Rezipient*innen ihre Einbettung in den Kontext der Gattung des Romans. Sollte es sich bei den Fundamenta und ihren konkordanten Quellen im Kern um ausgewähltes Printz-Material handeln, dürfte dies darauf deuten, dass die skizzierten Verständnisschwierigkeiten bereits an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert erkannt und durch Aussparungen zahlreicher Ausschmückungen in Printz’ Roman behoben wurden. Solche ›Bereinigungen‹ von anekdotischem ›Ballast‹ zwecks Kondensation musiktheoretischer Kerninhalte begegnen im Falle Österreichs auch im Konvolutband Mus. ms. theor. 1038 aus dessen Sammlung.[78] Dieser enthält verschiedene nachträglich zusammengebundene Exzerpte aus dem Phrynis von Printz. Vielleicht machte diese »zusammenfassende« Komponente gerade die Attraktivität der Fundamenta für Österreich aus, der sie anstelle des vierten Teils des Phrynis für seine Sammlung erwarb.[79]

Kontrapunktische Erklärungsmodelle vs. Generalbass am Anfang des 18. Jahrhunderts

Die Fundamenta und die mit ihnen teilweise konkordanten Quellen dokumentieren die Pluralität musiktheoretischer Entwürfe um 1700 und eine Neuorientierung in Fragen der kompositionspädagogischen Grundlagen. Eine besondere Stärke des Traktats liegt in der ausführlichen Klausel- und Kadenzlehre und ihrer Anwendung auf die Modi, die sich ebenfalls an Printz anlehnt. Allerdings deutet sich bereits der Niedergang der Moduslehre an, wenn z. B. das Phrygische an die Verhältnisse im Dorischen angeglichen und das System für etliche Transpositionen der Modi geöffnet wird.[80] Möglicherweise liegt hier bereits der Keim von Kritikpunkten einer ›progressiveren‹ Musiktheorie, die Johann David Heinichen, selbst Kuhnau-Schüler, schon in seinem ersten Traktat von 1711 polemisch formulierte:

Und bey solcher Methode [Generalbass] hat man auch nicht nöthig gehabt, daß man seinen Untergebenen von denen Discantisirenden, Tenorisirenden, oder Fistulirenden Clausuln und andern unnöthigen Zeuge hätte viel vorschreiben, oder vorsagen sollen.[81]

Hierin lässt sich unter Umständen eine versteckte Kritik an der Unterrichtspraxis seines Lehrers Kuhnau erkennen, innerhalb derer dem Generalbass nicht die von Heinichen erwünschte Rolle zukam. Demgegenüber findet sich in Johann Friedrich Faschs durch Walthers Lexicon übermittelter Biografie eine der wenigen direkten Aussagen über Kuhnaus Unterricht:

[Fasch] hat in Leipzig unter dem seel. Herrn Kuhnau die ersten fundamenta in der Music, und besonders im G. Basse geleget; bey dem Herrn Capellmeister Graupner aber in der Composition sich feste gesezet […].[82]

Hier zeigt sich, dass Kuhnau sehr wohl auch Unterricht im Generalbass erteilte, dieser aber vermutlich noch nicht wie später bei Heinichen als maßgebliches pädagogisches Mittel zur Vermittlung der Grundlagen kompositorischen Handwerks eingesetzt wurde. Hinzu kommt, dass der Unterricht im für die Generalbasspraxis unerlässlichen Spiel von Tasteninstrumenten nicht allen Schülern zu Teil wurde und gesondert bezahlt werden musste.[83]

Noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts erhält eine composition ihre Legitimation zuallererst durch ihre Konformität mit einer kontrapunktisch gerechtfertigten Regelpoetik. Grundlage ist weiterhin eine um neue Gebote und Lizenzen erweiterte Intervallfortschreitungslehre, wie sich beispielsweise anhand der Restaurationsbemühungen in den Schriften Jean-Philippe Rameaus zeigen lässt.[84] Im Falle der hier vorgelegten Manuskripte kommt die Bedeutung der Klausel- und Intervallfortschreitungslehre für den Unterricht auch darin zum Ausdruck, dass sowohl die Fundamenta als auch der erste Teil von Mus. ms. theor. 1595 zusammen mit Bernhards Ausführlichem Bericht überliefert wurden: einem Text, in dem sämtliche möglichen Fortschreitungen ausgiebig thematisiert werden. So lässt sich für die Umbruchszeit am Beginn des 18. Jahrhunderts, in die auch die Fundamenta fallen, hinsichtlich des Verhältnisses von ›vokalen Kontexten‹ und Generalbass festhalten, dass das Feld der composition nicht zwangsläufig vom Generalbass getrennt erscheint, aber bis zu einem gewissen Punkt und in einigen Stilbereichen relativ unabhängig von ihm funktionieren kann.

Anachronistisch wäre es, Heinichens Standpunkt bei der Bewertung der Fundamenta als repräsentativ für die zeitgenössische Rezeption anzusehen und so die Hintanstellung des Generalbasses hinter die kontrapunktischen Erklärungsmodelle als defizitär zu empfinden, bzw. die Erfahrungen einer deutlich späteren pädagogischen Tradition rückwirkend auch für die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert einzufordern.

Verschärfend kommt hinzu, dass es sich bei Fragen der Schwerpunktsetzung entweder auf (vermeintlich) rein ›vokal-orientierten‹ bzw. ›Kontrapunkt-fokussierten‹ Entwürfen oder aber auf der Generalbasslehre als Grundlage der Kompositionspädagogik wahrscheinlich nicht nur um ein Generationenproblem, sondern auch um eine Frage des ›Ausbildungsmilieus‹ handelt.[85] An Institutionen wie der Thomasschule, die ganz in der Tradition der lutherischen Lateinschulen standen und bei denen der Privatunterricht auf Tasteninstrumenten längst nicht allen Schülern offen stand, kam dem häufigen Singen in Gottesdiensten eine hohe Bedeutung zu. So konnte sich wohl bis ins 18. Jahrhundert eine Kompositionspädagogik erhalten, die an die vokalen Grundlagen der ›musica modulatoria‹ nahtlos anknüpfte. Die Anfangskapitel von Fundamenta und Verfaßung veranschaulichen diese Praxis in eindrucksvoller Weise. Frühe Anwender des Generalbasses als kompositionspädagogisches Mittel wie Werckmeister und Niedt wandten sich mit ihren Schriften indes zunächst vor allem an ›handwerklich‹ orientierte Organisten, bei denen tendenziell damit zu rechnen war, dass sie musiktheoretische Sachverhalte eher durch das Begreifen am Instrument als über die Singstimme erlernen würden.

Erst ab den 1720er Jahren scheint sich auch in Mittel- und Norddeutschland eine zunehmende Beeinflussung der kompositionspraktischen Lehre durch das accompagnement abzuzeichnen. In diesem Kontext verlagert sich das Gewicht durch die schriftliche Fixierung rein usueller Praktiken mehr und mehr in Richtung des Generalbasses. Ein Effekt ist die Entstehung erster ›populärer‹ Generalbassschulen wie bei Johann Mattheson (der die Theorien Niedts erst bekannt machte), Johann Philipp Telemann oder David Kellner.

Dennoch bleiben parallel traditionelle, »kontrapunktische« Erklärungsmuster, die sich im 17. Jahrhundert herausgebildet haben, weit bis ins 18. Jahrhundert relevant, wie beispielsweise die Schriften Gottfried Heinrich Stölzels,[86] Georg Friedrich Kauffmanns[87] und die Kanon-Experimente Christoph Graupners zeigen.[88] Ihr Rezipientenkreis beschränkte sich jedoch zunehmend auf Experten.

Anmerkungen

1

Das Digitalisat dieser Quelle ist unter https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN788775634 (Stand: 4.12.2020) einsehbar.

2

Hahn 1957, 103–105; Walker 2000, 259–267.

3

In Anlehnung an Konrad Küster übernehmen wir hier die neuere Bezeichnung »Sammlung Österreich-Bokemeyer« gegenüber der älteren »Sammlung Bokemeyer«, da es sich, was die Sammeltätigkeit betrifft, eher um eine von Bokemeyer nur geringfügig erweiterte Sammlung Georg Österreichs handelt. Vgl. Küster 2015, 131 und 208.

4

Das Digitalisat dieser Quelle ist unter https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht/?PPN=PPN1048644707 (Stand: 4.12.2020) einsehbar. Frederik Kranemann bereitet derzeit eine Dissertation zu den theoretischen Schriften dieser Sammlung vor, in deren Rahmen die Fassung von Bokemeyer für eine Online-Edition auf dem Portal GLAREAN der Hochschule für Musik Freiburg vorgesehen ist.

5

Zur Unterscheidung der beiden Manuskripte wird im Folgenden die mit Johann Kuhnau assoziierte Handschrift als Fundamenta, die Handschrift von Heinrich Bokemeyer hingegen als Verfaßung bezeichnet.

6

Hahn 1957, 105, sowie Walker 2000, 259.

7

Alle hier und im Folgenden mitgeteilten bibliographischen Informationen zu den Fundamenta sind einsehbar unter https://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-2588791 (Stand: 4.12.2020) .

8

Vgl. Engler 1984.

9

Zu dieser Quelle vgl. Grapenthin 2001, 100–107.

10

Siehe Hahn 1957, 104, sowie die bibliographischen Informationen im Katalog der Staatsbibliothek, vgl. Anm. 7.

11

Vgl. Müller-Blattau 1963, 12. Das Verzeichnis ist an dasjenige in Johann Gottfried Walthers Kuhnau-Biografie in dessen Lexicon angelehnt, vgl. Walther 1732, 349f.

12

Vgl. Harasim 2003.

13

Hahn 1957, 105, Anm. 6. Kümmerlings Einschätzung wird gestützt durch Vergleiche mit anderen Titelblättern Österreichs aus der Zeit um 1700. So weist beispielsweise die Schrift auf dem Titelblatt zu seiner eigenen Komposition Herr Jesu Christ meins Lebens Licht (Bok 680, auf 1698 in Schleswig datiert) in einer Handschrift, deren Stadium in der Partitur von Kümmerling als »Öc« bezeichnet wird (vgl. Küster 2015, 240), ähnliche Formen bei den Buchstaben »F« und »C« auf (vgl. https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht?PPN=PPN777868512&PHYSID=PHYS_0291&DMDID=DMDLOG_0014 [Stand: 4.12.2020]). Eine Schriftprobe von Georg Österreich aus dem Jahr 1704 ist unter https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht?PPN=PPN78046415X&PHYSID=PHYS_0001 (Stand: 4.12.2020) online einsehbar. Schließlich scheint die Schreibung der Jahreszahl 1703 in den Fundamenta recht ähnlich wie die der Datierung »1704« in Österreichs eigener Abschrift seiner Komposition Herr Jesu Christ, wahr Mensch und Gott (Bok 679, in der Partitur Schriftstadium »Ög«, vgl. Küster 2015, 241) zu sein.

14

Vgl. Anm. 7.

15

Die Schreibweise von Kuhnaviensis weist nur geringe Ähnlichkeiten mit den übrigen von Österreich geschriebenen Autorenangaben zu Kuhnau auf (z. B. in den Kuhnau-Kompositionen Spiritate clemente und Lobet ihr Himmel den Herrn aus der »Sammlung Österreich-Bokemeyer«), ähnelt aber weitgehend der Schreibweise des Autorennamens »Kuhnau« in dessen Kantate Gott der Vater Jesus Christus (Staatsbibliothek zu Berlin, Mus. ms. 122563, vgl. https://digital.staatsbibliothek-berlin.de/werkansicht?PPN=PPN772081557&PHYSID=PHYS_0001 [Stand: 4.12.2020]) sowie dem Magnificat in C (ebd.), die beide in einem gemeinsamen Einband überliefert sind und ebenfalls aus Poelchaus Sammlung stammen (vgl. oben). Ob in beiden Fällen eine Beteiligung Österreichs an der Erstellung dieser Partituren vorgelegen haben könnte, müssen weitere Nachforschungen zeigen.

16

Vgl. Hahn 1957, 104f.

17

Vgl. Melamed 1989, 192, Anm. 9.

18

Staatsbibliothek zu Berlin, Mus. ms. autogr. Knüpfer I. Entgegen der Signatur handelt es sich nicht um ein Autograph Knüpfers (vgl. ebd., Anm. 6).

19

Staatsbibliothek zu Berlin, Mus. ms. autogr. Kuhnau 2.

20

Poelchau vermerkt für das Magnificat »Part. von Stölzels Hand« sowie für die anschließende Kuhnau-Kantate »Eigenhänd. Part.« (vgl. Anm. 13).

21

Das Titelblatt wurde vom Hauptschreiber des Altbachischen Archivs, Ernst Dietrich Heindorff (1651–1724) angefertigt und scheint dessen einzige Arbeit außerhalb dieser Sammlung zu sein. Es wurde scheinbar schon im 17. Jahrhundert angelegt. Der Zusatz »di Seb. Knüpfer« stammt von unbekannter Hand. Das 1673 komponierte Werk war Bestandteil der Notenbibliothek Johann Sebastian Bachs, da dieser Revisionen vornahm und im Zuge einer Wiederaufführung um 1746/47 das erforderliche Stimmenmaterial erstellte. Vgl. https://www.bach-digital.de/receive/BachDigitalSource_source_00018572 (Stand: 4.12.2020) sowie Wollny 2015, 130f.

22

Zur Arbeitsweise beim Kopieren von Noten im Umfeld Georg Österreichs vgl. Küster 2015, 191–198.

23

Vgl. https://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-3457505 (Stand : 4.12.2020).

24

Vgl. Kümmerling 1970, 11. Eine frühe datierbare Bokemeyer-Abschrift stellt das Manuskript Gründlicher Unterricht von den gedoppelten Contrapuncten (Staatsbibliothek zu Berlin, Mus. ms. theor. 917) dar, in dem sich Bokemeyer als »Cantor der fürstl. Schule zu Wolfenbüttel« bezeichnet: ein Amt, das er seit 1720 bekleidete, nachdem er dort zuvor Adjunkt des erkrankten Kantors Bendeler gewesen war (vgl. Hirschmann 2000).

25

Auf diesen Umstand hat bereits Josef Müller-Blattau hingewiesen. Vgl. Müller-Blattau 1963, 123–128.

26

Vgl. Verfaßung, p. 1. Die Anfangsdefinition erinnert entfernt an den Beginn der Synopsis musica von Johann Crüger (1598–1662) in der Ausgabe von 1654 (dort auf Seite 3), die sich in Österreichs Sammlung theoretischer Schriften befunden hat (Staatsbibliothek zu Berlin, Mus. ms. theor. 230, vgl. Kümmerling 1970, 11).

27

Verfaßung, p. 8f. Vielleicht ersetzte der Ausführliche Bericht im Falle der Fundamenta eine ausführliche Intervalllehre, was darauf hindeuten würde, dass die beiden Schriften zusammen im Unterricht verwendet worden wären.

28

Aufgrund einer anderen Kapiteleinteilung wird dieser Abschnitt in der Verfaßung als §. 3. bezeichnet.

29

Die Trias harmonica wird als Begriff im ersten Kapitel der Verfaßung zwar erwähnt, doch fehlt – wie in den Fundamenta − ein entsprechendes Kapitel zu ihrer Erklärung.

30

Der Begriff Fundamenta – auch wenn er sich beispielsweise in der bei Walther abgedruckten Biografie des Thomasschülers Johann Friedrich Fasch findet (vgl. Walther 1732, 240) – bietet hier keine Hilfe, da er lediglich zunächst eine Art ›elementarer Kompositionslehre‹ auf Basis von Intervallfortschreitungslehre und Kontrapunkt zu beschreiben vermag.

31

Vgl. Walker 2000, 267. Walkers grundsätzliche Zweifel an der Zuverlässigkeit von Österreichs Zuschreibungen beziehen sich auf ein Manuskript mit dem Titel »Regulae Compositi / onis: / Autore Signre Charissimi.« (Staatsbibliothek zu Berlin Mus. ms. theor. 170). Obgleich Österreich den Traktat Giacomo Carissimi zuschreibt, wird dessen Inhalt in mehreren anderen Quellen unter dem Namen Antonio Bertali überliefert (vgl. auch Massenkeil 2000).

32

Vgl. Lange 2004.

33

In Bezug auf Kuhnaus Ausbildung und Berührungspunkte mit italienischer Musikkultur und -theorie ist in diesem Zusammenhang sicherlich Vincenzo Albrici (1631–1687) als Mentorenfigur von entscheidendem Einfluss gewesen. Vgl. Harasim 2003.

34

Wie Ulf Grapenthin am Beispiel der theoretischen Schriften aus dem Umfeld Johann Adam Reinckens gezeigt hat, scheint die französische Schreibung von Kuhnaus Namen frühestens auf das Ende des 17. Jahrhunderts zu verweisen. Vgl. Grapenthin 2001, 90.

35

Österreichs Angabe lässt offen, ob mit »1703« das Jahr der Erstellung der Abschrift oder eine Jahreszahl auf einer möglichen Vorlage wiedergegeben ist. Unter der Voraussetzung, dass keiner der Bestandteile des Sammelbandes auf die Zeit vor 1700 zu datieren ist (vgl. Anm. 7 und Grapenthin 2001, 100–107), dürfte dies bei der hintangestellten Bezeichnung »den 8. Maji. ad. 1682.« auf dem Titelblatt der Fassung des Ausführlichen Berichts der Fall sein. Über die Herkunft dieser Vorlage ist nichts bekannt. Kuhnaus eigener längerer Dresden-Aufenthalt lag 1682 schon mindestens zwei Jahre zurück (vgl. Harasim 2003). Von Poelchau stammt der Zusatz: »Der Verfasser starb 1692.« Vgl. Anm. 7.

36

Vgl. Küster 2015, 174, sowie Lange 2004.

37

Alle hier angeführten biografischen Informationen beziehen sich auf den Artikel von Carsten Lange in der MGG Online. Vgl. Ebd.

38

Voraussetzung hierbei ist, dass Hahns Konstatierung, der vollständige Sammelband enthalte nur zwei unterschiedliche Arten von Papieren, zutrifft. Vgl. Hahn 1957, 105.

39

Ebd.

40

Direkte Kontakte zwischen Österreich und Kuhnau lassen sich aufgrund des Fehlens von entsprechenden Dokumenten zu Österreichs Leben bisher nicht belegen. In Anlehnung an Müller-Blattau weist Hahn auf die Verbindung »Kuhnau-Stölzel-Österreich« hin (ebd.), über deren Details allerdings keine Aussagen gemacht werden können. Ob Österreich Schriften wie die Fundamenta über Stölzel erhielt, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht entscheiden.

41

Im Zuge der Feststellung, dass es sich bei den Fundamenta nicht um ein Autograph Kuhnaus handele, bemerkt Hahn ebenfalls, es sei »merkwürdig«, dass »Kuhnau die Regeln von den doppelten Kontrapunkten zweimal (Traktat 1 und 2) aufgezeichnet haben sollte« (ebd.). Diese inhaltliche Übereinstimmung mag der Grund dafür gewesen sein, dass beide Schriften zunächst nicht für eine gemeinsame Aufzeichnung vorgesehen waren.

42

Dass diese Paginierung erst nachträglich erstellt wurde, zeigt sich daran, dass Österreich die Position der Ziffern gelegentlich an den Text anpassen musste. Durch den der Aufzeichnung des Berichts vorangestellten Titel »Anleitung zur Composition« wird die Zielsetzung des Bandes als Kompositionslehre in der Gegenüberstellung mit Fundamenta compositionis deutlich herausgearbeitet. Gleichzeitig wird allerdings auch ein Verständnis von ›compositio‹ im Sinne von bewusstem Gebrauch der Kon- und Dissonanzen suggeriert.

43

Im Hinblick auf ihre Position auf dem Titelblatt der Fundamenta ist nicht auszuschließen, dass Österreich die Titulierung Kuhnaus als »Dir. Mus. Lipsiae.« erst nachträglich als Angleichung an die Bezeichnung Bernhards als »Capellm. / Dresdae.« ergänzte.

44

Die anderen Wasserzeichen ließen sich bisher nicht vollständig identifizieren. Auf zwei Bögen ist eine Art Rad zu erkennen.

45

Sie tragen meist Beschriftungen im Schriftstadium »Öh«. Vgl. Küster 2015, 245.

46

Bok 421, Wasserzeichen 036 nach dem Katalog von Kümmerling (vgl. ebd.). Ein ähnliches Wasserzeichen (039) mit der Buchstabenfolge »NW« kommt ebenfalls in anderen Bokemeyer-Abschriften vor (vgl. ebd., 260). Es muss offen bleiben, ob Bokemeyer diese Werke für seine eigene Aufführungstätigkeit oder im Rahmen einer Kopistentätigkeit für Österreich abschrieb.

47

Vgl. ebd., 210, 245.

48

Die hohe Fehlerquote ist indes sehr ungewöhnlich für Bokemeyer, da er sonst bei seinen Abschriften eine große Sorgfalt an den Tag legt, wie beispielsweise seine Abschrift des Gründlichen Unterrichts von Johann Theile, die auf 1717–1721 datiert werden kann, zeigt (Mus. ms. theor. 917).

49

Weitere Korrekturen in roter Tinte, vor allem in den Notenbeispielen, verweisen hingegen auf Bokemeyers Auseinandersetzung mit dem Material nach 1735; vgl. hierzu u. a. Braun 1986, 81.

50

Vgl. Mattheson 1739, 410–412.

51

Vgl. Hirschmann 2000.

52

Vgl. Küster 2015, 178, sowie Diehl 2015, 304.

53

Entgegen einer Einteilung in Kapitel wie im ersten Teil finden sich hier nur Überschriften zu den im Folgenden abgehandelten Themen. Die Formulierungen stimmen bis zum »Membrum 3« nur dem Sinn nach überein.

54

Vgl. Verfaßung, p. 22v (nach der Paginierung mit Bleistift). Allerdings schreibt Bokemeyer zunächst fälschlich »quartuor« statt »quatuor« (später korrigiert).

55

Varianten innerhalb der Formulierungen, die oft nur dem Sinn nach wiedergegeben werden, treten auch häufig bei Österreich selbst auf, z. B. in verschiedenen Exzerpten aus Schriften von Wolfgang Caspar Printz (1641–1717) im Konvolutband der Staatsbibliothek zu Berlin Mus. ms. Theor. 1038 (vgl. Anm. 78). Ähnliche Änderungen sind auch in den verschiedenen Versionen der Praecepta von Johann Gottfried Walther (1684–1748) zu finden (vgl. Rathert 2001, 89).

56

Vgl. Hahn 1957, 104, sowie Walker 2000, 259.

57

Vgl. Hahn 1957, 105. In den Praecepta wird lediglich Kuhnaus Roman Der Musicalische Quack-Salber aus dem Jahr 1700 zitiert (vgl. ebd.). Walther hätte für den Fall, dass seine Schrift eine Erweiterung des Textes der Fundamenta darstellte, den ursprünglichen Text um ein Vielfaches verlängern müssen, da Fundamenta und Verfaßung gegenüber den ausführlicheren Praecepta wesentlich kompakter und mehr praxisorientiert wirken. Auch die Notenbeispiele in den Praecepta wären dann als längere Versionen der deutlich kürzeren Beispiele in Fundamenta und Verfaßung aufzufassen.

58

Vgl. Walker 2000, 267, sowie Hahn 1957, 105.

59

Zit. nach Schüneman 1933, 112. Leider gehen die genaueren Entstehungsumstände des Briefes nicht aus den Angaben Schünemanns hervor, der zur Herkunft der Briefe lediglich auf die Berliner Staatsbibliothek verweist; möglicherweise ist dieser Brief im Konvolut unter der Signatur »Mus. ep. Walther, J. G.« enthalten (vgl. Walther 1987, 259). Die Formulierung bei Schünemann wirkt so, als habe sich Kuhnau persönlich an Walther gewandt. Bei dem angesprochenen »Pagenhofmeister« handelt es sich jedoch um Gottfried Ephraim Thiele (begraben am 18. August 1726), der als Bassist in der Weimarer Hofkapelle tätig war (vgl. ebd., 298). Die Formulierung in Kuhnaus Brief suggeriert, dass Thiele für die Übersendung an Kuhnau und die Begutachtung verantwortlich war. Laut einem Brief vom 25. Januar 1731 erwarb Walther von Thieles Erben nach dessen Tod einige Werke, die Walther für ihn komponiert hatte (vgl. ebd., 153). Möglicherweise ist diesem Nachlass auch der Kuhnau-Brief zuzuordnen.

60

Abdruck vgl. ebd., 172. Das angesprochene Manuskript ist unter der Signatur Mus. ms. theor. 950 in der Staatsbibliothek zu Berlin erhalten geblieben. Hingegen ist der Verbleib der »kleinen Heffte« als Ausschnitte aus den Praecepta, die Walther vorausschickte, unbekannt (vgl. ebd.).

61

In diesem Fall hätte Bokemeyer zu zwei verschiedenen Zeitpunkten zwei Versionen des gleichen Inhalts von Kuhnau erhalten.

62

Walther 1987, 140.

63

Gehrmann 1891, 468–578.

64

Schünemann 1933, 112.

65

Benary 1960, 30–36.

66

Walther bezieht sich hier wahrscheinlich auf die deutsche Ausgabe des zweiten Teils von Bononcinis Schrift Musico prattico, die 1701 bei Paul Treu in Stuttgart als Musicus practicus erschienen ist (vgl. Walker 2000, 265f.).

67

Vgl. Braun 2002 sowie Rose 2019, 52.

68

Walker 2000, 260.

69

Ebd. Zu einer detaillierten Beschreibung der Fugenlehre dieses Manuskripts vgl. ebd., 264.

70

Wie Walker zeigt, vollzieht sich in Printz’ Schriften ein Bedeutungswandel des Begriffes repercussio. Im Zusammenhang mit der fuga soluta beschreibt er im vierten Teil des Phrynis die »tonale« (bzw. ›modale‹) Beantwortung (vgl. Walker 2000, 260f.).

71

Vgl. ebd., 267. Dieser vierte Teil wird in Walthers Printz-Biografie im Lexicon erwähnt (vgl. Walther 1732, 497).

72

Anders als in den Fundamenta befinden sich in den Praecepta die Ausführungen zur ›repercussio‹ vor der Fugenlehre, wie bereits Hahn gezeigt hat. Vgl. Hahn 1957, 104.

73

Walker 2000, 267.

74

Der Begriff Fundamenta tritt auch in Printz’ früher Schrift Musica modulatoria vocalis von 1678 auf, die ein typisches Beispiel für die elementare Musikerziehung und Gesangsausbildung im Kontext der lutherischen Lateinschulen darstellt.

75

Der vollständige Titel bei Printz in der Ausgabe von 1696 lautet: Wolffgang Caspar Printzens von Waldthurn Phrynis Mitilenaeus, oder Satyrischer Componist: Welcher, Vermittelst einer Satyrischen Geschicht, Die Fehler der ungelehrten, selbgewachsenen, ungeschickten, und unverständigen Componisten höflich darstellet, und zugleich lehret, wie ein Musicalisches Stück rein, ohne Fehler, und nach dem rechten Grunde zu componiren und zu setzen sey.

76

Vgl. Anm. 59.

77

Walker 2000, 267.

78

Staatsbibliothek zu Berlin. Die Vorlage findet sich im ersten Teil des Phrynis in der Edition von 1696, »Das XIII. Kapitel«, 52, ab §. 2. Schriften von Printz werden auch in anderen Zusammenhängen immer wieder in den Traktaten der Sammlung erwähnt, so als Randbemerkungen im Musicalischen Compositions-Tractat von Johann Philipp Förtsch.

79

Da das Original von Printz nicht auffindbar ist und somit nicht zu Vergleichen herangezogen werden kann, wäre es letztlich ebenso möglich, dass es sich bei der Verfaßung nur um eine Kopie von Bokemeyer aus Printz’ viertem Teil handelt. Das in der Verfaßung fehlende Kapitel De Triade harmonica ließe sich dann durch Österreichs Exzerpt in Mus. ms. theor. 1038 vervollständigen.

80

Mein Dank für diesen Hinweis gilt Florian Edler. Dieser Sachverhalt wirkt sich auch auf die Fugenlehre aus: während Bernhards Terminus der aequatio modorum in der Frage der – später so genannten »tonalen« und »realen« – Beantwortung übernommen wird, findet sich dessen Begriff der consociatio modorum bereits nicht mehr, was allerdings auch dem vermutlich hohen Anteil an Printz’scher Musiktheorie geschuldet sein könnte. In diesem Zusammenhang hat Walker auf die Erweiterung des Geltungsbereichs der consociatio modorum in Mus. ms. theor. 1595 hingewiesen (vgl. Walker 2000, 264). Zu überlegen wäre, ob es sich bei der ausgelassenen Moduslehre in der Verfaßung nicht um eine bewusste Entscheidung gehandelt haben könnte.

81

Heinichen 1711, 64. Vgl. auch Holtmeier 2017, 269f.

82

Walther 1732, 240.

83

Beispielsweise war Fasch zunächst im Spiel von Tasteninstrumenten Autodidakt, da er sich den Clavier-Unterricht nicht leisten konnte; vgl. Blaut 2016. Dass einige seiner Schüler Kuhnau an der Orgel vertreten konnten, zeigt sein Brief vom 2. September 1710, in dem er die Möglichkeit von Vertretungen durch seine »auff der Orgel wohl exercierten Scholaren und Studenten, die mir alle mahl zur Music accompagnieren,« erwähnt; vgl. Fontana 2014, 32.

84

Vgl. Holtmeier/Menke/Diergarten 2013, 272.

85

Hier besteht die Gefahr, die ältere Generation pauschal mit dem Attribut ›Kontrapunkt‹ und die jüngere genauso verallgemeinernd mit dem Attribut ›Generalbass‹ zu belegen.

86

Stölzel 1725.

87

Eine 1724 in Matthesons Critica Musica (Bd. 2, Pars V, 31f.) angekündigte, aber unveröffentlichte und heute verschollene Schrift des Merseburger Organisten Georg Friedrich Kauffmann trägt den Titel: Introduzione alla Musica antica & moderna, d.i. eine ausführliche Einleitung zur alten und neuen Wissenschafft der edlen Music […] mit den allermodulandesten 2. 3. 4. und mehrstimmigen Exemplis illustriret, mit Fugen und gedoppelten Contrapuncten gezieret, (vgl. Wagner/Riedel 2003). Möglicherweise handelt es sich um den unveröffentlichten Traktat, den Walther in einem Brief an Bokemeyer vom 4. August 1736 erwähnt; vgl. Walther 1987, 195–197. Im Titel findet sich ferner die Beschreibung: »daß man das gute und / annoch brauchbahre aus der Antiquität behalten / das / unnütze und überflüssige abgesondert / das neue aber / gesichtet / das beste davon recommandiret / und / das übrige eines jeden Libertät / überlassen hat.«

88

Vgl. Cahn 1986, 129–137.

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