»In Hommage from the multitude«
Positionen nicht-äquidistanter Mikrotonmusik des 20. und 21. Jahrhunderts Studien zu den Komponisten Harry Partch, Ben Johnston, Jean-Claude Risset, Walter Smetak und Mordecai Sandberg. Ein Forschungsprojekt der Hochschule der Künste Bern
Roman Brotbeck, Eleni Ralli, João Carlos Victor, Marc Kilchenmann, Nemanja Radivojević
Das Projekt widmet sich dem Schaffen von fünf Mikroton-Komponisten aus unterschiedlichen Kulturen. Diese ignorierten und ergänzten (Johnston, Risset, Sandberg, Smetak) oder bekämpften (Partch) den Haupttrend des äquidistanten Zwölftonsystems, das bis heute das Musikleben dominiert. »Nicht-äquidistante Mikroton-Musik« ist ein Sammelbegriff, der unterschiedlichste Positionen und Systeme umfasst, die meist vom Obertonspektrum und dabei besonders von den Mikrointervallen höherer Obertöne ausgehen, sich aber auch an historischen oder außereuropäischen Stimmsystemen orientieren können. Weil alle fünf Komponisten das gleiche Problem, nämlich die extreme Einschränkung des äquidistanten Zwölftonsystems auf zwölf Töne und zwölf Intervalle in einer Oktave überwinden wollten, hofften wir in unserer Ausgangshypothese, es müssten sich zwischen den geografisch, soziokulturell und historisch unterschiedlichen Positionen übergreifende Verbindungen und Theorien zu Harmonik, Ästhetik, Notation und Musikphilosophie ergeben. Diese Hypothese, deren Bestätigung es erlaubt hätte, die nicht-äquidistante Mikrotonmusik als eine übergreifende musikhistorische Bewegung in der Geschichte des 20. Jahrhunderts darzustellen, musste verworfen werden. Mit Ausnahme der zahlreichen Verbindungen zwischen Partch und Johnston erwiesen sich die Positionen als dermaßen eigenständig, dass eine Vergleichbarkeit scheiterte. In einer der »diversité culturelle« verpflichteten Historiografie bilden sie aber einen wichtigen Beitrag zur Diversität und ›Artenvielfalt‹ in der Musik des 20. Jahrhunderts.
The project is dedicated to the work of five microtonal composers from different cultures, each of whom ignored and supplemented (Johnston, Risset, Sandberg, Smetak) or fought against (Partch) the main trend of the equidistant twelve-tone system, a model which still dominates musical life today. "Non-equidistant microtonal music" is a collective term that encompasses a wide variety of positions and systems, most of which are based on the overtone series and in particular on the microintervals of higher overtones, but which can also be oriented towards historical or non-European tuning systems. Because all five composers wanted to overcome the same problem, namely the extreme limitation of the tempered twelve-tone system to twelve tones and twelve intervals in one octave, we started from the hypothesis that overlapping connections and theories on harmony, aesthetics, notation, and music philosophy would have to emerge between the geographically, socio-culturally, and historically different positions. This hypothesis, the confirmation of which would have made it possible to present non-equidistant microtonal music as an overarching movement in the history of the 20th century, had to be rejected. Except for the numerous connections between Partch and Johnston, the positions proved to be so independent that comparability failed. In a historiography committed to "diversité culturelle", however, they make an important contribution to the ‘biodiversity’ of 20th century music.
1Hochschule der Künste Bern. Institut Interpretation. [Bern Academy of the Arts. Institut Interpretation.]; 2Universität Bern [University of Bern]; 3Hochschule der Künste Bern [Bern Academy of the Arts]
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