Boenke, Patrick / Julia Freund / Martin Grabow (2023), »Editorial«, Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 20/2. https://doi.org/10.31751/1192
eingereicht / submitted: 19/12/2023
angenommen / accepted: 19/12/2023
veröffentlicht (Onlineausgabe) / first published (online edition): 30/12/2023
zuletzt geändert / last updated: 13/01/2024

Editorial

Diese Varia-Ausgabe enthält vier Fachartikel, die in ihrer thematischen Breite und methodischen Vielfalt von den zahlreichen Vernetzungsmöglichkeiten musiktheoretischer Forschung mit angrenzenden Disziplinen wie der Interpretationsforschung oder den Sound Studies zeugen. Die Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie publiziert regelmäßig auch Texte, die im Aufsatz-Wettbewerb der Gesellschaft für Musiktheorie zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses prämiert wurden: Eingang in diese Ausgabe fand der 2022 in Salzburg ausgezeichnete Artikel von Leon Bellmer (2. Preis).

Kilian Sprau macht in seinem Artikel auf die formbildende Funktion von Temporelationen zwischen einzelnen Sätzen von Liederzyklen am Beispiel von Robert Schumanns Sechs Gedichte von N. Lenau und Requiem op. 90 aufmerksam. Anhand von Interpretationsanalysen zeigt er auf, wie Interpret:innen durch die Tempogestaltung die zyklische Formwirkung wesentlich mitbestimmen, und knüpft damit inhaltlich an die 2021 erschienene Sonderausgabe der Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie zum Thema Interpretation als Analyse an.[1]

In seinem Wettbewerbsbeitrag analysiert Leon Bellmer eine Stelle aus dem Rondo der Klaviersonate op. 13 von Ludwig van Beethoven vor dem Hintergrund kompositorischer Prototypen und arbeitet ein Modell heraus, dem er dann in zeitgenössischen Musikwerken und Traktaten nachspürt. Dabei geht er u. a. der Frage nach, inwiefern das Modell – eine Variante des von Vasily Byros sogenannten ›Fenaroli-Ponte‹-Schemas – im Sinne der Vorstellung verschiedener ›Schreibarten‹ als ›galant‹ gelten kann.

Christian Strinning arbeitet in seinem Beitrag Stileigentümlichkeiten des frühen Vokalkontrapunkts von Hugo Distler heraus und fragt dabei nach kompositionstechnisch wie -ästhetisch einflussgebenden Faktoren. Neben eingehenden Analysen von kontrapunktisch gearbeiteten Partien vor allem aus Distlers Sammlung geistlicher Chorgesänge Der Jahrkreis op. 5 wertet Strinning für seine Stilstudie auch Dokumente und Zeugnisse aus Distlers Studienzeit aus.

In seinem Beitrag zeichnet Max Alt die Diskurse um den Begriff des ›Sound Designs‹ nach und macht sich für die Etablierung einer Musiktheorie des Sound Designs stark, die er als medientechnologisch informierte theoretische Beschäftigung mit dem Gegenstand ›Klang‹ versteht. Die Rolle von Instrumenten der (elektronischen, digitalen) Klanggestaltung für die Entstehung musiktheoretischen Wissens sei dabei insbesondere zu berücksichtigen.

Rezensionen zu drei jüngeren Publikationen aus unterschiedlichen Bereichen runden diese Varia-Ausgabe ab.

Wir danken allen Autor:innen und Rezensent:innen für die produktive Zusammenarbeit in den letzten Monaten. Ein herzlicher Dank geht auch an alle Beteiligten aus dem vorausgegangenen Peer-Review-Verfahren sowie an die Jury-Mitglieder des 12. Aufsatzwettbewerbs 2022. Im Besonderen danken wir Jakob Schermann und Anne Ewing-Greinecker für das Korrektorat, Werner Eickhoff-Maschitzki für die Vorbereitung der Grafiken sowie Dieter Kleinrath für das Erstellen der PDF-Fassung.

Patrick Boenke, Julia Freund, Martin Grabow

Anmerkungen

1

Glaser/Linke/Sprau/Utz (Hg.) 2021.

Literatur

Glaser, Thomas / Cosima Linke / Kilian Sprau / Christian Utz (Hg.) (2021), Musikalische Interpretation als Analyse. Historische, empirische und analytische Annäherungen an Aufführungsstrategien musikalischer Zyklen, Sonderausgabe der Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie. https://doi.org/10.31751/1118

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