Loges, Natasha (2021), »Epistemologische Zyklen durchbrechen. Geschichte, Theorie und Aufführung in Schuberts Winterreise« [Breaking Epistemological Cycles: History, Theory, and Performance in Schubert’s Winterreise], Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 18/Sonderausgabe [Special Issue], 309–326. https://doi.org/10.31751/1130
eingereicht / submitted: 16/02/2021
angenommen / accepted: 16/06/2021
veröffentlicht (Onlineausgabe) / first published (online edition): 05/11/2021
zuletzt geändert / last updated: 07/11/2021

Epistemologische Zyklen durchbrechen

Geschichte, Theorie und Aufführung in Schuberts Winterreise

Natasha Loges

Dieser Aufsatz nimmt die Aufführungsgeschichte von Schuberts Winterreise im 19. Jahrhundert zur Grundlage einer Kritik moderner theoretischer und praktischer Deutungen zyklischer Werke. Aufbauend auf einem theoretischen Rahmen, der sich aus Friedrich Schlegels Idee des Fragments und Walter Benjamins Idee des Sammlers bzw. Allegoristen ergibt, wird eine neue Konzeption musikalischer Zyklen präsentiert und argumentiert, dass sie Interpret*innen eine selektive Aufführung einzelner Stücke nahelegen und nicht eine vollständige und ununterbrochene Aufführung. Diese Idee wird anhand bestehender theoretischer Konzepte geprüft, und im Dialog mit dem Bariton Roderick Williams wird untersucht, wie flexibel die oft unartikulierten theoretischen Prinzipien von Interpret*innen in der Praxis sind.

This essay draws on the nineteenth-century performance history of Schubert’s Winterreise to critique modern-day theoretical and practical approaches to cyclical works. Building on a theoretical framework drawn from Friedrich Schlegel’s idea of the fragment and Walter Benjamin’s idea of the collector or allegorist, it proposes a new conception of musical cycles, arguing that performers were meant to make selections from them in performance, rather than present them in complete and uninterrupted sequences. This idea is tested against existing theoretical conceptions and in dialogue with the baritone Roderick Williams, to gain a sense of how flexible performers’ often unarticulated theoretical principles are in practice.

Schlagworte/Keywords: Analyse; analysis; Aufführungsgeschichte; cyclicality; Franz Schubert; performance history; Roderick Williams; Winterreise; Zyklizität

»Schubert und Müller wollten ihr Werk
gewiss nicht unter Denkmalschutz gestellt wissen,
sondern dass es lebt und wirkt.«[1]
Julian Prégardien, Michael Gees

»Die Freiheit bei der Aufführung ist ausschlaggebend.
[…] auch wenn es die Partitur ist, die unsere Tradition
von anderen […] musikalischen Traditionen unterscheidet […],
so bleibt doch die Aufführung die Realität. […]
Die Aufführung ist eine Begegnung zwischen dem Komponisten,
den Interpreten und den Zuhörern,
und nur gemeinsam können sie das Stück erschaffen.«[2]
Ian Bostridge

Umdenken: Der Begriff der Zyklizität

Einführung

Dieser Aufsatz befasst sich mit der Aufführungsgeschichte von Schuberts Winterreise mit dem Ziel, Konzepte von Zyklizität in mehrteiligen Musikwerken in Theorie und Aufführungspraxis zu untersuchen. »Performers inevitably hope that they have reached, moved and inspired their listeners. Music analysts can only hope for the same«,[3] so die Pianistin und Musiktheoretikerin Janet Schmalfeldt. Es ist zumindest anekdotisch belegt, dass nur wenige Interpret*innen musikalische Analysen lesen. Die meisten Musiktheoretiker*innen wiederum berufen sich nur am Rande auf musikalische Aufführungen – normalerweise in Form von Tonaufnahmen, die nur als Anhängsel zur Partitur gelten.[4] Interpret*innen und Theoretiker*innen kanonischer mehrteiliger Werke wie der Winterreise beschränken sich jedoch weitgehend auf die gedruckte Partitur samt ihrer unveränderten Reihenfolge von Liedern, und stehen somit im Gegensatz zur abwechslungsreichen frühen Aufführungsgeschichte des Werks. Historische Zeugnisse dieser frühen Aufführungsgeschichte können heute zu einer grundlegenden Umdeutung des Konzepts von Zyklizität auffordern und Musiker*innen und Theoretiker*innen gleichermaßen den Sinn für kreative Möglichkeiten zurückgeben.

Wie ich an anderer Stelle untersucht habe, ist die frühe Aufführungsgeschichte der Lieder der Winterreise dadurch charakterisiert, dass sie am häufigsten in kleineren, sich ständig ändernden Gruppen einzelner Lieder aufgeführt wurde, die von den Musiker*innen selbst zusammengestellt wurden. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurde das Werk in bedeutenden Konzertsälen nur selten als vollständiges, ununterbrochenes, in einer festgelegten Reihenfolge geordnetes Werk aufgeführt.[5] Clara Schumann, der Bariton Julius Stockhausen und Johannes Brahms, die entscheidend zu Schuberts posthumem Ruhm beigetragen haben, wählten regelmäßig kleine Gruppen von Liedern aus der Winterreise und kombinierten sie oft mit anderen Liedern, auch von anderen Komponist*innen, in kreativen, häufig wechselnden Anordnungen. Die Metaphern der Blume und des Blumenstraußes bieten sich hier an, da Blumen oft auf Deckblättern von publizierten Liedersammlungen auftauchen: Die Lieder solcher Sammlungen können mit Blumen verglichen werden, welche die Musiker*innen selbst zu einem Blumenstrauß zusammenstellen. Trotz Joseph von Spauns oft zitierter und bedeutungsvoller Anekdote, die von der ersten Aufführung der Winterreise handelt, die Schubert im Kreise seiner Freunde gab,[6] gibt es keine aussagekräftigen Beweise dafür, dass Schubert die Aufführung von etwas anderem als einer Auswahl dieser Lieder im Sinn hatte.

Im Gegenteil – meine Forschungen konnten zeigen, dass die Auswahl und Gruppierung von Liedern innerhalb des Konzerterlebnisses einerseits neue narrative, poetische und tonale Spannungsbögen herstellte; andererseits geben sie Hinweise darauf, welche Lieder aus der Winterreise wirkungsvoller und welche weniger wirkungsvoll waren; außerdem ermöglichen sie die Identifizierung einer große Anzahl von Musiker*innen, einschließlich Sängerinnen,[7] die eine Auswahl von Winterreise-Liedern aufführten, im Gegensatz zu einer minimalen Anzahl von Aufführungen des gesamten Zyklus. Die künstlerischen und theoretischen Implikationen dieser Praxis sind bisher kaum erforscht worden. In diesem Aufsatz werde ich mich auf die künstlerischen Auswirkungen konzentrieren, hoffe aber auch, ein Interesse an den theoretischen Implikationen zu wecken. Wenn so Vertreter*innen der Musiktheorie motiviert werden könnten, sich der Thematik eines strukturell nicht fixierten Werks und den daraus resultierenden Herausforderungen zuzuwenden, wäre ein wichtiges Ziel erreicht.

Um mögliche künstlerische Reaktionen auf die Aufführungsgeschichte der Winterreise zu untersuchen, teilte ich die historischen Fakten mit einem führenden britischen Sänger, dem Bariton Roderick Williams, und lud ihn ein, diese in Beziehung zu seinen eigenen Aufführungen zu kommentieren.[8] Beispielsweise führte ich ihm den Fall von Gustav Walter (1834–1910) vor Augen, der am 9. Februar 1883 im Wiener Bösendorfer-Saal ein als »Schubert-Schumann-Abend« angekündigtes Rezital gab, in dem Lieder »aus der ›Winterreise‹« sowie »›Dichterliebe‹, 16 Lieder« gesungen wurden.[9] Dieses Konzert wurde mit dem Pianisten Anton Rückauf durchgeführt, und aufgrund der üblichen Einbeziehung von Solo-Klavierwerken sah das angekündigte Programm wie folgt aus:

  1. Schubert: Sonate, Op. 129 (Herr Rückauf)

  2. Schubert: Aus der Winterreise: Gute Nacht, Erstarrung, Der Lindenbaum, Frühlingstraum, Rückblick

  3. Schumann: Andantino con Variazioni; Papillons Nr. 10, 11 (Herr Rückauf)

  4. Schumann: Dichterliebe, Liedercyclus erste Hälfte (Nr. 1–8)

  5. Schumann: Kreisleriana, Nr. 1, 4, 5, 7 (Herr Rückauf)

  6. Schumann: Dichterliebe, zweite Hälfte (Nr. 9–16).[10]

Ein so sorgfältig zusammengesetztes Programm, bestehend aus ausgewählten, einer bestimmten Ordnung folgenden Elementen, ist alles andere als willkürlich. Es erzeugt maßgeschneiderte, nicht von den Komponisten konzipierte thematische und tonale Verbindungen, die nur bei diesem besonderen Konzert in dieser Konfiguration in Erscheinung treten. Ich bat Williams um seine Meinung bezüglich Programmzusammenstellungen dieser Art, um mir einen Überblick darüber zu verschaffen, welche relative Bedeutung verschiedenen Wissensarten, einschließlich künstlerischen, in seiner Konzeption der Winterreise zukommt, ob er Fakten der Aufführungsgeschichte wohlwollend oder abgeneigt gegenübersteht und welche anderen Faktoren für ihn die Wahrnehmung von Zyklizität beeinflussen können. Ich hoffte auch, fundierte theoretische Einblicke in seine Entscheidungsprozesse zu gewinnen, Klarheit zu erlangen über seinen Umgang mit einem kanonischen Werk, das er selbst als »heilige Kuh« bezeichnete, die er, bildlich ausgedrückt, stupsen, stoßen und letztendlich durchstechen wollte.[11] Daneben berücksichtige ich auch das unlängst erschienene Buch des britischen Tenors Ian Bostridge, Schubert’s Winter Journey: Anatomy of an Obsession (2015). Dieser Bericht eines Interpreten, der auf der Grundlage einer jahrzehntelangen Bühnenerfahrung mit diesen Liedern beruht, erntete in der Kritik und Öffentlichkeit großes Lob. Musiker wie Williams oder Bostridge sind offen für Herangehensweisen, die etablierte Begrenzungen hinterfragen, und historische Quellen der Aufführungsgeschichte legitimieren solche neuen Ansätze. Damit stellt sich zugleich die Forderung an Musiktheoretiker*innen, ein Verständnis solcher Ansätze zu entwickeln.

Zyklen als ›Formen im Werden‹

Williams’ engagierter Umgang mit der Winterreise könnte als ein erweitertes künstlerisches Forschungsprojekt beschrieben werden, in dem die kritische Reflexion nicht durch Worte, sondern durch über einen längeren Zeitraum gemachte Erfahrungen in Form von künstlerischen Aufführungen erfolgte, die das Verständnis des Werks durch den Sänger kontinuierlich vertieften. Williams hat die Winterreise häufig aufgeführt, und zwar sowohl vollständig als auch als Auswahl einzelner Lieder. Er sang das Werk in öffentlichen Konzertsälen und in Privathäusern, Schulen, Konservatorien oder Universitäten, vor traditionellem Konzertpublikum ebenso wie in entspannterem Rahmen, in Großstädten wie London ebenso wie im ländlichen Raum, live und im Tonstudio, mit integrierten theatralen Elementen und mit integrierter verbaler Kommunikation mit dem Publikum, und er interpretierte die Lieder sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch (unter Verwendung einer neu in Auftrag gegebenen Übersetzung von Jeremy Sams).[12] Seine umfassende, vielschichtige Auseinandersetzung mit den Liedern bietet durchaus eine solide Grundlage für ein neues theoretisches Verständnis dieses Werks. Da Williams nicht nur Sänger, sondern auch Komponist ist, ist ihm bewusst, wie tief manchmal die Kluft zwischen den kreativen Absichten der Komponist*innen und jenen der Interpret*innen sein kann. Am wichtigsten war es ihm »zu untersuchen, warum wir [Musik] […] auf bestimmte Weise aufführen.«[13] Aufführungsweisen sind für Williams aufs Engste mit etablierten Denkmustern verknüpft. Was anfangs nach kaum mehr als gemeinsamen Gewohnheiten aussieht, kann sich allmählich verfestigen und zu einer Reihe von (mitunter unausgesprochenen) Vorschriften verschmelzen.

Williams’ Konfrontation mit der historischen Evidenz, die belegt, dass die Winterreise nach Schuberts Tod jahrzehntelang kaum jemals als Zyklus aufgeführt wurde, gaben ihm gewissermaßen »jede Erlaubnis«[14] für einen freieren Umgang mit dem Werk, einschließlich freierer künstlerischer Entscheidungen, für die er bereits zuvor empfänglich war. Williams, der einer der wenigen Baritone ist, die auch Schumanns Liederzyklus Frauenliebe und -leben op. 42 aufgeführt haben, ist sich der oft willkürlichen musikalischen und gesellschaftlichen Konventionen bewusst, die unsere Beurteilung künstlerischer Leistungen beeinflussen können. Gewohnheiten und Erwartungen sind jedoch im Wandel begriffen – sie können sich theoretisch, und auch praktisch, ändern –, was wiederum erfordert, dass auch ein musiktheoretisches Verständnis solchen Wandel berücksichtigt, und dabei weniger die Details des Produkts als ein Mitvollziehen des Prozesses im Auge hat.

Obwohl die Anzahl musiktheoretischer Untersuchungen zur Winterreise beeindruckend ist, wird in keiner Publikation die Möglichkeit einer Umordnung, die sich aus der Aufführung einer Auswahl der Lieder ergibt, erwogen. Bereits die Abweichung von den Originaltonarten unter Beibehaltung der Liedreihenfolge reicht aus, um das Fundament vieler theoretischer Darstellungen zu erschüttern. Für Peter Jost, der vielfach über das Liedrepertoire publiziert hat, sind

echte Zyklen […] durch [ihre] ausgeklügelte Tonartensymbolik […] fest miteinander verkettet. […] Im Gegensatz zu den durch gemeinsame Dichter oder Dichtungen verbundenen Gruppen (etwa den Wilhelm-Meister-Liedern D 877, 1826) handelt es sich [bei Die schöne Müllerin und Winterreise] um echte Zyklen, die zwar nicht durch gemeinsame musikalische Motive, wohl aber durch ihren »Ton« (ausgeklügelte Tonartensymbolik) fest miteinander verkettet sind.[15]

Tonarten sind auch für Walther Dürr[16] und andere Autor*innen ein wichtiges Element der Deutung. Diese Haltung lässt freilich die Prioritäten von Ausführenden außer Acht, da Lieder oft in Transpositionen veröffentlicht und aufgeführt wurden, was neue tonale Beziehungen zutage fördert. Innerhalb musiktheoretischer Forschung ruft Transposition im Allgemeinen Skepsis hervor, die gelegentlich in einer wenig attraktiven (und nicht genderneutralen) Sprache zum Ausdruck kommt. Zum Beispiel kritisiert Matthias Hausmann Schuberts Verleger Tobias Haslinger dafür, die Tonartenfolge des Komponisten ruiniert zu haben.[17] Er argumentiert, dass Schubert in der Winterreise eine sorgfältige Tonartenfolge konstruiert habe (»eine unglaublich gut durchdachte Tonartenfolge«),[18] die Haslinger jedoch änderte, indem er Nr. 22 »Mut« von a-Moll nach g-Moll transponierte und Nr. 24 »Der Leiermann« von h-Moll nach a-Moll, was die Tonartenfolge von F–a–A–h zu F–g–A–a abwandelte. Dies resultiert in der Schlusstonart a-Moll, die Hausmann als »weiblich« und »sehr weich« einstuft.[19]

Wenig überraschend singen Sänger*innen trotzdem weiterhin in Tonarten, die ihrer Stimme entsprechen. Richard Kramer untersucht diese Frage etwas vorsichtiger und schreibt: »Is something lost in the transposition? Unquestionably.«[20] Es ist jedoch unklar, was verloren geht, abgesehen von einem musiktheoretischen Ideal, einer Fixierung oder Ordnung im Gegenstand der Analyse. Das Bewahren der Tonarten des Zyklus wird fast zu einer Frage der Moral, also nicht als Option begriffen, die den Interpret*innen zur Verfügung steht. Kramer behauptet, die Tonartenfolge sei »of the essence and has to do with this ineffable moment at which poem and music are fused in the composer’s mind.«[21] Dies mag für Schuberts Konzeption zutreffen, gilt aber deutlich weniger für die unzähligen Zuhörer*innen, die auf die Winterreise in Transpositionen positiv reagiert haben.

Über das Problem von Tonartenfolgen hinausgehend, haben viele Wissenschaftler*innen wiederholt versucht, eine kohärente zyklische Form oder einen narrativen Spannungsbogen für die Winterreise zu artikulieren, und dabei nur ungern die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass letztlich keinerlei Form oder narrativer Bogen existieren könnte, der nicht vorübergehend, also zeitlich begrenzt, oder anderweitig bedingt ist. Dürr nimmt die Lieder in einer Aufführung als Gruppe wahr, nicht einzeln.[22] Kramer ist der Ansicht, dass allein die Frage, auf welche Weise die Winterreise ein Zyklus ist, »might seem heretical in the presence of what is gravely taken as the ultimate song cycle.«[23] Gerade das Ephemere der Zyklizität der Winterreise motiviert Rationalisierungsbestrebungen: Autor*innen verwenden Metaphern wie Kreise, Spiralen, Zyklen ohne Zentren, Fortspinnung.[24] Lauri Suurpää argumentiert, der poetische Zyklus habe »a kind of plot, albeit a vague one«;[25] aber das Narrativ, das er nachzeichnet, verdankt viel seiner eigenen Wahrnehmung. Charles Fisk ist transparenter in Bezug auf seine Rolle als Zuhörer und argumentiert, »[t]he cycle lacks patently unifying devices […]; a clearly unified tonal plan of some kind and clearly recognizable returns of material from earlier songs in later ones […].«[26] Seine Beschreibung des Werks enthält Wörter wie »aimless«, »futile« und »almost random«.[27]

Wie ausgeprägt sind die vereinheitlichenden musikalischen Gesten, die in der Literatur besprochen werden? Susan Youens’ Retracing a Winter’s Journey präsentiert eine detaillierte kontextbezogene Interpretation sowie einen Bericht über die fragmentierte Kompositions- und Publikationsgeschichte.[28] Für sie wird der Zyklus durch Non-legato-Gesten mit wiederholten Tönen oder Akkorden vereinheitlicht.[29] Solche Gesten finden sich jedoch sicherlich in vielen Liedern, nicht nur bei Schubert. Dürr und Michael Kube argumentieren für einen motivischen Zusammenhang der Lieder und schlagen dabei Merkmale wie zum Beispiel die absteigende und steigende kleine Sekunde oder Bewegungsmotive vor.[30] Auch hierbei handelt es sich wiederum um Merkmale, die in der Liedliteratur insgesamt weit verbreitet sind. Fisk spricht von »more pervasive subtle references that produce deep resonances between ostensibly unrelated passages«,[31] was darauf hindeutet, dass die Identifizierung dieser Verbindungen von der Beobachtung der Hörer*innen abhängt. Schmalfeldt beschreibt eloquent, wie Form als Prozess verstanden werden kann, berücksichtigt jedoch keine mehrteiligen Formen. Sie zitiert dabei Mark Evan Bonds’ Aussage »[F]orm is the manner in which a work’s content is made intelligible to its audience. Conventional patterns, by providing listeners with points of reference and predictability, facilitate the presentation of a content that necessarily varies from work to work.«[32] Während des Jahrhunderts nach der Komposition der Winterreise nahmen Zuhörer*innen die Lieder der Winterreise jedoch gerade nicht auf fixierte und antizipative Weise wahr. Was sie als »konventionelle Muster« wahrnahmen, unterschied sich stark von heutigen Erwartungen.

Während die einflussreichen James Hepokoski und Warren Darcy für »Form im Dialog mit historisch bedingten Kompositionsoptionen« argumentieren, »auf die Komponisten des 19. Jahrhunderts reagierten«,[33] berücksichtigt ihre Theorie das tatsächliche musikalische Leben des 19. Jahrhunderts nicht; sie schafft vielmehr ein Scheinbild eines solchen musikalischen Lebens, das von Rezeptions- und Analysepraktiken des 20. Jahrhunderts durchdrungen ist. Insgesamt wurde der Aufführungsgeschichte in Musiktheorie und Musikwissenschaft oft eine sehr untergeordnete Rolle eingeräumt. Im Artikel »Zyklus« in der Enzyklopädie Die Musik in Geschichte und Gegenwart wird ausgeführt, dass der zyklische Charakter eines mehrteiligen Werks nur eine Frage der Absicht von Komponist*innen (und, auf einer anderen Ebene, eine Frage der literarischen Vorlage) sei.[34] Der poetische Zyklus wird in praktisch jeder Diskussion über Schuberts Müller-Lieder erwähnt. Aber der Rückgriff auf Wilhelm Müller für die Rechtfertigung des zyklischen Gedankens lässt den performativen Aspekt ebenfalls unberücksichtigt: Lange Gedichtsammlungen waren dazu bestimmt, den Leser*innen das Kennenlernen einzelner Teile und die Auswahl persönlicher Lieblingsstücke zu ermöglichen, die je nach Stimmung ausgewählt werden konnten.

Unter den analytischen Untersuchungen der Winterreise ist Deborah Stein am kühnsten, wenn sie argumentiert, »[t]he cycle embodies a contradiction of linearity versus disruption«, er habe »some sort of trajectory«, jedoch kein abschließendes Ende sowie ein »disruptive tonal scheme« ohne »governing tonic« und »without any form of resolution«.[35] Unter Berufung auf das Konzept des Fragments zur Erläuterung dieser Beobachtung nähert sie sich der hier verfolgten These, dass die Lieder der Winterreise als Sammlung konzipiert wurden, aus der in der Aufführung eine Auswahl getroffen werden würde. Da sich Konzerte zu Schuberts Zeiten aus kleineren Musikstücken zusammensetzten, die in ständig veränderten Formaten zusammengestellt wurden, müssen er und seine Zeitgenoss*innen mehrsätzige Werke von vornherein unter Berücksichtigung dieser Praxis komponiert haben (William Weber hat solche gemischten Programme als ›patterned miscellany‹ beschrieben).[36] Tatsächlich ist Schubert die Option oder die Attraktivität des Zyklus als einer Ganzheit in der Aufführung wohl nie in den Sinn gekommen, genauso wenig wie Gedichtsammlungen von Anfang bis Ende gelesen, Rezeptbücher von vorne bis hinten durchprobiert oder Farben einer Farbpalette systematisch nacheinander verwendet würden; all dies wäre sicherlich machbar, aber zu welchem Zweck? Die Winterreise und viele andere Zyklen können als ein Cluster von Einheiten aufgefasst werden, aus denen für jedes Konzert eine andere Auswahl getroffen werden konnte. Um eine Metapher aus der Naturwissenschaft anzuführen, kann jedes Lied als ein stabiles Molekül, als ein instabiles Ion, das mit anderen Ionen kombiniert werden kann, oder als Teil einer stabilen Molekülkette, d. h. einer größeren Sequenz von Liedern, betrachtet werden. Auch wenn ich an dieser Stelle nicht genauer darauf eingehen kann, so könnten auch Spotify-Playlisten der letzten Jahre, von einem ästhetischen Standpunkt aus betrachtet, als Rekonstruktionen der ›patterned miscellany‹ des 19. Jahrhunderts gelten. Und trotz des wachsenden Interesses an der Aufführungspraxis des 19. Jahrhunderts werden in der gängigen Literatur solche »gemischten Programme« kaum erwähnt.[37]

Da sich dieser Aufsatz in erster Linie mit dem Thema Aufführung befasst, muss die Diskussion Aufführungen der Winterreise ebenso umfassen wie das Gebiet künstlerischer Forschung. Es gibt heute über 400 Gesamtaufnahmen des gesamten Zyklus, von denen nahezu alle die Reihenfolge der 24 Lieder beibehalten. Es scheint, dass Musiker*innen, ebenso wie Analytiker*innen, die etablierte Identität des Werks in festgelegter Reihenfolge nur zögernd in Frage stellen. Die Winterreise hat, bemerkenswerterweise, auch zahlreiche kreative Reaktionen von Komponist*innen, bildenden Künstler*innen, Choreograf*innen und Schriftsteller*innen hervorgerufen. Aber abgesehen von der Aufnahme von David Wilson-Johnson und David Owen Norris (1984), die den Zyklus in der Reihenfolge Müllers präsentiert, und der von Julian Prégardien und Michael Gees, die Julius Stockhausens und Clara Schumanns Aufführung am 27. November 1862 zum Ausgangspunkt nimmt,[38] wird der Zyklus in Aufnahmen fast nie ›auseinandergenommen‹. Obwohl im Bereich der künstlerischen Forschung eingehende Untersuchungen zu historischen Konzertpraktiken zu erwarten wären, die möglicherweise Einsicht bezüglich diverser Programmzusammenstellungen geben könnten, finden sich selbst in Kathryn Whitneys aufschlussreichem Kapitel über Live-Aufführungen lediglich vereinzelte Hinweise, die von der Beschäftigung der Musikerin mit einem fixierten Werk ausgehen, das durch Wiederholung vertieft wird; die Möglichkeit der Neu-Zusammenstellung von Zyklen für Konzerte bleibt unerwähnt.[39]

John Rink führt eine vielversprechende Untersuchung, in der er sich einsetzt für eine

fundamental reconceptualisation of musical structure, one that takes into account the creative role of performers in giving shape to music, or, to put it another way, in discerning structural potentialities within musical materials and then realising them as they see fit within the broader musical narrative of their performance.[40]

Die fortlaufenden Forschungen von Daniel Leech-Wilkinson und Nicholas Cook sind in dieser Hinsicht ebenfalls wichtig. Rinks Beispiel eines Chopin-Préludes resultiert in einer Forderung, die ich in größerer Dimension befürworte, nämlich: »[A]nalysis of music need not and indeed should not be undertaken exclusively or even primarily with regard to its notational representation – i.e. the score – but on the basis of how music is enacted and effected over time.«[41] Rink konzentriert sich jedoch ausschließlich auf das einzelne Werk und nicht auf Verbindungen zwischen Stücken innerhalb einer Aufführung.

Mein eigener theoretischer Rahmen für die Annäherung an die Winterreise beruht auf Beobachtungen der Aufführungen des Werks im 19. Jahrhundert und zeigt, dass Lieder generell aufs Engste mit der Theorie des Fragments von Friedrich Schlegel verbunden sind, wie sie von der Literaturwissenschaftlerin Camelia Elias vorgelegt wurde. Sie argumentiert, dass Fragmente nicht in Bezug auf ein ganzes Werk definiert werden müssen, sondern eine eigenständige ontologische Integrität haben.[42] Elias vertritt ein Verständnis des Fragments als Funktion und nicht als Form, sie setzt also anstelle eines »Wo gehört es hin?« ein »Wie verhält es sich?«, was einen entscheidenden Impuls für einen neuen musiktheoretischen Ansatz darstellen könnte, der auch an Schlegels Idee einer Form im Werden anknüpfen könnte. Im 20. Jahrhundert wurde es jedoch zunehmend üblich, Fragmente zu Zyklen oder Sammlungen zusammenzusetzen, zu ordnen und zu fixieren. Um den Akt des Sammelns zu verstehen, beziehe ich mich auf Walter Benjamins Passagen-Werk, das selbst eine unvollendete Sammlung fragmentarischer Schriften darstellt. Für Benjamin fördert der Akt des Sammelns Homogenität und führt letztendlich zu einer Ossifikation:

Es ist beim Sammeln das Entscheidende, daß der Gegenstand aus allen ursprünglichen Funktionen gelöst wird um in die denkbar engste Beziehung zu seinesgleichen zu treten. Diese ist der diametrale Gegensatz zum Nutzen und steht unter der merkwürdigen Kategorie der Vollständigkeit. Was soll diese »Vollständigkeit«(?) Sie ist ein großartiger Versuch, das völlig Irrationale seines bloßen Vorhandenseins durch Einordnung in ein neues eigens geschaffenes historisches System, die Sammlung, zu überwinden. […] Es ist die tiefste Bezauberung des Sammlers, das Einzelne in einen Bannkreis einzuschließen, indem es, während ein letzter Schauer (der Schauer des Erworbenwerdens) darüber hinläuft, erstarrt.[43]

Benjamin erläutert ein weiteres Grundelement des hier entwickelten theoretischen Rahmens, nämlich den Gegensatz von ›Sammler‹ und ›Allegoriker‹, wie folgt:

Vielleicht läßt sich das verborgenste Motiv des Sammelnden so umschreiben: er nimmt den Kampf gegen die Zerstreuung auf. Der große Sammler wird ganz ursprünglich von der Verworrenheit, von der Zerstreutheit angerührt, in dem die Dinge sich in der Welt vorfinden. Das gleiche Schauspiel ist es gewesen, das die Menschen des Barockzeitalters so sehr beschäftigt hat; insbesondere ist das Weltbild des Allegorikers ohne das leidenschaftliche Betroffensein durch dieses Schauspiel nicht zu erklären. Der Allegoriker bildet gleichsam zum Sammler den Gegenpol. Er hat es aufgegeben, die Dinge durch die Nachforschung nach dem aufzuhellen, was etwa ihnen verwandt und zu ihnen gehörig wäre. Er löst sie aus ihrem Zusammenhange und überläßt es von Anfang an seinem Tiefsinn, ihre Bedeutung aufzuhellen.[44]

Der Sammler legt Ordnung auf, während der Allegoriker unterschiedliche Objekte unabhängig erfassen kann. Schubert komponierte in einer Zeit, in der ein Konzert die Erfahrung des Allegorikers widerspiegelte und nicht die des Sammlers.

Roderick Williams und die Winterreise

Den im Folgenden diskutierten Antworten von Roderick Williams auf meine Fragen müssen einige Einschränkungen vorangestellt werden. So werden weder Fragen in Bezug auf Gender noch auf die englische Übersetzung von Müllers Gedichten eingehend behandelt, obwohl beide das Verständnis der Winterreise zweifellos bereichern würden. Auch Themen wie das Weglassen von Strophen in der Aufführung sowie die Praxis des Improvisierens, um kurze Sätze miteinander zu verbinden,[45] wurden nicht berücksichtigt, obwohl beide Aspekte neue narrative und musikalische Spannungsbögen generieren und damit neue musiktheoretische Herausforderungen darstellen würden. Darüber hinaus erlaubte der begrenzte Zeitrahmen keine detaillierte Untersuchung spezifischer Aufführungen und auch eine Untersuchung von Pianist*innen und deren Reaktionen auf die Möglichkeiten der Fragmentierung der Winterreise muss zukünftiger Forschung vorbehalten bleiben. Hier wird versucht, Williams’ Einstellung zum Konzept des Zyklus aus Sicht des Praktikers darzustellen und die Bedeutung des Zyklus in Bezug auf zeitliche, durch Konzerterfahrung entstehende Strukturen deutlich zu machen. Es ergaben sich im Gespräch zwei Hauptthemen: die Aufführung ausgewählter Lieder aus der Winterreise und die relative Popularität einzelner Lieder. Wie denkt ein praktizierende Musiker darüber?

Obwohl sowohl Williams als auch Bostridge vielfach den gesamten Zyklus aufgeführt haben, drückten beide ihre Offenheit für andere Aufführungsmöglichkeiten und -formate aus. Tatsächlich hat Williams’ Begeisterung für andere Aufführungsmöglichkeiten während unseres Austauschs zugenommen, obwohl er die enorme Bedeutung des antizipierenden Zuhörens anerkannte, die heute generell die Rezeption von kanonischen Werken beeinflusst:

I think people would feel threatened sometimes by the removal of behaviours which they find comforting, which are reinforced through repetition. There is a comfort in knowing how something is going to go. It does take responsibility off you in terms of active listening.[46]

Die heutige Erwartung einer ›vollständigen‹ Winterreise ist so stark, dass Enttäuschungen dieser Erwartung möglicherweise nicht als ›interessant anders‹, sondern schlicht als ›falsch‹ empfunden werden können. Hierzu bemerkt Williams: »[I]t would take me personally a long time to get used to putting ›Rast‹ at number six… but that’s not to say that I couldn’t do it for whatever reason.«[47] Die Stimmungen der Lieder könnten analysiert werden, um eine Neuordnung oder einen Tausch plausibel zu machen, so Williams, zum Beispiel könnte ein ›aufregendes‹ oder ›ruhiges‹ Lied mit einem anderen vertauscht werden. In bestimmten Aufführungskontexten führte die Anordnung von Liedern unter dem Gesichtspunkt der Stimmung bzw. der ›Bewegungsenergie‹ zur Integration hierauf reagierender loser choreographischer Elemente:

I would come in and I would wander around […] in such songs that you would describe as walking songs, I would walk in very, very slow circles. Such songs you might describe as more sedentary; I might stop and sing them… I happened to notice there was a small area on the piano stool behind [pianist Chris Glynn’s] back that I could perch on. And I went and sat on it, back-to-back with him as he was playing the opening. And I could feel his back as he played, and he could feel me breathe… It was just one of those magical moments.[48]

Während ein musiktheoretischer Ansatz solche improvisierten Choreografien nicht notwendigerweise berücksichtigen muss, deuten Erfahrungsberichte wie dieser auf den Wert von liveness innerhalb des Aufführungsgeschehens hin. Die Winterreise ist lang – wird der Komposition nicht durch diejenigen Aufführungen am besten gedient, die ein Element der Spontaneität zulassen? Und sollte die Musiktheorie diese nicht berücksichtigen?

If [audiences] thought they were just going to come and sit through Winterreise for an hour and ten [minutes], or whatever it is, and then be excused at the end… we’re no good, are we? I thought… I wouldn’t let them off the hook. I wanted to keep the pressure on them.[49]

Williams ging in diesem Zusammenhang näher auf ein Fundraising-Konzert ein, das er für das Wohltätigkeitsprojekt Streetwise Opera vor einem Publikum von rund 30 Zuhörer*innen gab. Er erinnerte sich, dass er abwechselnd auf Deutsch und Englisch sprach und sang: »And then I did little groups [of songs], two or three here and there. And then they went for dinner and they came back again. And I sang a bit more and we had a very interesting chat.«[50]

Solche Erfahrungen erinnern zweifellos an die Salonlandschaft, mit der dieses Repertoire von Anbeginn verbunden war. Darüber hinaus war Williams erfrischend ehrlich in Bezug auf die Art des Zuhörens, das »focusing in and out« seiner Zuhörer: »I think there is a real illusion around concentrated listening. I’m not actually sure how capable people are [of it] or indeed how desirable it is.«[51]

Williams war jedoch auch der Ansicht, dass die Präsentation einer Auswahl von Liedern beim Publikum zu einer Hierarchie von »Gewinnern und Verlierern« führen würde, worauf unten näher eingegangen wird. Bostridge hat zum Beispiel oft die zwölf Lieder gesungen, die Schubert zuerst komponierte, wobei »Einsamkeit« den Schluss bildete. In der Tat erwägt Bostridge den Gedanken einer fragmentierten Winterreise fast auf humorvolle Art, ohne sich aber jemals dazu zu verpflichten. Er zitiert in diesem Zusammenhang unter anderem David Shields Reality Hunger: »Mich interessiert die Collage nicht als Refugium der kompositorisch Minderbemittelten. Sie interessiert mich ehrlich gesagt als evolutionäre Entwicklung über das Erzählen hinaus.«[52]

Die Winterreise ist ein langes Werk, das ohne Pause durchmusiziert wird. […] Es gibt verschiedene Möglichkeiten, während des Konzerts Unterbrechungen einzubauen. Die Lieder können zu Gruppen zusammengefasst werden. Der gleiche musikalische Stoff kann verschieden strukturiert zur Aufführung kommen.

Die meisten Liederabende sind aus kleineren musikalischen Einheiten aufgebaut […].[53]

Während Bostridge einerseits eine ununterbrochene Aufführung der Winterreise bevorzugt und mittlerweile sogar eine Wassertrinkpause vor »Die Post« ausschließt,[54] ist er sich dessen bewusst, dass vollständige Aufführungen des Zyklus erst »im fortschreitenden 19. Jahrhundert« einsetzten und es »in diesem Sinne keine ›authentische‹ Aufführungstradition« für dieses Werk gibt.[55]

Um auf das Thema ›Gewinner und Verlierer‹ zurückzukommen, wenden wir uns Williams’ Einschätzung der relativen Beliebtheit verschiedener Lieder des Zyklus zu. In meiner Studie zur Aufführungsgeschichte der Winterreise wurden Konzertprogramme von 1853 bis 1913 ausgewertet, wobei drei Wiener Konzertsäle (›Streicher-Saal‹, Ehrbar-Saal und Bösendorfer-Saal) berücksichtigt wurden. Diese Daten wurden mit Zeitungsberichten abgeglichen.[56] Das mit Abstand beliebteste Lied der Winterreise im betrachteten Zeitraum war »Der Wegweiser« (das Stein als Höhepunkt und Ziel des Zyklus empfindet),[57] gefolgt von »Erstarrung«, »Der Lindenbaum« und »Die Post«. Innerhalb der untersuchten Zeitspanne konnten keine Aufführungen von »Rast«, »Der greise Kopf« und »Der stürmische Morgen« identifiziert werden.

Obwohl die Auswahl von Lieblingsliedern für manche genauso inakzeptabel sein mag wie die Entscheidung für ein Lieblingskind, räumte Williams ein, dass ihm allein bei der Erwähnung der Winterreise sofort »drei oder vier« Lieder in den Sinn kämen. Dies wirft die unangenehme Frage auf: ›Ist der Rest der Lieder Dekoration?‹ Wie Bostridge räumt auch Williams ein, dass Abwechslung unerlässlich ist, nicht zuletzt um die trüberen Lieder zu rechtfertigen, deren Einbeziehung in die Gesamtstruktur Schubert beabsichtigte, so Williams. Für Bostridge ergeben »[e]inige Lieder aus Liederzyklen […] nur innerhalb der Gesamtstruktur, ihrer Rhythmen und emotionalen Schilderung einen Sinn«,[58] und er nennt als Beispiel »Der stürmische Morgen«. Historisch gesehen war »Gute Nacht« als ausgekoppeltes Lied unabhängig vom Zyklus nicht besonders beliebt, und Bostridge führt aus, dass er früher Scheu vor diesem Lied gehabt habe, weil es »länger als jedes andere Lied der Winterreise« sei, ein moderates Tempo habe, »repetitiv und vielleicht ein wenig gesichtslos« sei.[59] Während Bostridge argumentiert, dass man sich dieser ›Merkmallosigkeit‹ nicht widersetzen solle, scheint es musikalisch kaum empfehlenswert zu sein, mit einem solchen Lied einen langen Abend zu beginnen.

Nach unserem Gespräch führte Williams am 10. Oktober 2020 mit der Mezzosopranistin Kitty Whately das folgende Programm im Konzertsaal von Snape Maltings auf:

Auswahl aus der Winterreise mit Einfügungen

  • »Gute Nacht«

  • Erich Wolfgang Korngold, »Blow, blow thou winter wind«, 4 Lieder nach Shakespeare op. 31/3

  • »Die Wetterfahne«

  • »Gefror’ne Tränen«

  • »Der Lindenbaum«

  • Gustav Mahler, »Ich atmet’ einen linden Duft«, Rückert-Lieder, Nr. 2

  • »Auf dem Flusse«

  • »Rückblick«

  • Robert Schumann, »Schöne Wiege meiner Leiden« (Heine) op. 24/5

  • »Die Post«

  • »Der greise Kopf«

  • »Die Krähe«

  • Robert Schumann, »Muttertraum« (Andersen) op. 40/2

  • »Der stürmische Morgen«

  • »Täuschung«

  • Clara Schumann, »Die Lorelei« (Heine)

  • »Der Wegweiser«

  • »Das Wirtshaus«

  • Ivor Gurney, »Sleep« (Fletcher), Five Elizabethan Songs, Nr. 4

  • »Der Leiermann«

Dieses Programm enthält nicht nur eine zusätzliche Interpretin und verwirft damit die etablierte Idee eines individuellen lyrischen Ichs in der Winterreise, sondern umfasst auch ein anderes Repertoire, einschließlich eines Liedes von Clara Schumann (Musik von Komponistinnen ist nach wie vor auf schmerzvolle Weise im Kernrepertoire unterrepräsentiert) und zweier Lieder auf Englisch. Die Unvorhersehbarkeit des Ablaufs fördert das aktive, engagierte Zuhören. Williams erklärte später zusammenfassend, dass das Konzert »worked an absolute treat, not least because of some wonderfully serendipitous key relationships which we hadn’t discussed but which seemed totally natural in the show«[60] – eine Aussage, die darauf hindeutet, dass mehr darüber in Erfahrung gebracht werden sollte, auf welch flüchtige Weise Tonartenbeziehungen plausibel erscheinen können.

Man könnte noch einen Schritt weitergehen und die musiktheoretischen Implikationen des folgenden sorgfältig konzipierten Programms erwägen, das Williams präsentiert hat (nur die ersten zwölf Stücke dieses langen Programms sind hier aufgeführt, sie sind jedoch repräsentativ für den allgemeinen Ansatz):

An English Winterreise

  1. »Gute Nacht« – Good Night

  2. Ralph Vaughan Williams, »The Vagabond«(Stevenson), Songs of Travel, Nr. 1

  3. Michael Head, »Tewkesbury Road« (Masefield)

  4. »Die Wetterfahne« – The Weather-Vane

  5. Frank Bridge / Roger Quilter, »Blow, blow, thou winter wind« (Shakespeare)

  6. Ian Venables, »The Wind« (Gurney) op. 39/3

  7. »Gefror’ne Tränen« – Frozen Tears

  8. Roger Quilter, »Weep you no more, sad fountain« (anon.) op. 12/1

  9. »Erstarrung« – Numbness

  10. Gerald Finzi, »At Middle-field Gate in February« (Hardy) op. 19b/2

  11. »Der Lindenbaum« – The Linden Tree

  12. Ralph Vaughan Williams, »Linden Lea« (Barnes)

Dieses Programm fördert neue Affinitäten zutage, nicht zuletzt durch den alternierenden Gebrauch von Liedern in deutscher und englischer Sprache, was an die reiche Tradition englischer Komponisten erinnert, die in Deutschland studierten, sowie an das gemeinsame literarische Erbe beider Länder. Welcher Ansatz könnte den musiktheoretischen Implikationen dieses Programms gerecht werden?

Ausblick: Sind wir »cheap Elvises«?

In diesem Aufsatz wurden keine detaillierten Strategien für neue Aufführungskonzepte bezüglich der Winterreise vorgeschlagen. Denkbar wären Aufführungen der Winterreise in Gruppen von Liedern in verschiedenen Tonarten und Sprachen, mit ausgelassenen Strophen, mit einer zusätzlichen Deklamation von Texten oder Verbindungsimprovisationen, mit Tanzelementen aufgeführt, mit visuellen Elementen und vielem mehr. Dabei habe ich mich für die Akzeptanz einer gleichsam ›explodierenden‹ Auffassung dieses Werks ausgesprochen, da andernfalls Realisierungen der Winterreise als Aufführung kaum von Tonaufnahmen oder Partitur zu unterscheiden wären und die Ausführenden auf das reduziert würden, was Williams als »cheap Elvises« oder »cover bands« bezeichnete.[61] Sowohl künstlerische Praxis als auch Theorie müssen mehr als nur geringfügige Abweichungen von bestehenden Modellen zulassen, wenn kanonische Werke wie die Winterreise weiterhin gedeihen und lebendig erhalten werden sollen; dies schließt die psychologische Herausforderung ein, die Verantwortung für ein kanonisches Werk in der Aufführung zu übernehmen.

Verbunden damit ist die Aufgabe, die strukturelle Vielfalt solcher Aufführungsformate auch in musiktheoretischen Auseinandersetzungen zu erfassen. Die Anerkennung der historischen Realität mehrteiliger Sammlungen wie der Winterreise würde das Konzept einer Theorie begünstigen, die ebenso flexibel und temporär ist wie die Aufführung selbst; die Kreativität fördert, anstatt sie einzuschränken; die nicht versucht, eine Antwort auf mutmaßliche und unergründbare Absichten des Komponisten zu geben, und nicht einmal auf Erwartungen zu reagieren, die historische Praktiken aus Schuberts Zeit vorgeben, sondern den performativen Bedürfnissen heutiger Aufführungskontexte gerecht wird. Bostridge spricht sich überzeugend für die Mission von Musiker*innen aus, ein kontinuierliches ›Fremdmachen‹ der Winterreise anzustreben.[62] Je festgefahrener die Aufführungskonventionen und -gebräuche und die musiktheoretischen Traditionen sind, desto weniger ›Fremdheit‹ kann eine Aufführung riskieren. Williams drückte in unserem Gespräch immer stärker die Überzeugung aus, dass Künstler*innen letztlich die Verantwortung für die Aufführungen tragen müssten:

It [is] up to you to make something that makes sense, and to communicate its sense […] on the stage; it is up to the audience to go with you on this journey and not mind if you say, actually, you know what, we’re only going to do sixteen songs… It’s still going to be fine. You know, no one’s life is going to end and it’ll still be a good story.[63]

Das Experimentieren mit neuen praktischen und theoretischen Ansätzen würde dazu beitragen, Beziehungen zwischen Musiktheoretiker*innen und Interpret*innen aufzubauen, die für beide Seiten vorteilhaft wären. Die Erkenntnisse historischer Forschung müssten dabei nicht unter den Teppich gekehrt werden, sondern könnten als ein Zeichen künstlerischer Kompetenz respektvoll anerkannt werden. Williams stellte sich ein ›sachkundiges‹ Publikum vor, das entgegnen könnte: »This is a great cycle. Why do you have to do this?«[64] Wir müssen die Winterreise nicht revolutionieren, aber es gibt auch keinen Grund, sie für immer unverändert zu konservieren, und es gibt starke Gründe, die musiktheoretischen Grundlagen der heutigen Aufführungspraxis zu überdenken.

Der Schlüssel zu einer Öffnung der Winterreise ist Kommunikation. Ebenso wie Wissenschaftler*innen ihre theoretischen Fundamente und Methoden darlegen, erläutert Williams dem Publikum seine Absichten immer vor Beginn der Aufführung. Zum Beispiel erfordert das Singen der Lieder in englischer Sprache den Hinweis, dass sein englischsprachiges Publikum die Lieder tatsächlich verstehen wird. Ebenso bereitet er das Publikum auf visuelle Elemente vor, die er etwa in Form von semi-choreografischen Elementen ergänzt, ohne dabei das Publikum zu überfordern. Mit anderen Worten, er konfiguriert seine ästhetischen Parameter, was die Angst vor dem Unbekannten durch eine Antizipation des Neuen ersetzt. Williams’ Konzept der Live-Aufführung ist nicht reproduktiv, sondern responsiv: »I can see in people’s eyes when they stop listening«,[65] sagt er und betrachtet dies als den traurigsten Moment in einem Konzert. Kann die Theorie diese Art der Kommunikation berücksichtigen? Sofern Musik nicht in vorhersehbarer Weise gespielt wird, d. h. als Abbild einer Tonaufnahme, kann eine verbale Erklärung erforderlich sein, »to offset those people who had thought they were coming just to sit passively«,[66] wie Williams es ausdrückt. Mein Ziel ist es nicht, mich für eine historisch informierte Aufführungspraxis im hergebrachten Sinn einzusetzen. Ich schließe mich vielmehr Williams an, der argumentiert: »There [are a] lot of things we can learn about historical performance […] but I’m living today and I’ve got to present it to my audience today in my way.«[67]

Richard Taruskin stach seit den 1980er Jahren am festesten in den Ballon der historischen Aufführungspraxis und enthüllte hinter dieser ein System, das sich illusorischer Rechtfertigungen bediente, um heutige ästhetische Entscheidungen zu legitimieren.[68] Es lohnt sich jedoch zweifellos, Erkenntnisse über historische Aufführungsformen zu nutzen, um neue Ansätze in der Gegenwart zu entwickeln und Begeisterung zu entfachen. Letztendlich sollte die leidenschaftliche Fürsprache für das Repertoire, das wir lieben, nicht zu einer Fessel werden, die der Musik allmählich die Luft abschnürt und sie damit zum Schweigen bringt.

Aus dem Englischen von Katharina Uhde

Anmerkungen

1

Prégardien/Gees 2015.

2

Bostridge 2015, 145 f.

3

Schmalfeldt 2011, 21.

4

Vgl. Klorman 2018, [1.6.].

5

Vgl. Loges 2021.

6

Deutsch 1983, 161.

7

Wie Beatrix Borchard (2020, 145–147) aufzeigt, waren Konzertsäle im Allgemeinen recht geschlechtsneutrale Räume.

8

Ein Leitfadeninterview fand im Herbst 2020 über Zoom statt; es wurde anschließend vollständig transkribiert und analysiert, und der weitere Austausch erfolgte per E-Mail. Die Freigabe zur Veröffentlichung wurde von der Ethikkommission des Royal College of Music erteilt. Zitate aus Interview und E-Mail-Kommunikation werden im Folgenden mit ›Williams 2020‹ nachgewiesen.

9

Neue Freie Presse, Nr. 6560, 29. November 1882, 6.

10

Neue Freie Presse, Nr. 6622, 4. Februar 1883, 7.

11

»I was aware that these were kind of sacred cows that I was going to poke and prod. I wanted to know why people revere Winterreise […] in this glorified way. I wanted to puncture it, actually in order that I could find my way in.« (Williams 2020, vgl. Anm. 8)

12

Vgl. Roderick Williams und Christopher Glynn, Winter Journey, Signum Classics SIGCD 531, erschienen am 4. Mai 2018.

13

»[…] examining why we […] perform in certain ways« (Williams 2020, vgl. Anm. 8).

14

»every permission« (ebd.).

15

Jost 2016, II.4b.

16

Dürr 2004, 136–139.

17

Hausmann 1998, 15.

18

Ebd.

19

Ebd.

20

Kramer 1994, 3.

21

Ebd.

22

Dürr 2004, 133.

23

Kramer 1994, 151.

24

Vgl. z. B. Dürr 1984, 269–278, Feil 1996, 101, Kramer 1994, 151–187 und Fisk 2001, 6.

25

Suurpää 2014, 7.

26

Fisk 2001, 3 f.

27

Ebd.

28

Youens 1991.

29

Ebd., 83–92.

30

Dürr/Kube 2016, Kap. »Würdigung«, I.5. Vgl. auch Dürr 2004.

31

Fisk 2001, 12.

32

Bonds 1991, 5, zit. in Schmalfeldt 2011, 5 f.

33

»[…] ›form in dialogue with historically conditioned compositional options‹ […], ›common options or generic defaults‹ to which nineteenth-century composers reacted« (Schmalfeldt 2011, 16 mit Zitaten aus Hepokoski 2009, 70 f. und Hepokoski/Darcy 2006, 8).

34

»Zyklus (von griech. κυκλός, Kreis) heißt im allgemeinsten Sinne eine Gruppe von in sich geschlossenen Gebilden (Werken oder Sätzen), die formal und / oder inhaltlich so aufeinander bezogen sind, daß sich eine übergeordnete Einheit ergibt und daß Form und Inhalt des einzelnen Teils und Form und Inhalt des Zyklus einander wechselseitig erhellen (den Begriff der zyklischen Form, verstanden als geistige Einheit einer mehrsätzigen Komposition, haben offenbar Karl Reinhard Köstlin 1857 und Arrey von Dommer 1865 in die Musikästhetik eingeführt) […]. In Vokalwerken kommt die Frage hinzu, ob die komponierten Texte einen Zyklus bilden (Wilh. Müllers Die schöne Müllerin oder Winterreise) und ob der Komponist diese poetische zyklische Form durch eine musikalische verstärkt oder überlagert hat.« (Finscher 2016, Kap. I)

35

Stein 2016, 356.

36

Vgl. Weber 2008, 40–81 für eine Darstellung gängiger Muster in gemischten Konzertprogrammen des frühen 19. Jahrhunderts.

37

Vgl. etwa Brown 2008, Milsom 2011 und Peres da Costa 2012. Vgl. auch das Projekt Transforming 19th-Century HIP, Oxford University, https://www.music.ox.ac.uk/research/projects/c19hip.

38

Vgl. Günther 2016 und Prégardien/Gees 2015.

39

Vgl. Whitney 2015.

40

Rink 2015, 129.

41

Ebd., 130.

42

Elias 2005, 20.

43

Benjamin 1991, 271.

44

Ebd., 279.

45

Vgl. Goertzen 2011.

46

Williams 2020 (vgl. Anm. 8).

47

Ebd.

48

Ebd.

49

Ebd.

50

Ebd.

51

Ebd.

52

Shields 2011, 121, zit. in Bostridge 2015, 39.

53

Bostridge 2015, 250.

54

Ebd., 253 f.

55

Ebd., 253.

56

Vgl. Loges 2021.

57

Vgl. Stein 2016, 355.

58

Bostridge 2015, 312.

59

Ebd., 24.

60

Williams 2020 (vgl. Anm. 8).

61

Ebd.

62

Vgl. Bostridge 2015, 40–49.

63

Williams 2020 (vgl. Anm. 8).

64

Ebd.

65

Ebd.

66

Ebd.

67

Ebd.

68

Vgl. Taruskin 1995.

Literatur

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