Storino, Mariateresa (2022), »Musikalischer Stil in Musikwissenschaft und kognitiver Psychologie« [Musical style in musicology and cognitive psychology], in: Musiktheorie – »Begriff und Praxis«. 2. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Musiktheorie München 2002 (GMTH Proceedings 2002), hg. von Stefan Rohringer, 451‒463. https://doi.org/10.31751/p.239
eingereicht / submitted: 15/01/2018
angenommen / accepted: 15/04/2018
veröffentlicht (Onlineausgabe) / first published (online edition): 01/12/2022
zuletzt geändert / last updated: 03/12/2022

Musikalischer Stil in Musikwissenschaft und kognitiver Psychologie

Mariateresa Storino

Die Erforschung des musikalischen Stils hat viele Facetten, darunter die komplexen kognitiven Strategien, die beim Verstehen musikalischer Informationen zum Tragen kommen, die Konstruktion experimenteller Verfahren, mit denen Musik als ästhetisches Phänomen untersucht werden kann, und die Definition des Begriffs ›Stil‹ selbst. In ihrem Beitrag Le regole della musica (1999) analysierten Mario Baroni, Rossana Dalmonte und Carlo Jacoboni einen Korpus von Arien des Barockkomponisten Giovanni Legrenzi und konstruierten mit Hilfe einer generativen Grammatik ein Regelsystem, das in eine Software namens Legre implementiert wurde, die vermeintlich Arien im Stil von Legrenzi ›komponiert‹. Ziel der vorliegenden Studie ist es, die stilistische Validität von Legre mit Hilfe von Methoden aus der kognitiven Psychologie zu überprüfen. Es wurden Experimente mit Musikern und Nicht-Musikern durchgeführt, um festzustellen, ob Legre eine gültige Grammatik von Legrenzi herzustellen in der Lage ist, d.h., ob eine generative Grammatik den Stil eines Komponisten beschreiben und wiedergeben kann. Die Ergebnisse zahlreicher Experimente zeigen einen Unterschied in der Unterscheidungsfähigkeit zwischen Musikern und Nicht-Musikern; die Leistung einer Person im Unterscheidungsprozess hängt nicht nur von der Einarbeitungsphase in die Aufgabe ab, sondern auch vom Vorwissen der Person. Das Zusammenspiel zwischen diesen Daten und theoretischen Überlegungen trägt dazu bei, die Natur des Stils zu erklären.

The investigation of musical style involves many facets, among them the complex cognitive strategies involved in the understanding of musical information, the construction of experimental procedures able to study music as an aesthetic phenomenon, and even the definition of the term “style” at all. In the work Le regole della musica (1999), Mario Baroni, Rossana Dalmonte, and Carlo Jacoboni analysed a corpus of arias by the baroque composer Giovanni Legrenzi, and by means of a generative grammar they constructed a system of rules that was implemented in a software named Legre, which supposedly “composes” arias in Legrenzi’s style. The aim of the present study is to verify the stylistic validity of Legre’s output by using methods adopted in cognitive psychology. Experiments with musicians and non-musicians were designed in order to assess whether Legre is a valid grammar of Legrenzi—that is, whether a generative grammar is able to describe and recreate the style of a composer. The results of numerous experiments reveal a difference in discrimination ability between musicians and non-musicians; a person’s performance in the process of discrimination depends not only on the training phase of the task, but also on one’s prior knowledge. The interaction between these data and theoretical reflection contributes to the explication of the nature of style.

Schlagworte/Keywords: Baroni; cognitive psychology; Dalmonte; discrimination ability; generative grammar; generative Grammatik; Jacoboni; kognitive Psychologie; Legre; Legrenzi; musical style; musicology; musikalischer Stil; Musikwissenschaft; Unterscheidungsfähigkeit

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