Thalmann, Katharina (2014), »Luzern: Bericht über die Vortragsreihe Music Talks im Studienjahr 2013/14«, Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie 11/1, 141–142. https://doi.org/10.31751/785
veröffentlicht (Onlineausgabe) / first published (online edition): 24/07/2015
zuletzt geändert / last updated: 19/02/2016

Luzern: Bericht über die Vortragsreihe Music Talks im Studienjahr 2013/14

Katharina Thalmann

An der Hochschule Luzern – Musik wurde im Studienjahr 2013/14 die bereits etablierte Veranstaltungsreihe MusicTalks um den Bereich »Musik – Theorie – Geschichte« ergänzt, welchen der seit 2012 an der Hochschule Lehrende Tihomir Popovic, Forschungskoordinator des Instituts für Neue Musik, Komposition und Theorie, ins Leben gerufen hat. Über Musik nachzudenken, zu sprechen und Musik zu hören, ist Zweck und Inhalt der Reihe – die nicht nur dem hochschulinternen Publikum vorbehalten ist, sondern auch für interessierte Gäste offen steht. Als Referenten kamen Musiker, Musikwissenschaftler, Komponisten und Musikexperten nach Luzern. Ebenso vielfältig wie die Referenten und die Zuhörerschaft waren auch die Inhalte der MusicTalks.

Den Auftakt gab im Frühlingssemester 2013 Laurenz Lütteken, Professor für Musikwissenschaft an der Universität Zürich, mit einem Bericht über Aspekte der Entstehung des von ihm herausgegebenen Wagner-Handbuchs.[1]

Die Reihe »Musik – Theorie – Geschichte« begann offiziell im Herbstsemester 2013/14 mit einem Vortrag von Christoph Wolff, emeritierter Professor für Musikwissenschaft an der Harvard University und Direktor des Bach-Archivs in Leipzig. Wolff gab eine Einführung in seine Bachforschung. Dabei beleuchtete er insbesondere seine Arbeiten über die musikhistorischen und sozialen Zusammenhänge zu J.S. Bachs Lebzeiten. Seine Untersuchungen ergaben ein dichtes Netz aus Namen, Orten und Berufen das laut Wolff selbst wiederum zu wichtigen Fragen für die heutige Zeit führte, beispielsweise hinsichtlich des jeweils angemessenen Umgangs mit Quellenmaterial verschiedenen Ursprungs.

Der an der Folkwang Universität der Künste lehrende Musiktheoretiker Immanuel Ott sprach über Verfahren der Kanonkomposition um 1500. Anhand mehrerer Beispiele von Josquin des Prez und Antonine Brumel präsentierte er die Ergebnisse seiner inzwischen erschienen Dissertation.[2]

Den dritten Vortrag in der Reihe hielt der neu berufene Theorie-Professor der Rostocker Musikhochschule, Jan Philipp Sprick. Er thematisierte die Ambivalenz als Kategorie des Musikalischen und exemplifizierte diesen Aspekt an Werken J.S. Bachs und W.A. Mozarts.

Im Frühlingssemester gab der Musikethnologe Raimund Vogels Einblicke in das musikalische Schaffen bei Musikern in Nordnigeria; er ist Professor für Musikethnologie an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. In seinem Vortrag zum Thema »Musik ohne Theorie?« erläuterte er die außergewöhnliche Funktion der Musik in Nordnigeria – Musiker sind dort etwa auch Apotheker, stellen mit ihrer Kunst medizinische Diagnosen und haben ein Repertoire an heilenden ›Stücken‹. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang, dass Vogels seine Forschungen vor zwölf Jahren wegen des Bürgerkriegs auf unbestimmte Zeit unterbrechen musste.

Des weiteren war in der Vortragsreihe Hermann Danuser mit einem Referat über Mahlers 7. Sinfonie und deren Bezug zur ›Metamusik‹ zu erleben: Anhand von einigen beispielhaften Stellen aus allen Sätzen der Sinfonie zeigte Danuser den Gehalt von ›Musik über Musik‹ in Mahlers Werk und verortete die Komposition innerhalb der Musikgeschichte als Wegweiser hin zur Musik der Moderne. Mit dem Thema ›Metamusik‹ beschäftigt sich Danuser in einem aktuellen Forschungsprojekt; diesem war auch sein Abschiedsvortrag an der Humboldt-Universität zu Berlin am Ende des Sommersemesters 2014 gewidmet.

Zum Semesterabschluss berichtete Tihomir Popovic, der die vorangegangenen Veranstaltungen moderiert hatte, aus seinem Buch über englische Tastenmusik im späten 16. Jahrhundert.[3] Anhand William Byrds My Ladye Nevells Booke verknüpfte er sowohl musiktheoretische als auch musikhistorische, soziale, kulturelle und politische Aspekte zu einem Portrait der damaligen Zeit in England. Diese Veranstaltung wurde von Michael Zink moderiert, der seit Herbst 2012 ebenfalls in Luzern unterrichtet.

Neben diesen eher der ›klassischen‹ Musik gewidmeten Referaten der Reihe »Musik – Theorie – Geschichte« fanden im Rahmen der ›MusicTalks‹ auch Vorträge zu den Bereichen der anderen Instituten der Hochschule Luzern – Musik statt: Beispielsweise gab der Pianist Jan Michiels zum Thema Neue Musik ein Gesprächskonzert mit Stücken von Heinz Holliger. Zu Gast war außerdem der Trompeter Markus Stockhausen; Hans Zender sprach über seinen Werdegang als Komponist, und ein weiterer MusicTalk widmete sich dem Jazzfestival Willisau.

Die MusicTalks machen deutlich: Musik spricht – und über Musik zu sprechen, erweitert sowohl den wissenschaftlichen als auch den Hör-Horizont. Trotz der inhaltlichen Vielfalt – von Volksmusik und klassischer Musik hin zu Jazz und Neuer Musik – unterlag das Format nicht der Gefahr, diffus zu erscheinen. Das interdisziplinäre Moment der MusicTalks könnte in Zukunft noch mehr unterstrichen werden, um auch fächerübergreifend Studierende zur aktiven Beteiligung zu animieren.

Für das kommende Studienjahr sind weitere MusicTalks geplant; das Profil der inhaltlichen Diversität bleibt erhalten, und man darf hoffen, dass sich die Reihe weiter etabliert und auch in Zukunft ein heterogenes Publikum anspricht. Denn: Music talks, Musik spricht – und zuhören lohnt sich!

Anmerkungen

1

Lütteken 2012.

2

Ott 2014.

3

Popovic 2013.

Literatur

Lütteken, Laurenz (Hg.) (2012), Wagner-Handbuch, unter Mitarbeit von Inga Mai Groote und Michael Meyer, Kassel u.a.: Bärenreiter.

Ott, Immanuel (2014), Methoden der Kanonkomposition bei Josquin des Prez und seinen Zeitgenossen, Hildesheim u.a.: Olms.

Popovic, Tihomir (2013), Mäzene – Manuskripte – Modi. Untersuchungen zu ›My Ladye Nevells Booke‹, Stuttgart: Steiner.

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